Das letzte Wort hat der EuGH

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Gesetzgebung der EU und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beeinflussen unser deutsches Arbeitsrecht
 
Das deutsche Arbeitsrecht ist im wesentlichen Richterrecht. Der deutsche Gesetzgeber hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vornehm zurückgehalten und die Rechtsfortbildung im Wesentlichen der Rechtsprechung überlassen. Es gibt noch immer kein zentrales arbeitsrechtliches Regelwerk. In den letzten Jahrzehnten ist der deutsche Gesetzgeber vornehmlich in Nebengebieten tätig geworden und dann oftmals nach Vorgaben aus Brüssel. Prägend für das deutsche Arbeitsrecht war daher in der Vergangenheit die Gerichtsbarkeit, vornehmlich das Bundesarbeitsgericht. Heute kann man jedoch nicht mehr unbedingt sicher sein, dass ein Ausspruch des BAG für lange Zeit der Weisheit letzter Schluss ist, denn schon morgen kann vom EuGH ein anderes Signal kommen. Ein Arbeitsrechtler ist dabei gut beraten, jedes arbeitsrechtliche Problem vor Lösungsfindung auch noch einmal durch die europarechtliche Brille zu betrachten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gut beraten, derzeit herrschende Ansichten in Deutschland nicht vorschnell als unabänderbar anzusehen.
 
Die EU beeinflusst das deutsche Arbeitsrecht maßgeblich durch die Erlassung von Richtlinien und Verordnungen sowie durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Diese Einflüsse haben insbesondere im Bereich des Antidiskriminierungsrechts bedeutende Veränderungen bewirkt, betreffen jedoch auch andere Bereiche wie das Befristungsrecht, Datenschutzrecht und Urlaubsrecht.
 
Die Europäische Union setzt ihre Rechtsvorschriften durch Richtlinien um, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen. Auch Verordnungen entfalten unmittelbare Wirkung. Einige bedeutende Richtlinien betreffen das Antidiskriminierungsrecht, Mutterschutz, Elternurlaub, Teilzeit- und Befristungsrecht, Massenentlassungen, Nachweisrecht, Arbeitszeit, Leiharbeit, Entsendung und Betriebsübergänge.
 
Der EuGH spielt eine wesentliche Rolle in der Auslegung und Durchsetzung des Unionsrechts im deutschen Arbeitsrecht. Er prüft, ob nationale Gesetze und Rechtsprechung mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Beispiele für EuGH-Entscheidungen mit erheblichen Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht sind das Kündigungsfristurteil, Diskriminierungsentscheidungen und das Urlaubsrecht.
 
Das EuGH-Urteil zur Kündigungsfrist änderte die Berechnung der Betriebszugehörigkeit für Kündigungsfristen und führte zu einer Überarbeitung des deutschen Arbeitsrechts. Entscheidungen zur Diskriminierung, einschließlich der “opferlosen Diskriminierung”, erweiterten den Schutz vor Diskriminierung. Im Bereich des Urlaubsrechts verhinderte ein EuGH-Urteil, dass Urlaubsansprüche aufgrund langfristiger Arbeitsunfähigkeit erlöschen, und führte zu einer neuen Auslegung des deutschen BurlG.
 
Die Einflüsse der EU auf das deutsche Arbeitsrecht werden voraussichtlich noch weiter zunehmen. Es bleibt spannend…



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