Besteht ein Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils zu Lebzeiten des Erblassers?

  • 1 Minuten Lesezeit

Die Kinder, der Ehegatte und die Eltern des Verstorbenen (Erblasser) haben Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Pflichtteils, wenn der Erblasser sie enterbt hat. Eine Enterbung kann nur mittels Verfügung von Todes wegen erfolgen. Verfügungen von Todes wegen sind Testamente und Erbverträge. Der Pflichtteil beläuft sich der Höhe nach auf 50 % des gesetzlichen Erbteils.

Enterbungen kommen meistens nicht aus heiterem Himmel. Häufig treten schon zu Lebzeiten des Erblassers Unstimmigkeiten in der Familie auf. Einzelnen Familienangehörigen wäre es dann nicht selten am liebsten, wenn sie bereits zu diesem Zeitpunkt den Pflichtteil fordern könnten.

Einen Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten des Erblassers sieht das Gesetz allerdings nicht vor. Der Anspruch entsteht erst mit Eintritt des Erbfalls. Schuldner des Anspruchs ist nicht etwa der Erblasser, sondern der oder die Erben. Die erfolgreiche Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs zu Lebzeiten des Erblassers ist folglich nicht möglich.

Selbstverständlich bleibt jedoch die Möglichkeit, Vermögen im Wege vorweggenommener Erbfolge zu übertragen, wenn der Erblasser hierzu bereit ist. Hier bieten sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Der Begriff der vorweggenommenen Erbfolge ist jedoch kein Rechtsbegriff. Häufig wird es sich bei derartigen Vermögensübertragungen um Schenkungen handeln. Bei der Vertragsgestaltung ist zu beachten, wie sich diese im Erbfall auswirken sollen. Soll eine Ausgleichung oder eine Anrechnung erfolgen? Beides ist nicht dasselbe. Soll mit der Übertragung ein Pflichtteils- bzw. ein Erbverzicht des Beschenkten erklärt werden, um dem Erblasser künftig weiteren Spielraum zu eröffnen? 

Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten lösen nach Eintritt des Erbfalls häufig sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche aus. Schuldner ist nicht der Beschenkte, sondern der Erbe. Dies ist bei der Vertragsgestaltung zu beachten, um später seitens der Erben keine bösen Überraschungen durch andere Pflichtteilsberechtigte zu erleben. Hier kann u.U. mit Gegenleistungen des Beschenkten oder mit Nutzungsvorbehalten des Erblassers, wie Wohn- oder Nießbrauchrechte, gearbeitet werden.

Gerne berate ich Sie in diesem Bereich.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Roland Veh

Beiträge zum Thema