Beschuldigtenvernehmung - Rechte des Beschuldigten
- 4 Minuten Lesezeit
Die Strafprozessordnung (StPO) sichert Beschuldigten wesentliche Rechte zu Beginn einer Vernehmung, darunter die Mitteilung der vorgeworfenen Tat und das Recht auf Aussageverweigerung oder Beratung durch einen Anwalt. Beschuldigte müssen lediglich ihre Personalien preisgeben und können schweigen, ohne dass dies negativ interpretiert wird. Sollten sie allerdings mal Fragen beantworten, mal schweigen, sind auch nachteilige Schlussfolgerungen zulässig. Absolutes Schweigen, auch auf harmlos erscheinende Fragen, ist dringend zu empfehlen, da jede Antwort bereits als Aussage gewertet werden kann. Fragen nach PINs oder Zugangsdaten für Handys müssen nicht beantwortet werden. Allerdings können Ermittlungsbehörden versuchen, Zugang über biometrische Daten zu erlangen. Anwaltliche Unterstützung ist unentbehrlich, um auf Basis eingehender Aktenkenntnis über die Sinnhaftigkeit einer Aussage zu entscheiden. Die "Kronzeugenregelung" bietet Möglichkeiten für Strafmilderung bei Aufklärung über die Tatbeteiligung anderer, birgt aber Risiken der Selbstbelastung und sollte nur mit rechtlicher Beratung genutzt werden. Eine Vorladung durch die Polizei verpflichtet nicht zum Erscheinen, anders bei Vorladungen durch Richter oder Staatsanwaltschaft. Einmal gemachte Aussagen sind bindend und können nicht widerrufen werden, wobei Änderungen die Glaubwürdigkeit beeinflussen können. Daher sollte über eine Aussage erst nach Aktenkenntnis und anwaltlicher Beratung entschieden werden.
Rechtsanwältin Wüllrich bietet als langjährig erfahrene Strafverteidigerin professionelle und effektive Hilfe. Gern kann auch ein kurzfristiger Erstberatungstermin wahrgenommen werden.
1) Gesetzeslage
Einem Beschuldigten ist bei Beginn seiner Vernehmung mitzuteilen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Zugleich ist er darüber zu belehren, dass es ihm freisteht, auszusagen oder nichts zu sagen und dass er sich jederzeit mit einem Anwalt beraten kann, auch bereits vor der 1. Vernehmung.
So bestimmt es § 136 Strafprozessordnung (= StPO).
2) Aussageverweigerungsrecht = Schweigerecht
Die Formulierung, einem Beschuldigten steht es frei, zur Sache auszusagen, bedeutet, dass er das Recht hat, keine Aussage zu machen. Er hat ein sog. Aussageverweigerungsrecht. Er darf schweigen.
Lediglich seine Personalien - wie sie im Personalausweis vermerkt sind - hat er anzugeben.
Das Schweigerecht bedeutet, dass niemand sich selbst zum Beweismittel gegen sich selbst zu machen braucht.
So lange ein Beschuldigter schweigt, kann dieses Schweigen nicht gegen ihn verwendet werden.
Wenn eine Person aber teilweise ausssagt, teilweise Fragen nicht beantwortet, ist es zulässig, dass aus diesem sog. "Teilschweigen" negative Schlüsse zu Lasten der beschuldigten Person gezogen werden.
3) "Wie geht Schweigen"?
Schweigen bedeutet tatsächlich absolut nichts sagen - weder auf Fragen, die einem Beschuldigten sinnvoll erscheinen noch auf solche, welche er nicht einordnen kann, welche er für "harmlos" hält. Ein Polizist stellt Fragen nicht aus privatem Interesse, sondern immer, weil er die Vorstellung hat, dass sie für seinen Fall von Bedeutung sein könnten.
Auch die Beantwortung scheinbar nebensächlicher Fragen "nur" mit ja oder nein kann bereits eine Aussage darstellen.
4) Fragen der Polizei zu PIN / Zugangsdaten für das Handy - wie reagieren?
Auch Fragen der Polizei zur PIN / zu den Zugangsdaten seines Handys braucht ein Beschuldigter nicht zu beantworten. Er hat auch hierzu das Schweigerecht. Niemand kann gezwungen werden, diese Daten bekanntzugeben.
