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Braucht man eine Rundfunklizenz fürs Live-Streaming? Der Fall PietSmiet, Gronkh & Co.

  • 6 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

Wer einen extrem populären und einflussreichen Web-TV-Kanal betreibt und damit regelmäßig eine große Anzahl von Fans begeistern kann, muss damit rechnen, dass er möglicherweise eine Rundfunklizenzgebühr erwerben muss. Und das gilt auch, wenn er sich auf Videospielinhalte spezialisiert hat. Diese Erfahrung mussten kürzlich zwei der populärsten deutschen Gaming-Kanäle machen. Hobby-„Live-Streamer“ dürften jedoch bis auf Weiteres nichts zu befürchten haben.

Web-TV-Stars wie Gronkh, PietSmiet und andere verstoßen angeblich gegen den Rundfunkstaatsvertrag

Computerspiele spielen und andere daran teilhaben lassen – daran dürfte doch nichts verwerflich sein? Dennoch geraten immer mehr populäre Internet-Stars, die ebendies regelmäßig tun, in Konflikt mit dem Gesetz. Nun soll auch einer der bekanntesten Online-Stars im deutschsprachigen Raum, der unter seinem Pseudonym „Gronkh“ mittlerweile Kultstatus genießt, eine Rundfunklizenz beantragen – und dafür bis zu 10.000 Euro zahlen. Die Medienwächter pochen dabei auf die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags, den viele Kritiker als hoffnungslos veraltet betrachten.

Der Millionenerfolg mit „Let’s Play“-Videos hat den Weg geebnet

Computer- und Videospiele sind mittlerweile ein Milliardengeschäft. Und auch mit dem sozialen Aspekt des populären Hobbys lässt sich gutes Geld verdienen. Das „Let’s Play“-Phänomen der letzten Jahre wird sicherlich nicht nur eingefleischten Fans ein Begriff sein. Dass sich Millioneneinnahmen erzielen lassen, indem man seinen geschickten Umgang mit populärer Spielesoftware im Videoformat auf YouTube einstellt, hätte sich vor einem Jahrzehnt sicherlich niemand träumen lassen. 

Der Trend geht in Richtung Livestreams statt YouTube-Videos 

Doch auch die Gaming-Welt tritt nicht auf der Stelle. Wer hier zur Speerspitze gehören will, muss heutzutage seine Fähigkeiten live sowie ohne Netz und doppelten Boden unter Beweis stellen. Am komfortabelsten geht das mithilfe sogenannter Live-Streaming-Plattformen – die übrigens nicht mit den rechtlich umstrittenen Angeboten für Online-Kinogenuss zum Nulltarif zu verwechseln sind. 

Zu den Publikumslieblingen im Live-Streaming-Bereich zählt die mittlerweile zu Amazon gehörende Website „twitch.tv“ und auch YouTube hat zwischenzeitlich entsprechende Funktionen nachgerüstet. Hier wird der Inhalt des Bildschirms direkt ins Netz übertragen, woraufhin ihn jeder öffentlich mitverfolgen und mit Chat-Nachrichten und bunten Emojis mitmischen kann. Durch Werbeeinblendungen und verschiedene Verfahren zur Monetarisierung sorgen „twitch.tv“ und Konsorten dafür, dass für erfolgreiche „Streamer“ ordentlich Geld fließt.

Wie so oft kommt der Trend zum live übertragenen Spielerlebnis aus den USA. Doch auch etliche deutsche YouTube-Stars haben die Zeichen der Zeit erkannt und sich ein erfolgreiches zweites Standbein in der Live-Streaming-Szene geschaffen. Schnell schien sich ein regelrechter Boom des neuen, lukrativen Formats abzuzeichnen – bis sich die sogenannte Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten einschaltete.

Teurer Spielspaß: bis zu 10.000 Euro für eine Rundfunklizenz fürs Live-Streaming 

Die Mitglieder des bekannten Gaming-Kollektivs „PietSmiet“ staunten Ende März dieses Jahres nicht schlecht, als man sie per offizieller Post darauf hinwies, dass ihr erfolgreicher Streaming-Kanal „PietSmietTV“ auf der Plattform „twitch.tv“ als Rundfunkangebot eingestuft wurde. Dem Fünfergespann wurde somit nahegelegt, eine Rundfunklizenz zu erwerben – sonst müsse ihr Kanal offline genommen werden. Der Kostenpunkt für die Lizenz: satte 1000 bis 10.000 Euro. 

Die Argumentation bezog sich überwiegend auf § 2 des sogenannten Rundfunkstaatsvertrags, der zum ersten Mal immerhin vor 30 Jahren unterschrieben wurde. Eine kleine Kostprobe gefällig? „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen“ – ist hier unter anderem zu lesen. So manchen dürfte angesichts dieser Zeilen wohl kaum überraschen, dass das deutsche Rundfunkrecht mittlerweile zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen hat.

