BGH entscheidet zur Wirksamkeit der Obliegenheit zur Einhaltung von Sicherheitsvorschriften
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Worum ging es?
Der Fall erschien unkompliziert: Ein Pizzaofen verursachte einen Brandschaden. Die Versicherung lehnte jedoch die Regulierung ab, weil der Ofen nicht ordnungsgemäß abgenommen worden war. Grundlage hierfür war eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (VGB 2014), die den Versicherungsnehmer verpflichtete, alle gesetzlichen, behördlichen und vertraglichen Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Der Bundesgerichtshof hatte zu entscheiden, ob diese Klausel wirksam ist und insbesondere den Anforderungen des Transparenzgebots genügt.
Mit seinem Urteil vom 25. September 2024 schuf der BGH Klarheit: Eine solche Klausel ist wirksam, sofern sie sich auf Vorschriften bezieht, die einen direkten Bezug zum versicherten Risiko aufweisen.
Das Problem: Streit um Transparenz und Zumutbarkeit
- Transparenzgebot: Der Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB: Das Transparenzgebot verlangt, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Rechte und Pflichten der Vertragspartner klar und verständlich regeln. Die streitgegenständliche Klausel wirkte auf den ersten Blick übermäßig weitreichend, da sie pauschal von „allen“ Sicherheitsvorschriften sprach. Doch der BGH differenzierte und entschied, dass eine solche Formulierung jedenfalls dann nicht gegen das Transparenzgebot verstößt, wenn ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer erkennen kann, dass nur solche Sicherheitsvorschriften gemeint sind, die dem Schutz des versicherten Risikos dienen.
- Die Herausforderung dynamischer Verweisungen: Ein zentraler Kritikpunkt war die dynamische Natur der Klausel. Sie nimmt Bezug auf Vorschriften, die sich nach Vertragsschluss ändern können. Kritiker argumentierten, dass dies den Versicherungsnehmer in eine permanente Überwachungspflicht versetze. Der BGH hielt dem jedoch entgegen, dass der Versicherungsnehmer ohnehin bereits durch öffentlich-rechtliche Vorgaben verpflichtet ist, solche Änderungen zu beachten. Zudem sei es zumutbar, sich regelmäßig über relevante Sicherheitsvorschriften zu informieren, sofern diese für das versicherte Risiko wesentlich sind.
- Verhältnis von Verpflichtung und Zumutbarkeit: Der BGH stufte die Klausel auch insgesamt als verhältnismäßig ein. Die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers seien gerade nicht uferlos, da nur Vorschriften mit Bezug zum versicherten Risiko umfasst seien. Die Klausel belaste den Versicherungsnehmer daher nicht unangemessen, sondern erweise sich als sachlich begrenzt.
Was das neue Urteil bedeutet:
Das Urteil stellt klar, dass Versicherungsnehmer eine aktive Rolle bei der Einhaltung sicherheitsrelevanter Vorschriften übernehmen müssen. Folgende Maßnahmen sind ratsam:
- Kenntnis aller relevanten Vorschriften:
Versicherungsnehmer sollten sicherstellen, dass sie mit den für ihr Objekt geltenden Sicherheitsanforderungen – beispielsweise in den Bereichen Brandschutz und Bauordnung – vertraut sind.
- Regelmäßige Überprüfung:
Die dynamische Natur der Klausel verlangt eine kontinuierliche Beobachtung rechtlicher Änderungen, die für das versicherte Risiko von Bedeutung sind.
- Dokumentation:
Nachweise über die Einhaltung von Vorschriften, wie Abnahmen durch Behörden oder Wartungsprotokolle, sollten stets dokumentiert werden, um sie im Schadensfall vorlegen zu können.
Das Urteil bestätigt, dass umfassend formulierte Obliegenheitsklauseln rechtlich zulässig sind, solange sie sich auf das versicherte Risiko beschränken. Versicherer erhalten damit ein Werkzeug, um ihre Leistungspflicht an klare Bedingungen zu knüpfen.
Warum ist dieses Urteil wichtig?
Das Urteil schafft Klarheit für Versicherer und Versicherungsnehmer gleichermaßen. Es stärkt die Rechtsposition der Versicherer, indem es die Wirksamkeit solcher Obliegenheitsklauseln bestätigt. Aus der Entscheidung des BGH lässt sich allerdings auch ein grundlegender Gedanke ableiten, der über den konkreten Fall hinaus Bedeutung hat: Weitreichende vertragliche Obliegenheitsklauseln sind nur dann wirksam, wenn sie klar definiert und sachlich begrenzt sind. Obwohl die streitgegenständliche Klausel umfassend formuliert war, hat der BGH nämlich betont, dass sie sich nur auf solche Sicherheitsvorschriften bezieht, die unmittelbar dem Schutz des versicherten Objekts dienen. Dies verdeutlicht ein zentrales Prinzip: Obliegenheiten dürfen den Vertragspartner nicht in unzumutbarer Weise belasten und müssen klar auf ihren Schutzzweck ausgerichtet sein.
Wie kann ich Sie unterstützen?
Ich unterstütze Sie gerne bei der Prüfung Ihrer Versicherungsbedingungen oder stehe Ihnen im Falle von Auseinandersetzungen mit Ihrem Versicherer zur Seite. Wenn Sie Fragen haben oder eine rechtliche Einschätzung benötigen, vereinbaren Sie gerne ein Erstgespräch.
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