Besitz ist nicht gleich Besitz - Strafverfahren wegen Kinderpornographie - Hilfe vom Fachanwalt

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Hatten Sie eine Durchsuchung und wurden Rahmen dessen Datenträger mit angeblich kinderpornografischen Inhalten beschlagnahmt ? Dann kommt es nun darauf an, ob Sie tatsächlich den behaupteten Besitz an den strafbaren Inhalten hatten oder nicht. 

Der folgende Beitrag von Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Ahaus, Borken, Gescher) wird Sie über den Vorwurf juristisch allgemein informieren und Ihnen helfen, Ihr weiteres Vorgehen zu planen.


Besitz kinderpornografischer Inhalte § 184b Abs. 3 StGB 

Der Besitz kinderpornografischer Inhalte gem. § 184b Abs. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis fünf Jahre bestraft. Besitz bedeutet, dass man tatsächlich über die Inhalte verfügen können muss. Die Inhalte müssen sich im Herrschaftsbereich der Person befinden. Bei elektronischen Dateien liegt dies bei Speicherung auf einem permanenten Medium wie einem USB-Stick, dem Handy oder der Festplatte eines Computers vor. Wenn sich dieses Medium bspw. in ihrer Wohnung befindet, wird zumeist Besitz anzunehmen sein.

Der Besitz stellt ein Dauerdelikt dar welches endet, wenn der rechtswidrige Zustand, Besitz des kinderpornografischen Inhalts, beseitigt wird. Durch eine Beschlagnahme im Rahmen einer Durchsuchung wird der Besitz beendet, denn die Herrschaftsgewalt über den Inhalt endet. 

Zur Begründung der Strafbarkeit muss Besitz an einem kinderpornografischen Inhalt vorliegen. Somit ist zunächst festzustellen was überhaupt als kinderpornografischer Inhalt zu werten ist. Als Kind gelten Personen unter 14 Jahren. Der Begriff des Inhalts beschreibt Fotos, Videos oder ähnliches.

Ein kinderpornografischer Inhalt liegt vor, wenn:

  • sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind getätigt werden oder
  • ein ganz oder teilweise unbekleidete Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung wiedergegeben wird oder
  • in sexuell aufreizenden Weise die unbekleideten Genitalien oder das unbekleidete Gesäßes eines Kindes gezeigt werden.

Damit diese Inhalte als pornografisch gewertet werden können, muss die Darstellung auf die Erregung sexueller Reize abzielen. Das Gericht muss feststellen, ob ein solcher kinderpornografischer Inhalt, der aus Erregung sexueller Reize abzielt, vorliegt. Ein im Sexualstrafrecht erfahrener Strafverteidiger wird für Sie prüfen, ob ein solcher Inhalt vorliegt und ob Sie tatsächlich Besitz daran hatten. 

Eine solche inhaltliche Prüfung, ob überhaupt strafbare Bilder / Videos vorliegen, darf sogar ein Anwalt in Strafsachen allein in den Räumlichkeiten der der Justiz vornehmen. Sie als Beschuldigter erhalten keinesfalls Zugang zu diesem Material - und könnten sich daher alleine niemals effektiv verteidigen.  


Besitzwillen

Subjektiv ist zusätzlich zu dem Auffinden der Daten auf einem Trägermedium erforderlich, dass Sie zumindest ein Besitz- oder Herrschaftswillen hinsichtlich des Inhalts hatten. Dabei muss man eine Besitzabsicht oder zumindest Wissen um den Besitz haben. Ein Fortbestehen der Dateien an Speicherorten, die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne Weiteres zugänglich sind, begründen keinen Besitz. Erforderlich ist die konkrete Einwirkungsmöglichkeit auf den Inhalt. Bei versteckten Dateistrukturen oder Ordner kann dies nicht angenommen werden. Achtung: Was jedoch eine versteckte  Datei ist und wie eine gute technische Kenntnis sich diesbezüglich zu Ihren Lasten auswirken kann, ist höchst streitig. Ein erfahrener Strafverteidiger kennt die Rechtsprechung und weiß, worüber Sie am besten schweigen.       

Wird nun ein Datenträger mit kinderpornografischen Inhalten im Rahmen einer Durchsuchung sichergestellt, dann muss der Angeklagte also Besitzwillen hinsichtlich des Datenträger gehabt haben. Dies kann in bestimmten Fällen ausgeschlossen sein. Am Besitzwillen kann es bei automatisch gespeicherten Abbildungen fehlen. Sind Bilder nur kurzzeitig und in geringer Anzahl vorhanden, kann der Besitzwille ausgeschlossen sein. 

Problematisch kann der Besitzwillen auch bei einem von mehreren Personen gemeinsam genutzten Computer sein. 

Anzunehmen ist der Besitzwillen wohl bei einer ausdauernden und systematischen Sammlung von diesen Inhalten, selbst bei regelmäßiger Säuberungen der Festplatte. Ob man aus dieser Nummer noch rauskommt, hängt vom Einzelfall ab und ist Sache individueller Verteidigungsstrategie. 


Kein Besitzwille nach früherer Hausdurchsuchung mit "vergessenen Datenträgern"

In einem Fall des AG Pforzheim verneinte das Gericht einen solchen Besitzwillen im Hinblick auf einen USB-Stick. Bei dem Beschuldigten wurde 2015 eine Durchsuchung durchgeführt, bei der USB-Sticks beschlagnahmt wurden. Die Polizei hatte jedoch einen USB-Stick übersehen und nicht beschlagnahmt. Dies war dem Angeklagten nicht bewusst. Der Angeklagte wurde 2016 rechtskräftig verurteilt und danach erfolgte 2022 eine erneute Durchsuchung, bei welcher dieser andere USB-Stick beschlagnahmt wurde. Hinsichtlich des USB-Sticks hatte der Beschuldigte keinen wissentlichen und willentlichen Besitz mehr. Er dachte dieser USB-Stick wäre ebenfalls im Rahmen der Durchsuchung 2015 beschlagnahmt worden. Dementsprechend wurde er nicht erneut wegen Besitzes von kinderpornografischen Inhalten verurteilt. (AG Pforzheim, Urt. v. 14.09.2023, Az. 2 Ls 33 Js 3824/22)

Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen dafür, dass maßgeblich ist inwiefern tatsächlich ein Besitzwillen bzw. zumindest ein Wissen des Besitzes hinsichtlich der kinder- oder jugendpornographischen Inhalte vorliegt. 


Kein Strafverfahren ohne Verteidiger!

Ein erfahrener Strafverteidiger kann für Sie fachlich darlegen, ob Sie Besitzwillen hatten und für Sie entlastende Umstände hervorbringen. Liegt kein Besitzwillen vor, dann entfällt die Strafbarkeit. Insbesondere im Hinblick auf die hohe Strafdrohung ist es unerlässlich, einen Strafverteidiger zu engagieren, der frühzeitig entscheidende Prüfungen und Handlungen vornimmt. Schon ein Ermittlungsverfahren wegen einem solchen Vorwurf kann psychisch belastend sein und zu gesellschaftlicher Ächtung führen. Es ist vorteilhaft, wenn möglichst früh im Verfahren entlastende Umstände für Sie eingebracht werden können. Machen Sie keine unüberlegten Aussagen gegenüber der Polizei, sondern kontaktieren Sie unverzüglich eine professionellen Strafverteidiger. Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld (bei Rheine, Dülmen, Rosendahl) ist Fachanwalt für Strafrecht und seit vielen Jahren im Sexualstrafrecht bundesweit tätig. Wenden Sie sich im Falle einer Hausdurchsuchung oder polizeilichen Vorladung vertrauensvoll an ihn!  

Wo viele Anwälte Ihr Mandat nicht annehmen wollen, fängt meine Arbeit erst an!
Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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