BMW Rückruf wegen Problemen am Bremssystem
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Nahezu alle BMW, die ab Juni 2022 ausgeliefert wurden, müssen wegen zu erwartender Störungen des "Integrierten Bremssystems" im Rahmen einer Rückrufaktion in die Werkstatt. Die Abwicklung soll nach Werksangaben Monate dauern. Ob die Autos bis zum Werkstatttermin überhaupt bewegt werden dürfen, ist derzeit noch unklar. BMW wird mit der Aussage zitiert, dass die Fahrzeuge bis zur Anzeige von Fehlern bedenkenlos bewegt werden können. Im Fall der Fälle müsse mit dem Ausfall des ABS und der Notwendigkeit eines stärkeren Drucks auf das Pedal gerechnet werden.
Weltweit sind 1,5 Millionen Autos betroffen, 300.000 in Deutschland. Wer auf seinen bestellten BMW wartet muss sich unter Umständen auf lange Wartezeiten gefasst machen.
Die Gefahr kann durch eine Fernanalyse eindeutig festgestellt werden, daher muss nicht jedes Auto zwingend in die Werkstatt. Falls notwendig müssen dann nur die Autos vorstellig werden, bei denen ein Systemausfall unmittelbar oder mittelfristig zu erwarten ist. Hier soöö dann das IBS-Modul ausgewechselt werden.
Bei den betroffenen Autos handelt es sich durchgehend um recht neue Modelle, darunter auch E-Autos, von denen ein Teil noch nicht mal ausgeliefert ist. Bei E-Autos kann es auch zu Problemen mit der Energierückgewinnung beim Bremsen kommen, was die Reichweite eines BMW-Stromers beeinflusst.
Rechtsanwalt Gisevius:
"Aus meiner Sicht sind Fehler an sicherheitsrelevanten Fahrzeugteilen ein Mangel, der auch einen Vertragsrücktritt möglich macht."
Die Kanzlei Brüllmann Rechtsanwälte wird die juristischen Details auf ihrer Seite zum "Automotive-Recht" ausführlich darlegen.
Worum geht es technisch?
Ein Bauteil der Brake-by-Wire-Technik kann zu Problemen bei der Übertragung von Bremssignalen an die Bremsen führen. Durch den Ausfall der elektronisch gesteuerten Bremskraftverstärkung muss der Bremsvorgang rein manuell durch verstärkten Druck auf das Pedal durchgeführt werden.
Bei Elektroautos ist die "Integrierte Bremsensteuerung" auch dafür verantwortlich, dass dem Auto beim Bremsen wieder Energie zugeführt wird. Kommt es zu Problemen bei der IBS-Steuerung, fällt natürlich auch die sogenannte Rekuperation aus.
KBA überwacht den Rückruf
Das gesamte System scheint nicht ausgereift, aber die Tatsache, dass das KBA den Rückruf überwacht steht dafür, dass wohl Abhilfe geschaffen werden kann. Das ganze erinnert etwas an der Rückruf von VW T6 Modellen in 2017, als erst wieder Autos zugelassen werden konnten, nachdem VW ein angeblich funktionierendes Update entwickelt hatte. Auch bei BMW gibt es aktuell einen verordneten Auslieferungsstopp für bestellte Neufahrzeuge.
Welche Modelle sind betroffen?
Die Frage lässt sich gut beantworten: Nahezu alle Modelle, die seit Juni 2022 bis heute das Werk verlassen haben, könnten betroffen sein. Im einzelnen:
BMW
BMW 2er Activ Tourer
BMW x1 und ix1
BMW XM
BMW X5 LCI
BMW X5 LCI
BMW X6 LCI
BMW X6M LCI
BMW X7 LCI
BMW 5er Limousine
BMW i5
BMW 7er Limousine
BMW Alpina XB
Mini
Mini Cooper
Mini Countryman
Rolls-Royce
Rolls-Royce Spectre
Welche Folgen hat ein Systemausfall?
Es droht ein Komplettausfall des Anti Blockier Systems (ABS) und der dynamischen Stabilitätskontrolle (DSC) . Beide Sicherheitssysteme sind in Autos dieser Preisklasse erwartbarer Standard. Viele BMW werden teils wegen dieser ausgereiften Techniken gekauft. Dass sich ein ABS-Ausfall dramatisch auf die Sicherheit auswirkt, muss nicht erklärt werden.
Die Geschichte des Rückrufs
Recherchen amerikanischer Journalisten ergaben, dass konstant seit Juni 2022 BMW-Besitzer weltweit über Probleme mit der elektronischen Bremsensteuerung "IBS" klagen. Im März 2024 wurden erste Fahrzeuge zurückgerufen, 47.000 in Europa.
Das KBA ermittelt spätestens seit April 2024 und reagierte mit der Veröffentlichung eines verpflichtenden Rückruf. Dieser wird bei BMW unter dem Code 13586 geführ
Rückruf und Aktienkurs
Das ganze Ausmaß der Krise kam erst durch die Gewinnwarnung für das dritte Quartal 2024 - veröffentlicht im September 2024 - ans Licht.
BMW rechnet mit zusätzlichen Kosten in dreistelliger Millionenhöhe. Auch die Aktionäre müssen befürchten, dass sich der sinkende Kurs und die anstehenden Gewinnkorrekturen auf ihre Dividenden auswirken werden.
Auch die Continental-Aktie sank nach Bekanntwerden der vollen Tragweite dieses Mega-Rückrufes deutlich.
Rechtliche Möglichkeiten
Fahrzeugbesitzer haben ein Recht auf Minderung oder Rücktritt vom Vertrag. Zwar muss BMW die Möglichkeit gegeben werden, den Mangel abzustellen, aber ob das wirklich zur Genüge gelingt, bleibt abzuwarten. Wer das Vertrauen in das Fahrzeug verloren hat, sollte eine komplette Rückabwicklung des Vertrages anstreben.
Warnanzeige statt Reparatur
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das vom KBA genehmigte Update offensichtlich gar nicht die Reparatur oder den Austausch des IBS beinhaltet. Es soll lediglich ein Warnsystem installiert werden, das Fahrer auf einen möglichen Ausfall des Bremskraftverstärkers hinweisen und damit zu angemessener Fahrweise aufrufen soll. Erst wenn das System Ärger bereitet oder nachweislich defekt ist, soll es ausgetauscht werden.
Wer damit leben kann, sollte zumindest darauf achten, nicht auf Kosten sitzen zu bleiben, die sich durch die Abwicklung des Rückrufes ergeben. Frage ist z.B. auch, ob die Autos überhaupt noch bewegt werden dürfen, oder ob BMW Ersatzfahrzeuge stellen muss. Verzugsschäden dieser Art können geltend gemacht werden.
TIPP: Unser Partnerportal motorschaden.de widmet sich hier ausführlich der BMW Rückrufthematik
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