BGH zur Verjährung im VW-Abgasskandal: Keine Verjährung bei Anmeldung zur Musterfeststellungsklage

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Verjährung wird schon mit Erhebung der Musterfeststellungsklage gehemmt, nicht erst mit Anspruchsanmeldung selbst


Der Bundesgerichtshof stellte mit seinem Urteil vom 29.07.2021 (Az. VI ZR 1118/20) fest, dass allein die Erhebung einer Musterfeststellungsklage reicht, um Ansprüche der betroffenen Kunden des Autokonzerns VW vor der Verjährung zu schützen.

Der Kläger erwarb im vorliegenden Falle 2013 einen VW-Tiguan, welcher mit einem Dieselmotor Typ EA189 (Euro 5) ausgestattet war. Im Jahre 2015 traten die Abgasmanipulationen des Autokonzerns VW in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit, welche umfangreich darüber berichtete.

Nachdem der Kläger zuvor seine Ansprüche zum Klageregister der Musterfeststellungsklage an- und anschließend wieder abgemeldet hatte, reichte er 2019 Klage ein. Ziel war die Erstattung des gezahlten Kaufpreises für das zu dem Zeitpunkt bereits weiterveräußerte Fahrzeug nebst Zinsen. Von Klägerseite aus sei ein Wertersatz maximal in der Höhe des erzielten Kaufpreises vom Weiterverkauf des Fahrzeuges zu gewährleisten.

Der beklagte Autokonzern wies diese Ansprüche mit der Einrede der Verjährung entschieden zurück.

Grob fahrlässige Unkenntnis über den VW-Dieselskandal nicht festgestellt

Die Vorinstanz hatte die Ansprüche des Klägers zurückgewiesen, da seine Ansprüche verjährt seien. In diesem Zusammenhang machte der Bundesgerichtshof deutlich, dass im Rahmen der vorinstanzlichen Verhandlung nicht festgestellt worden ist, ob dem Kläger grob fahrlässige Unkenntnis von den, den Anspruch begründenden Umständen i.S.d. § 199 I Nr. 2 Alt. 2 BGB vorzuwerfen sei.

Das Vorliegen einer grob fahrlässigen Unkenntnis hätte zur Folge, dass die Verjährungsfrist im Jahre 2015, also mit der Öffentlichkeit des Skandals, beginnen würde.

Damit ist vom Oberlandesgericht festzustellen, ob der Kläger im Jahre 2015 allgemein vom Dieselskandal Kenntnis erlangt habe, um den Beginn der Verjährungsfrist benennen zu können.

Angesichts der medialen Tragweite, welche der Diesel-Abgasskandal zu diesem Zeitpunkt mit sich brachte, könne zwar nahe liegen, dass der Kläger Kenntnis von diesem erlangt hatte, die Feststellung unterliege dennoch dem Tatrichter, so der BGH.

Verjährungshemmung mit Erhebung der Musterfeststellungsklage

Neben der nicht festgestellten grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers brachte der BGH in seinem Urteil vor, dass der Einrede der Verjährung die Anmeldung des Anspruchs des Klägers im Klageregister der Musterfeststellungsklage entgegenstehe.

Denn die Hemmungswirkung gem. § 204 I Nr.1a BGB trete im Falle eines wirksamen Anspruchs grundsätzlich bereits mit Erhebung der Musterfeststellungsklage und nicht erst mit Anmeldung des Anspruchs zum Klageregister ein. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Anmeldung des Anspruchs im eigentlich verjährten Zeitraum, wie vorliegend im Jahre 2019, erfolgen soll.

Dabei ist es auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn man sich, wie der Kläger im vorliegenden Fall, zu der Musterfeststellungsklage anmeldet, um die Hemmungswirkung herbeizuführen und folglich mehr Zeit für die Vorbereitung der eigenen Klage zu gewinnen, und sich anschließend wieder abmeldet.

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