Bild- und Tonaufnahmen zur Beweissicherung: Ist das zulässig?

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Das Filmen und Aufnehmen anderer Personen oder Geschehnisse ist ein Phänomen, welches es nicht erst seit gestern gibt. Dennoch scheint die Rechtslage für viele immer noch unklar zu sein. In diesem Beitrag sollen daher die folgenden Fragen beantwortet werden, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen:


    • Wann darf ich einen Sachverhalt filmen? Wann ist dies strafbar und warum?
    • Darf die Polizei mein Handy bzw. das Aufnahmegerät wegnehmen (Beschlagnahme), wenn ich beim Filmen „erwischt“ werde?
    • Können solche Aufnahmen vor Gericht als Beweis verwendet werden?


Strafbarkeit der Fertigung von Bild-, Video-, und Tonaufnahmen

Zu unterscheiden ist zunächst zwischen Bildaufnahmen (hierzu zählen natürlich auch Videoaufnahmen) und Tonaufnahmen.


1. Bildaufnahmen

Gemäß § 22 KunstUrhG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung der Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Hieraus wird deutlich, dass „nur“ die Weitergabe an Dritte oder Veröffentlichung problematisch ist.

§ 33 KunstUrhG stellt dieses Verbreiten oder öffentliche zur Schau stellen ohne Einwilligung sodann unter Strafe. Auch davon gibt es wiederum Ausnahmen. Die Wichtigsten sind wohl Aufnahmen von Versammlungen (Demos, Konzerte, Sportveranstaltungen u.ä.).

Das bloße Herstellen einer Bildaufnahme ist also nach dem KunstUrhG gerade nicht unter Strafe gestellt.

Das StGB hingegen stellt das Herstellten einer Bildaufnahme gemäß § 201a StGB nur dann unter Strafe, wenn es sich um eine Aufnahme aus einem besonders geschützten Lebensbereich handelt, beispielsweise das Filmen einer Person in einer Wohnung oder anderen gegen Einblicke geschützten Raum.

Das alleinige Filmen oder Fotografieren von Personen auf einer Demonstration oder an öffentlichen Plätzen ist also per se nicht strafbar.

(Anmerkung: Die gefilmte Person könnte aber einen zivilrechtlichen Unterlassungs- und damit auch Löschungsanspruch aus dem betroffenen allgemeinen Persönlichkeitsrecht haben)


2. Tonaufnahmen

Weitaus problematischer stellen sich Tonaufnahmen dar, gleich ob diese heimlich oder offen gefertigt werden. Darüber hinaus erfolgen die meisten Videoaufnahmen stets auch in Verbindung mit einer Tonaufnahme, sodass auch beim Filmen Vorsicht geboten ist.


Gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bestraft, wer unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einem Tonträger aufnimmt.

Es ist also auch der Herstellungsvorgang bereits unter Strafe gestellt.

Einzige Einschränkung in diesem Bereich ist, dass es sich um eine nichtöffentliche Äußerungen handeln muss.

Nichtöffentlich ist eine Äußerung nach gängiger Definition dann, wenn diese nicht für einen größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten oder nicht durch persönliche oder sachliche Beziehung miteinander verbundene Personenkreis bestimmt oder unmittelbar verstehbar ist (Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, 30. Aufl. § 201 Rn. 6).

Nichtöffentlich sind also zum Beispiel Gespräche und Diskussionen, wenn deren Teilnehmerkreis individuell begrenzt ist.

Solche Gespräche können allerdings ihren privaten Charakter einbüßen, wenn eine Mithörmöglichkeit für andere unbeteiligte Personen ohne weiteres gegeben ist (sogenannte faktische Öffentlichkeit). Darunter können zum Beispiel sehr laut gesprochene Äußerungen an öffentlichen Plätzen oder in Bus und Bahn fallen.


Vorsicht ist geboten bei Ansprachen bestimmter Personen durch Polizeibeamte beispielsweise bei öffentlichen Demonstrationen. Immer wieder werden solche Diskussionen Einzelner mit Polizeibeamten aufgezeichnet. Wird eine Person durch Polizeibeamte gezielt angesprochen oder gar separiert zur Personalienfeststellung ist das Gespräch als nichtöffentlich zu qualifizieren (vgl. LG München, Urteil v. 11.02.2019 – 25 Ns 116 Js 165870/17).


Beschlagnahme durch die Polizei möglich?

An dieses Beispiel anknüpfend stellt sich dann die Frage, ob nun der Tonträger bzw. das Aufnahmegerät - zumeist das Mobiltelefon - durch die Polizei in Beschlag genommen werden kann.

Besteht ein Anfangsverdacht, dass eine unzulässige Bild-, Video- oder Tonaufnahme gefertigt wurde, ist diese Frage regelmäßig mit „Ja“ zu beantworten.

Das gezielte Richten des Handys auf ein Geschehnis kann einen solchen Anfangsverdacht für einen Beamten bereits begründen.

Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme ist zum einen § 94 Abs. 1, Abs. 2, 98 StPO welcher eine solche zu Beweiszwecken erlaubt. Schließlich stellt das Aufnahmegerät ein Beweismittel dar.

Weiter ist eine Beschlagnahme gemäß § 111b Abs. 1 StPO i.V.m. § 201 Abs. 5, 74a StGB zulässig. Denn das Aufnahmegerät könnte sogenanntes Tatmittel sein und unterliegt dann der Einziehung (letztlich der Vernichtung).

Es empfiehlt sich also an einer solchen Stelle keine Diskussion mit den Beamten, schließlich kann die Beschlagnahme durch die Polizei auch mit Zwang durchgesetzt werden.


Aufnahmen als Beweismittel

Wurde eine Aufnahme ohne Zustimmung gefertigt und befindet sich das Aufnahmegerät noch im Besitz, so stellt sich dann regelmäßig doch die Frage, ob die Aufnahme als Beweismittel, sozusagen zur Aufklärung „größerer Übel“, beispielsweise anderen Straftaten oder zur eigenen Entlastung und Verteidigung, zulässig ist.


Der Grundsatz vorab: Eine Verwertung als Beweis ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Frage der Verwertbarkeit kann aber nicht pauschal beantwortet werden.

Dies ist stets unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles durch die Gerichte zu entscheiden. Es sind hier die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen gegen das Verwertungsinteresse des Aufzeichnenden gegeneinander abzuwägen. Die Hürden für eine Verwertung werden jedoch sehr hoch angesetzt.


Kriterien die für eine Verwertung sprechen können zum Beispiel sein:

    • Überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Verwertung
    • Berechtigte Erfordernisse der Strafrechtspflege, wobei es auf Art und Schwere der Straftat ankommt
    • Tonbandaufnahme als einziges zur Verfügung stehendes Beweismittel

Eine Vorlage bei Gericht oder anderen Behörden sollte stets gut überlegt sein. Schließlich wird selbst bei einer Zulassung der Verwertung die eigene Strafbarkeit durch die Aufnahme nicht aufgehoben. Man hat also selbst noch mit der Einleitung eines Strafverfahrens und gegebenenfalls mit einer Strafe zu rechnen.


Eine solche Entscheidung sollte nicht ohne individuelle anwaltliche Beratung gefällt werden. Jeder Einzelfall ist anders. Eine Beratung durch einen auf das Strafrecht spezialisierten Anwalt bietet sich hierbei an.

Foto(s): ©Adobe Stock/F8 \ Suport Ukraine

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