Aber: es gibt nun gerichtliche Entscheidungen, wonach die Polizei berechtigt ist, Finger des Beschuldigten zwangsweise zum Handy zu führen, um zu sehen, ob dieses mit Fingerabdruck zu öffnen ist.
5) anwaltlicher Beistand
Eine Vernehmung als Beschuldigter sollte auf keinen Fall ohne anwaltlichen Beistand erfolgen. Um überhaupt entscheiden zu können, ob eine Aussage sinnvoll ist, sollte man auf "Augenhöhe" mit den Ermittlungsbehörden sein. Dafür ist zunächst Einsicht in die Akte erforderlich, welche die Strafverteidigerin einholen wird mit anschließender qualifzierter Beratung. Sodann kann entschieden werden, ob weiterhin geschwiegen wird oder eine Aussage oder eine anwaltliche Stellungnahme erfolgt.
6) Kronzeugenregelung
In allgemeinen Strafverfahren wie auch in Strafverfahren wg. Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz gilt die Besonderheit der sog. "Kronzeugenregelung".
Gem. § 46 b Strafgesetzbuch (StGB), § 31 Betäubungsmittelgesetz (BtmG) kann eine Strafe gemildert oder sogar ganz von Strafe abgesehen werden, wenn ein Täter die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufklärt. Das bedeutet: er benennt andere Personen, welche an der Tat beteiligt waren, welche "Drogenstraftaten" begangen haben.
Auch die Wahrnehmung dieser "Kronzeugenregelung" sollte erst mit einer Fachanwältin für Strafrecht besprochen werden. Denn immer wieder kommt es vor, dass Beschuldigte umfassende Angaben zu anderen Personen machen, sich zugleich aber selbst damit weit über das hinaus belasten, was ihnen bis zum Zeitpunkt der Vernehmung hätte nachgewiesen werden können. Im Ergebnis hilft ihnen sodann die "Kronzeugenregelung" nicht, es kann sogar trotz Aussage zu einer höheren Strafe kommen als wenn geschwiegen worden wäre.
7) Vorladung zur Vernehmung- Erscheinungspflicht?
Eine Pflicht, zu einer polizeilichen Vernehmung zu erscheinen, besteht nicht - auch nicht, wenn eine schriftliche Vorladung erfolgt ist.
Etwas Anderes gilt, wenn eine Vorladung zu einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung ergeht. In dem Fall muss ein Beschuldigter zur Vernehmung erscheinen, auch wenn er bereits angekündigt hat, dass er keine Aussage machen wird.
Es kann sich also die Situation ergeben, dass die beschuldigte Person erscheint, noch einmal erklärt, dass sie nichts sagt und sodann wieder gehen kann. Denn das Aussageverweigerungsrecht gilt selbstverständlich auch bei einer staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Vernehmung.
8) "Widerruf" einer Aussage
Wenn eine Aussage nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Rechte gemacht wurde, ist ein Beschuldigter an sie gebunden. Einen "Widerruf" sieht das Gesetz nicht vor. Zwar kann eine beschuldigte Person die Aussage später ändern, oder auch erklären, dass er sie widerrufe oder auch gar nichts mehr sage.
Der Polizeibeamte aber, welcher den Beschuldigten vernommen hat, kann über diese Aussage vernommen werden. Er steht dem Gericht als Zeuge für die erfolgte Aussage und deren Inhalt zur Verfügung.
Außerdem sollte bedacht werden, dass spätere Änderungen in der Aussage Zweifel an der eigenen Glaubwürdigkeit begründen können.
9) Fazit
Die Frage, ob eine Aussage gemacht werden soll oder nicht, kann ohne Aktenkenntnis und anwaltliche Beratung nicht entschieden werden. Das Risiko, die Weichen zu Beginn eines Verfahrens mit einer Aussage falsch zu stellen, ist übergroß.
Rechtsanwältin Wüllrich ist Fachanwältin für Strafrecht und eine erfolgreiche Strafverteidigerin mit jahrzehntelanger Erfahrung. Gern steht sie Ihnen mit professioneller und wirksamer Hilfe zur Seite. Termine werden schnell vergeben - gern auch erst einmal für eine Erstberatung.
Artikel teilen: