Bessere Zeiten für Leiharbeiter!?

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Leiharbeitnehmer sind häufig auch heute noch Arbeitnehmer zweiter Klasse. Dies zeigt sich in vielen Fällen insbesondere am Lohn. Zwar schreibt das „Arbeitnehmerüberlassungsgesetz” (AÜG) eindeutig vor, dass Leiharbeitnehmer genauso zu bezahlen sind wie das Stammpersonal in dem Unternehmen. Durch einen Tarifvertrag können andere, auch schlechtere, Löhne vereinbart werden. Dies ist normal und auch in anderen Branchen üblich. Ein solcher Tarifvertrag gilt jedoch (auf Arbeitnehmerseite) nur für Mitglieder der Gewerkschaft, die den Vertrag abgeschlossen hat. Darüber hinaus lässt das AÜG in § 9, Ziffer 2, letzter Halbsatz jedoch zu, dass solche (arbeitnehmerfeindliche) Regelungen auch im Arbeitsvertrag getroffen werden können, wenn nur ein entsprechend niedriger Tarifvertrag existiert und auf diesen im Arbeitsvertrag Bezug genommen wurde.

Tatsächlich gibt es eine Vielzahl Tarifverträge (insbesondere sogenannter „Christlicher Gewerkschaften”), in denen Dumpinglöhne für Zeitarbeiter festgelegt werden. Eine Vielzahl von Zeitarbeitsfirmen beziehen sich in ihren Arbeitsverträgen auf solche Dumping-Tarifverträge. Die Arbeitsgerichte haben dies bisher akzeptiert.

Soweit allerdings Tarifverträge der „Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP)” in solchen Zeitarbeitsverträgen in Bezug genommen worden sind, können sich die Firmen auf diese Tarifverträge nicht mehr berufen. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Beschluss vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10) festgestellt, dass diese Tarifgemeinschaft der christlichen Gewerkschaften nicht tariffähig ist. Sie war also nicht berechtigt, Tarifverträge abzuschließen.

Logische Schlussfolgerung davon ist, dass trotzdem abgeschlossene Tarifverträge nicht wirksam sind.

Nachdem das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein Abweichen von dem Grundsatz, dass auch die Zeitarbeitnehmer (zumindest) den Lohn bekommen müssen, den die Stammarbeitnehmer des Entleiherbetriebes erhalten, aber davon abhängig macht, dass ein (wirksamer) Tarifvertrag benannt wurde, dürften eine Vielzahl von Arbeitnehmern Ansprüche gegen die Leiharbeitsfirma auf Nachzahlung von Lohn haben.

Trotz der in vielen Arbeitsverträgen aufgenommenen Verfallsklausel dürften solche Ansprüche für die Vergangenheit auch nicht verwirkt worden sein, da der Anspruch erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes überhaupt denkbar geworden ist.

Andererseits ist aber denkbar, dass auch für die Geltendmachung solcher Nachzahlungsansprüche vertraglich vereinbarte Verfallsklausel gelten. Diese vereinbarten Verfallsfristen betragen häufig nur zwei Monate. Sicherheitshalber sollten die Arbeitnehmer ihre Ansprüche deshalb innerhalb von zwei Monaten nach Verkündung des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichtes, also bis zum 14. Februar 2011, in der im Arbeitsvertrag vorgeschriebenen Form (zumeist schriftlich) beim Arbeitgeber geltend machen.

Reagiert dieser innerhalb angemessener Frist nicht, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel eine Klage vor dem Arbeitsgericht. Häufig ist auch hierfür eine Ausschlussfrist (meist auch von 2 Monaten) vereinbart.

Leider hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss nicht zu der Frage Stellung genommen, bis zu welchen Untergrenzen Tariflöhne noch zulässig sind, und inwieweit solche Tarifverträge wegen allzu niedriger Löhne sittenwidrig sind. Sofern die entsprechenden, in Bezug genommene Tarifverträge also nicht von der oben genannten CGZP, sondern von anderen Gewerkschaften oder Gewerkschaftszusammenschlüssen vereinbart worden sind, lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersehen, ob auch in diesen Fällen eine Nachzahlungspflicht der Verleihunternehmen besteht. Betroffene Arbeitnehmer sollten sich deshalb möglich schnell von einem mit der Materie vertrauten Rechtsanwalt beraten lassen. Dieser benötigt zumindest den Arbeitsvertrag, möglichst auch sämtliche Lohnabrechnungen während des Arbeitsverhältnisses bei der Zeitarbeitsfirma. Sofern wegen niedrigen Einkommens Berechtigung zur staatlichen Beratungshilfe bestehen könnte, sollte diese vor dem Gang zum Anwalt im Amtsgericht beantragt werden.

Interessant wird auch die Reaktion der Arbeitslosengeld-II-Behörden auf diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sein. Viele der betroffenen Zeitarbeitnehmer sind der von der ARGE oder dem Jobcenter ultimativ aufgefordert worden, Jobs bei solchen Zeitarbeitsunternehmen anzunehmen. Wegen des niedrigen Verdienstes musste die ARGE zumeist trotzdem noch Hartz IV als Aufstockung bezahlen. Werden die Behörden sich diese Aufwendungen von den Verleihern wieder holen? Man darf gespannt sein.

Rolf Hörnlein

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

Daimlerstraße 28

91301 Forchheim

hoernlein@hoernlein-rae.de


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