In ihrem Schreiben an „PietSmiet“ definierte die ZAK Rundfunkangebote als Formate, die 

  • linear – sprich live – gesendet werden, 
  • von mehr als 500 Zuschauern/Usern gleichzeitig gesehen werden können,
  • eine redaktionelle Gestaltung aufweisen und
  • „entlang eines Sendeplans“ regelmäßig und wiederholt verbreitet werden. 

Vorläufiges Aus für „PietSmiet“

Der Aufruhr in der Streaming-Szene war dementsprechend groß – manche gingen von einer Bedrohung für ihr Hobby und manche von einer Gefahr für eine durchaus lukrative Einnahmequelle aus. Die fünf Mitglieder von „PietSmiet“ sahen sich somit in Zugzwang – und entschlossen sich letztlich, pragmatisch vorzugehen. Nach einer Nutzen-Kosten-Rechnung lohne sich die Investition nicht, so die Gaming-Stars. 

Seitdem bleibt der beanstandete Kanal „PietSmietTV“ unangetastet und das Quintett konzentriert sich überwiegend auf seine Präsenz bei YouTube. Zudem wollen sich die fünf Profi-Gamer für eine Änderung der Gesetzgebung einsetzen – mit dem erklärten Ziel, in erster Linie kleinere Live-Streamer davor zu bewahren, in Zukunft auch unerwartete Post der Medienwächter im Briefkasten vorzufinden.

Superstar „Gronkh“ ist der neueste Fall  

Als Nächstes traten die Medienwächter an „Gronkh“ zu heran – seines Zeichens der wohl bekannteste „Let’s Play“-Star im deutschsprachigen Raum, der ebenfalls eine populäre Streaming-Präsenz auf „twitch.tv“ unterhält. Allerdings ging die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen diesmal behutsamer vor und suchte zunächst das Gespräch mit dem Online-VIP. Laut Medienberichten war das Endergebnis jedoch das gleiche wie im Fall von „PietSmiet“. Dem Follower-Millionär wurde nahegelegt, eine Rundfunklizenz für seine Präsenz auf „twitch.tv“ zu erwerben. „Gronkh“ soll nun über seinen Anwalt einen Antrag auf „medienrechtliche Unbedenklichkeit“ gestellt haben. Hierbei soll das Hauptargument des Gaming-Superstars gewesen sein, dass sein beliebter Live-Streaming-Kanal keinem festen Sendeplan folge und somit eines der Hauptkriterien für Rundfunkangebote nicht erfülle. 

Solches Kalkül mag mancher gutheißen und mancher nicht. Die Geldmittel, eine Rundfunklizenz zu erwerben, hätte der erfolgsverwöhnte „Let’s Play“-Star sicherlich aufbringen können. Allerdings gilt „Gronkh“ mittlerweile in der Szene als dermaßen bekannt und einflussreich, dass ein „Einknicken“ vor einem als veraltetet verschrienen Gesetz sicherlich für jede Menge Wirbel gesorgt hätte. Keine Frage – das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen.

(Noch) keine Gefahr für Hobby-Streamer

Natürlich fiel es nun leicht, den Teufel an die Wand zu malen. Dementsprechend begannen etliche verärgerte Live-Streaming-Fans zu mutmaßen, dass in Zukunft jeder „Streamer“ zum Beantragen einer teuren Rundfunklizenz genötigt werden könne. Doch wer ein wenig Szenekenntnis besitzt, wird sich im Klaren darüber sein, dass beide Live-Streaming-VIPs, die bisher ins Visier der Medienwächter gerieten, zur absoluten Elite gehören, was Popularität und Reichweite betrifft. Wer gelegentlich zum Spaß für eine kleine Community und ohne professionelle Ambitionen streamt, wird sicherlich auch bis auf Weiteres nichts zu befürchten haben.

Wer hat Recht?

Doch wer behält die Oberhand, wenn man die Argumente der Lager „Pro-Rundfunklizenz“ und „Kontra-Rundfunklizenz“ gegeneinander antreten lässt? Fest steht, dass beide Lager schlagkräftige Argumente für ihre Position vorweisen können. Einerseits berufen sich die Medienwächter auf schwarz auf weiß festgelegte rechtliche Grundlagen. Anderseits lässt sich kaum leugnen, dass die Gesetzgebung für den Rundfunkbereich an etlichen Stellen nicht recht im aktuellen Jahrhundert angekommen zu sein scheint – wie etwa im Hinblick auf die im Internetzeitalter winzig anmutende Obergrenze von 500 Zuschauern. 

Wiederum andere werden darauf verweisen, dass die Angebote populärer „Streamer“ mittlerweile beachtlich professionell wirken und über verschiedene Werbemaßnahmen auch beachtliche Einnahmen generieren. So mancher wird daher argumentieren, dass jemand, der wie ein Profi agiert und dementsprechende Gewinne einstreicht, auch mit den entsprechenden Pflichten konfrontiert werden sollte. Als Paradebeispiel hierfür lässt sich etwa der populäre Gaming- und Popkultur-Kanal „rocketbeans.tv“ anführen, der gemäß den Informationen der ZAK mittlerweile eine Rundfunklizenz erworben hat.

(JSC)

Foto(s): ©Fotolia.com

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