Claudia Pechstein: Dienstvergehen durch CDU-Auftritt in Polizeiuniform?

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Claudia Pechsteins Auftritt in Polizeiuniform: Ein Dienstvergehen?

Claudia Pechstein, Bundespolizistin und Profi-Eisschnellläuferin, hielt am Samstag auf einer CDU-Veranstaltung eine politische Rede in Polizeiuniform. Fraglich ist, ob dies ein Dienstvergehen darstellt.

Hintergrund von Claudia Pechsteins Auftritt

Am 17. Juni trat Claudia Pechstein, Bundespolizeibeamtin und Profi-Eisschnellläuferin, auf dem CDU-Grundsatzkonvent in Uniform auf. Obwohl ihre Rede als Stimme des Sports und der Vereine angekündigt wurde, widmete sie sich auch kontroversen Themen wie Abschiebungen und Gendern. Dies führte zu Irritationen bei Teilen der Öffentlichkeit.

Die Frage nach einem Dienstvergehen

Es gibt starke Anzeichen dafür, dass Claudia Pechstein mit ihrem Auftritt in Uniform ein Dienstvergehen begangen hat, indem sie schuldhaft ihre dienstlichen Pflichten verletzte (§ 77 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG)). Laut T-Online wurde ihr das Tragen der Uniform auf der CDU-Veranstaltung nicht von der Bundespolizei genehmigt. Die Bundespolizei hat auch eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet, was Vorermittlungen vor der Einleitung eines Disziplinarverfahrens bedeutet.

Folgen eines Dienstvergehens

Wenn ein Dienstvergehen vorliegt, kann es gemäß dem Bundesdisziplinargesetz (BDG) mit verschiedenen Disziplinarmaßnahmen geahndet werden (§ 77 Abs. 3 BBG). Bei aktiven Beamtinnen und Beamten reichen die Maßnahmen von einem einfachen Verweis über Geldbußen, Kürzung der Dienstbezüge und Zurückstufung bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Im Fall von Pechstein stellt sich die Frage, welche Pflichtverstöße in Betracht kommen.

Pechsteins Standpunkt und die Rechtslage

Claudia Pechstein äußerte sich gegenüber der Bild-Zeitung und erklärte, dass ihr das Tragen der Uniform von einem Vorgesetzten gestattet wurde und kein Verbot besteht. Sie betrachtete sich als Gast der CDU in ihrer Rolle als Sportlerin, Beamtin und Bundespolizistin. Die Rechtslage besagt, dass Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bei politischen Veranstaltungen keine Uniform tragen dürfen, während das Bundespolizeigesetz keine entsprechende Vorschrift enthält. Das Tragen der Uniform außerhalb des Dienstes ist nicht allgemein erlaubt, da es eine Einschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellt.

Das Mäßigungsgebot für Claudia Pechstein

Das Problematische an Claudia Pechsteins Verhalten ist nicht das Tragen der Uniform außerhalb des Dienstes an sich, sondern der spezifische Kontext der CDU-Veranstaltung. Beamte sind auch außerhalb des  Dienstes zur politischen Mäßigung und Zurückhaltung verpflichtet (§ 60 Abs. 2 BBG). Es geht hierbei nicht primär um die Neutralitätspflicht, die nur die Amtsführung betrifft (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BBG).
Das Mäßigungsgebot besagt, dass Beamte bei politischer Betätigung die Mäßigung und Zurückhaltung wahren müssen, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf ihre Amtspflichten ergeben. Beamte dienen dem gesamten Volk, nicht einer Partei (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BBG). Eine Bundespolizeibeamtin darf außerhalb des Dienstes keinen Anschein erwecken, dass sie ihr Amt nicht unparteiisch und ausschließlich zum Wohl der Allgemeinheit ausübt (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BBG). Ihre Meinungsäußerungen dürfen keine Zweifel an ihrer politischen Neutralität und am Wohl der Allgemeinheit aufkommen lassen.

Der Zusammenhang mit der Diensttätigkeit bestimmt die Zurückhaltung

Die Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit durch das Mäßigungsgebot muss im Kontext des Grundrechts aus Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes ausgelegt werden. Die Beurteilung, ob das Verhalten einer Beamtin Rückschlüsse auf ihre Amtsführung zulässt, erfordert grundsätzlich Zurückhaltung.
Im außerdienstlichen Bereich hängt das erforderliche Maß der Mäßigung und Zurückhaltung davon ab, ob und inwieweit die politische Betätigung einen Bezug zur dienstlichen Stellung und den dienstlichen Aufgaben aufweist. Beamte müssen auch außerhalb des Dienstes darauf achten, eine klare Trennung zwischen ihrem Amt und ihrer Teilnahme am politischen Meinungskampf einzuhalten. Einschränkungen ergeben sich insbesondere für den Stil der politischen Betätigung und die Wortwahl bei Meinungsäußerungen.
Wer diese Trennung praktiziert und sich angemessen ausdrückt, kann außerhalb des Dienstes problemlos am Meinungskampf teilnehmen und sich auch für politische Ämter bewerben. Dies tat Pechstein beispielsweise bei der Bundestagswahl 2021, als sie erfolglos gegen Gregor Gysi um das Direktmandat im Wahlkreis Berlin-Treptow - Köpenick kandidierte.

Claudia Pechstein auf dünnem Eis

Claudia Pechstein hat mit ihrem Uniformauftritt diese Anforderungen kaum erfüllt. Der durchschnittliche Betrachter wird annehmen, dass eine Person in Polizeiuniform in dienstlicher Funktion spricht und für ihren Dienstherrn spricht. Das war bei Pechstein nicht der Fall.
Die klare Trennung zwischen ihrem Amt als Polizeibeamtin und ihrer politischen Betätigung hat Pechstein mit ihrem Verhalten vermissen lassen. Hinzu kommt, dass sie in ihrer Rede kontroverse Themen angesprochen hat, die in der Gesellschaft aktuell stark diskutiert werden und auch einen Bezug zur Bundespolizei haben. So forderte sie beispielsweise eine konsequente Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern.

Fernab von Neutralität

Besonders problematisch ist Pechsteins Verwendung des Begriffs "Zigeunerschnitzel" in ihrer Rede. Dieser Begriff wird von den im Nationalsozialismus verfolgten und bis heute gesellschaftlich ausgegrenzten Roma und Sinti als herabsetzend empfunden und abgelehnt.
Angesichts des fehlenden Abstandes zu ihrem Polizeiberuf durch das Tragen der Uniform bei dieser Äußerung kann von der gebotenen Mäßigung nicht mehr wirklich die Rede sein.

Es ist bemerkenswert, dass gerade Anhängerinnen und Anhänger der CDU und CSU, die stets die Neutralität des Staates betonen und sich für Kopftuchverbote bei muslimischen Lehrerinnen einsetzen, einen Auftritt einer Polizeibeamtin in Uniform bei einer Parteiveranstaltung unproblematisch finden. Im Vergleich zu einer Lehrerin, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch trägt, fällt es dem durchschnittlichen Betrachter deutlich schwerer, die Abstraktion von Amt und Person bei einer Polizeibeamtin in Uniform zu erkennen, die mit kontroversen Meinungsäußerungen auffällt. Es war nicht erkennbar, dass Pechstein als Privatperson und nicht als konservatives Aushängeschild der Bundespolizei sprach.

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Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht

Christian Keßler

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