BGH: Zur etwaigen Nichtigkeit geschäftsmäßiger Policen-Ankäufe

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Der Vierte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs beurteilte am 11. Januar 2017 in zwei Verfahren die Wirksamkeit eines Kauf- und Abtretungsvertrages bezüglich einer Kapitallebensversicherung. Der Kaufpreis beinhaltete auch einen Teil des über den Rückkaufswert hinaus realisierten „Mehrerlöses“. Den anderen Teil des Mehrerlöses sollte die Käuferin erhalten. Die Käuferin befasste sich mit solchen Rückabwicklungen in geschäftsmäßiger Weise. Solche Modelle sind im Markt hinreichend bekannt; einige Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler führen Versicherungskunden gezielt den Rückabwicklungs-Unternehmen zu.

In den vom BGH zu entscheidenden Fällen verstießen die mit den Versicherungsnehmern geschlossenen Verträge gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und waren gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG und § 134 BGB nichtig. Die Käuferin verfügte über keine Erlaubnis nach dem RDG. Folge war, dass sie keine Zahlung von der Versicherung verlangen konnte.

Das RDG war einschlägig, weil die Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsverträgen zum Zwecke der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung erfolgte. Um einen sog. echten Forderungskauf, bei welchem das RDG nicht anzuwenden gewesen wäre, handelte es sich jedoch nicht. Entscheidender Punkt ist dabei die Übernahme des vollen wirtschaftlichen Risikos der Beitreibung der Forderung durch den Käufer. Dies ist nicht der Fall, wenn Teile des Kaufpreises vom künftig noch realisierten Mehrerlös abhängen, zumal davon die Käuferin später noch profitiert. Mangels echten Forderungskaufs handelte es sich mithin um eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung, deren Erlaubnis auch nicht rückwirkend nachgeholt werden konnte.

Zu diesem Modell entschied der BGH bereits früher, dass es darauf ankommt, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll bzw. ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, d.h. das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung, übernimmt; vgl. BGH IV ZR 46/13, U. v. 11. Dezember 2013.

Diese Entscheidungen bedingen weitere Folgefragen bei entsprechenden Modellen. Denn ist der jeweilige Kauf- und Abtretungsvertrag nichtig, so hat der Verkäufer bzw. Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf den Mehrerlös. Im Gegenzug muss er auch nicht zusätzlich entrichtete Gebühren leisten. Beinhaltete die Vereinbarung auch die Übernahme von Gestaltungsrechten (Kündigung, Widerruf), so sind auch diese beauftragten Erklärungen nichtig. Zu überprüfen ist, ob der jeweilige Verkäufer dann nicht Versicherungsnehmer geblieben ist. Der Vermittler wiederum sieht sich ggf. Schadensersatzansprüchen ausgesetzt, weil er ein nichtiges Rechtsgeschäft zugeführt hat; dabei allerdings ist bereits die Schadenshöhe fraglich für den Fall, dass die Versicherung bestehen blieb. Bei vermittelten nichtigen Rechtsgeschäften ist zudem der Behalt der Provision fraglich.

Zuführende Vermittler und verkaufswillige Versicherungsnehmer sollten unbedingt überprüfen, ob das jeweilige Unternehmen, welches die Ansprüche geschäftsmäßig kaufen will, einen echten Forderungskauf betreibt oder einer Erlaubnis nach dem RDG bedarf. Falls ja, muss diese Erlaubnis bereits von Anfang an, d.h. bei Vermittlung des Kaufvertrages vorgelegen haben. Ist dies pflichtwidrig nicht der Fall, so drohen juristische Probleme in allen Konstellationen: Aufkäuferin gegen Versicherung, Aufkäuferin gegen Verkäufer, Verkäufer gegen Vermittler, Ankäuferin gegen Vermittler – und umgekehrt.

Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte, Februar 2017.


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