BGH: Vergütungsanspruch besteht auch ohne Vertrag

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BGH: Vergütungsanspruch besteht auch ohne Vertrag, wenn ich im Geschäftsleben Leistungen eines Dritten (Vermittlungs-) Leistungen in Anspruch nehme

von Dr. Marc Laukemann

Kann ich ohne schriftliche oder mündliche Klärung meiner Vergütung schon mit der Tätigkeit für Dritte starten? Oder riskiere ich am Ende für meine Leistungen leer auszugehen?

Problemstellung

Diese oder vergleichbare Fragen beschäftigen uns in der täglichen Praxis immer wieder.

Denn es kommt sehr häufig vor, dass Parteien im Vertrauen, es werde später schon eine vernünftige Einigung über die Bezahlung geben, mit der Arbeit beginnen. Kommt es dann zu einem Konflikt und scheitert die weitere Zusammenarbeit, steht der Vorleistende ziemlich frustriert da.

Entscheidung des Gerichts

Der Bundesgerichtshof hat zu dieser Konstellation eine wichtige Entscheidung getroffen, die in vielen Fällen den betroffenen hilft (BGH, v. 23.11.2016 – VIII ZR 269/15).

Im konkreten Fall hat ein Autohaus ein Leasingfahrzeug nach der Überführung in seinen Betrieb an den Leasingnehmer ausgeliefert und für diese Tätigkeit die Überführungskosten in Rechnung gestellt. Der Leasingnehmer lehnte die Kostentragung ab, weil keine Vereinbarung hierzu getroffen wurde.

Zu Unrecht, wie der BGH entschied. Dabei konnte sich das Autohaus auf die recht unbekannte Vorschrift des § 354 HGB berufen. Wer danach Dienste eines Kaufmanns in Anspruch nimmt, die üblicherweise nur gegen Entgelt erfolgen, schuldet diese.

Übersetzt heißt das: Ein Kaufmann macht für einen Kunden nichts zum Nulltarif. Für den Provisionsanspruch kann genügen, dass der Kunde eine Leistung in Anspruch nimmt, bei der er erkennen muss, dass sein Vertragspartner hier nichts zu verschenken hat. Dafür reicht dem BGH die in einem von einem Autohaus vermittelten Leasingvertrag enthaltene Klausel „Überführungs- und Zulassungskosten berechnet der ausliefernde Betrieb separat“. Diese Klausel sei keine unzulässige Überraschungsklausel und auch sonst nicht zu beanstanden.

Wann besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Provision auch ohne Vertrag?

Ein Provisionsanspruch kann auch ohne vertragliche Vereinbarung bereits dann ausgelöst werden, wenn eine Person

- die ihm erkennbar von einem Kaufmann geleisteten Dienste

- in Anspruch nimmt, (d. h. die Leistung erfolgte in seinem Interesse und der Handelnde war dazu befugt);

- obwohl er weiß oder nach den Umständen erkennen muss, dass solche Dienste auch ohne ausdrückliche, eine Vergütungspflicht und/oder deren Höhe klarstellende vertragliche Grundlage nur gegen entsprechende Vergütung erbracht werden.

§ 354 Abs. 1 HGB umfasst nach Auffassung des BGH jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sowie alle sonstigen, für den anderen Teil objektiv nützlichen Tätigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art. Dementsprechend ist unter der in § 354 Abs. 1 HGB angesprochenen Provision jede Vergütung zu fassen, die ein Kaufmann für eine in dieser Vorschrift angesprochene Geschäftsbesorgung oder Dienstleistung üblicherweise beanspruchen kann.

Praxishinweis:

Selbständige haben anders als Angestellte keine Entgeltsicherung durch Mindestlohn oder Tarifverträge. Dennoch sieht das Gesetz in bestimmten Fällen eine angemessene Vergütung vor:

- Dienstleister aller Ort gem. § 612 II BGB

- Werkunternehmer gem. § 632 II BGB

- Makler: § 653 BGB

- Handelsvertreter im Nebenberuf: § 92 I 1 HGB bzw. echte Handelsvertreter, die dauerhaft selbständig Aufträge für einen Dritten vermitteln: §§ 87, 89b u. 80a I 3 HGB

- Künstler und andere Urheber können Ansprüche nach §§ 36; 32 II 2 UrhG oder § 12 a TVG haben

- Für Architekten, Bauingenieure, Notare, Rechtsanwälte und Steuerberater gelten fixe Vergütungssätze (RVG für Rechtsanwälte, StGVO für Steuerberater) oder aber zumindest Vergütungsrahmen (HAOI für Architekten, GNotKG für Notare) vor. Zumindest im theoretischen Ansatz sind die meisten Vergütungsordnungen zwingend. Von ihnen kann also nicht, auch nicht einvernehmlich, abgewichen werden (s. etwa § 49 b BRAO, § 7 HOAI, § 125 GNotKG).


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