BU – aktuelle Studie zu Ablehnungen von BU-Versicherungsunternehmen

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Positive Regulierungspraxis von BU-Versicherungsunternehmen – ein Märchen?

In einer im August 2019 veröffentlichten Studie wurde einem Teil der Berufsunfähigkeitsversicherungen ein sehr positives Bild ausgestellt. Fast 83 % aller Leistungsanträge würden positiv anerkannt werden, nur 17 % würden abgelehnt werden.

Die Studie bezieht sich auf die Anerkennungen und Ablehnungen im Jahr 2017.

Die Studie stellt den Versicherungsunternehmen ein falsches (zu gutes) Zeugnis aus

Leider sind diese besonders guten Daten mit einer sehr hohen Anerkennungsquote nicht repräsentativ für alle BU-Versicherer. An dieser Studie haben nur die Unternehmen Allianz, AachenMünchener, ERGO, HDI, Nürnberger und Swiss Life teilgenommen.

Zwar decken diese Gesellschaften mehr als die Hälfte der im Jahr 2017 angefallenen Leistungsfälle ab, es handelt sich dabei aber um Unternehmen mit einer halbwegs guten Regulierungspraxis (wobei wir aus unserer täglichen Praxis auch hier genügend Ausnahmefälle kennen). Bei einem erheblichen Anteil der Versicherungsunternehmen, die nicht an dieser Studie teilgenommen haben, sieht die Regulierungspraxis aber schlechter aus. Es ist zwar nicht die Regel, aber einige der Versicherungsunternehmen, die an der Studie nicht teilgenommen haben, zeichnen sich sogar durch eine systematische Leistungsverweigerung aus.

Die Studie ist deshalb nicht repräsentativ für die gesamte Branche.

Kritik an der Studie

Das ist auch schon die wesentliche Kritik an der Studie. Die Studie bietet einen viel zu positiven Ausschnitt der BU-Versicherungsunternehmen ab. Weiter kann auch kritisiert werden, dass die statistischen Zahlen der Studie, wie beispielsweise die hohe Anerkennungsquote, auf Zahlen beruhen, die die Versicherungsunternehmen selbst geliefert haben. Das Unternehmen hat die Zahlen stichprobenartig überprüft, aber eben nur stichprobenartig.

Was der Kanzlei Dawood Rechtsanwälte aufgefallen ist: In der Vergangenheit gab es Studien, nach denen rund ¼ aller Leistungsanträge nicht zu einem Erfolg führen, weil sich der Versicherte gar nicht mehr melde. Auffällig ist, dass diese Kategorie in der aktuell veröffentlichten Studie gar nicht auftaucht.

Es ist im Übrigen auch davon auszugehen, dass die Studie von BU-Versicherungsunternehmen finanziert wurde. Insofern bestand selbstverständlich bei den Auftraggebern ein lebhaftes Interesse daran, die Regulierungspraxis von BU-Versicherungen als positiv darzustellen.

Die Top 3 der Ablehnungsgründe

Nach der Studie ergeben sich die folgenden Ablehnungsgründe:

1.
Über die Hälfte aller Ablehnungen, nämlich 55,6 %, beruhen darauf, dass der BU-Grad angeblich nicht erreicht werden.

In diesem Artikel können Sie nachlesen, warum der BU-Grad 50 % gar nicht in jedem Fall erreicht werden muss und wir Sie dazu gegenüber dem Versicherungsunternehmen argumentieren können: Link zum Artikel

2.
An Platz 2 der Ablehnungen sind mit 23,5 % Anfechtungen oder Rücktritte wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen (Nichtangabe von Krankheiten oder Arztbesuchten im Versicherungsantrag).

Einen ausführlichen Artikel zur Anfechtung und warum es gute Chancen gibt dagegen vorzugehen, finden Sie hier.
 
3.
An Stelle 3 der Ablehnungen mit auch noch 12,8 % ist der Ablehnungsgrund, dass der Prognosezeitraum nicht erfüllt ist.

Die meisten Bedingungen von BU-Versicherern sehen vor, dass eine dauerhafte Berufsunfähigkeit dann vermutet wird, wenn der Versicherte mindestens 6 Monate arbeitsunfähig geschrieben war. War dies nicht der Fall, dann kann die Prognose nur erfüllt werden, wenn ein Mediziner bestätigt, dass die Erkrankung und die damit verbundene Berufsunfähigkeit für einen längeren Zeitraum vermutet wird. Dies führt bei vielen Erkrankungen zu erheblichen Schwierigkeiten.

Fazit: Die Top 3 sind BU-Grad, Anfechtung und Prognosezeitraum.

Das bedeutet auch, dass diese drei Ablehnungsgründe die wichtigsten Ablehnungsgründe sind. Sie machen nämlich ca. 90 % aller Ablehnungen aus.

Die restlichen 10 % der Ablehnungsgründe teilen sich auf in Ausschlusstatbestände, Ausschlussklauseln sowie Verweisungsklauseln und sonstige Gründe.

Ablehnungsquoten schwanken stark je nach Erkrankung: bei Psyche 30 %

Wie hoch die Ablehnungsquote jeweils ist, hängt aber in erheblichem Maße von der jeweiligen Krankheit ab. Die höchste Ablehnungsquote von über 30 % machen psychische Krankheiten aus. Es ist daher zu vermuten, dass bei BU-Versicherungsunternehmen, die nicht an der Studie teilgenommen haben, die Ablehnungsquote bei psychischen Krankheiten wesentlich höher ist und bei über 50 % liegen dürfte.

Nach der Studie liegt die Ablehnungsquote bei Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes immer noch äußerst hoch, nämlich bei 27 %.

Bei Krankheiten des Kreislaufsystems liegt die Ablehnungsquote bei ca. 15 %.

Ablehnungsquote schwankt stark je nach Alter des Versicherten

Die höchste Anerkennungsquote findet sich bei 54-jährigen, die niedrigste Ablehnungsquote ergibt sich bei Menschen im Alter von 32 Jahren.

Im Alter von 32 Jahren ist die Ablehnungsquote immer höher als die der Anerkennungen.

Rechtsschutzversicherung abschließen

Sofern Sie noch keine Rechtsschutzversicherung haben, sollten Sie in jedem Fall eine solche abschließen. Schließen Sie die Rechtsschutzversicherung noch vor Ihrem Antrag auf BU-Leistungen ab, haben Sie die besten Chancen, dass bei einer Ablehnung die Rechtsschutzversicherung auf die Kosten übernimmt. Eigentlich sollte Ihnen jeder Versicherungsvermittler schon bei Abschluss einer BU-Versicherung unbedingt zu einer Rechtsschutzversicherung raten.

Selbst wenn Ihre BU-Versicherung die Ansprüche anerkannt hat, sollten Sie dennoch eine Rechtsschutzversicherung abschließen. Auch nach einer Anerkennung kann der BU-Versicherer jederzeit ein Nachprüfungsverfahren anstrengen. Auch hier sind viele Streitigkeiten vorprogrammiert, sodass Sie mit einer Rechtsschutzversicherung zumindest die Kosten erstattet bekommen.

Kostenlose und unverbindliche Erstberatung

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