Deeskalation im Einstweiligen Verfügungsverfahren

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Bei einer sog. „kalten Räumung“ einer Mietwohnung durch den Vermieter kann eine einstweilige Verfügung des Mieters auf Wiedereinräumung des Besitzes zum gewünschten Erfolg führen. 

Wichtig ist in jedem Falle die Glaubhaftmachung aller Tatsachen im Verfahren, die meist durch eidesstattliche Versicherungen belegt und unterstützt werden.

Schwieriger wird es, wenn der Vermieter den Besitz einem Dritten im Zusammenhang mit der verbotenen Eigenmacht überlässt. Bei kollusivem Zusammenwirken gibt das BGB relativ guten Schutz des vor die Tür gesetzten Mieters, so dass dennoch die verbotene Eigenmacht auch ggü dem (bösgläubigen) Dritten erfolgreich durchgesetzt werden kann.

Einen ähnlichen  Fall hatte ich erfolgreich führen dürfen.

Zur Vermeidung weiterer Kosten durch die entsprechende Beantragung der Zwangsvollstreckung  zur Wiedererlangung des Besitzes durch einen Gerichtsvollzieher kann man sich auch immer mit der Gegenseite zusammensetzen und mediationsähnlich verhandeln.

Meist erscheint dies den Parteien ausgeschlossen, weil die Beziehung Vermieter-Mieter zwangsläufig durch die verbotene Eigenmacht hochgradig gestört ist.

Dennoch bietet ein deeskalierendes Vorgehen große Chancen auf eine Befriedung. Man muss allerdings schon über seinen Schatten springen!

Die Mediation ist generell ein Verfahren, bei dem zwei oder mehr Konfliktparteien mit einem neutralen Dritten (dem Mediator) zusammenkommen, um ihre Unstimmigkeiten zu lösen. Der Mediator hilft den Parteien, effektiv zu kommunizieren, die Probleme zu identifizieren und die Aushandlung einer für beide Seiten akzeptablen Lösung für die Zukunft zu erleichtern. Ziel der Mediation ist es, eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Einigung zu erzielen, ohne dass es zu einem Gerichtsverfahren kommt oder eben in einem bereits anhängigen Verfahren vor Gericht es z.B. nicht zu weiteren beantragten Zwangshandlungen durch staatliche Organe kommen muss.

Natürlich muss man auch wissen, an welcher Stelle man ein Deeskalierungsgespräch einsetzt. Es geht ja gerade im einstweiligen Rechtsschutz um eine schnelle wenn auch vorläufige Wiedergutmachung erlittenen Unrechts. Dieses Unrecht möchte man gerechterweise auch rehabilitiert sehen und erstreitet vor Gericht die Wiedergutmachung. Das sollte eigentlich nicht mediiert werden. Ansonsten bliebe ein ewiges Gerechtigkeitsgefälle. Da sich aber auch die Gegenseite in Stellung bringt und in der Regel wiederum juristisch versuchen wird, die Wiedergutmachungsforderung nicht auf sich sitzen zu lassen, kommt es erneut zu weiterem Gefecht. Eine Spirale nach oben hat sich losgetreten.

Das muss man durchbrechen!

Selbst wenn man in außergerichtlichen Gesprächen zwischen den Parteien keinen neutralen Dritten als Mediator hinzuziehen kann oder will, kann man sich als Anwalt dennoch mediatorisch verhalten und eine vernünftige und kostensparende Einigung zwischen den Parteien anstreben. Meist gelingt dies auch, weil die Kollegen sich auch entsprechend einigungsbereit verhalten. 

Nicht immer ist das jedoch so, weil man evt. die Chancen der eigenen Partei zu optimistisch einschätzt und deshalb eher zu einer Klage oder einer Erwiderung auf eine Klage rät. Man sollte sich jedoch immer bewusst sein: Vor Gericht und auf hoher See sind wir allein in Gottes Hand! Will heißen: Ein Richter muss überzeugt werden und den muss man mit Beweisen füttern! Dennoch kann ein Prozess trotz guter Beweise negativ ausgehen, das hängt von noch ganz anderen Faktoren ab. Deshalb: Das Heft selbst in die Hand nehmen ist immer ein guter Plan und selbst den Konflikt lösen wollen ist besser, als ihn über Dritte lösen zu lassen. Das stärkt auch die Persönlichkeit. Wer schon in einem Anwaltsprozess drinsteckt, kann seine Anwälte immer auch ermutigen, „mediatorisch“ und streitschlichtend eine Lösung mit Ihnen und natürlich der anderen Seite, nennen wir ihn nicht mehr Gegner sondern Lösungspartner - gemeinsam anzustreben.

Die anwaltlichen Parteivertreter können während eines Gerichtsverfahrens jederzeit vor Gericht oder auch außergerichtlich streitschlichtende Gespräche mit den Parteien führen und währenddessen das Verfahren beispielsweise ruhend stellen, so dass es vom Fortgang und Inhalt der Einigungsgespäche abhängig ist, ob das Verfahren wieder aufgenommen werden muss, falls es in diesen Gesprächen zu keiner Lösung für die Zukunft gekommen ist. Das genau ist das Stichwort: Eine Lösung für die Zukunft sollte angestrebt werden in einer Streitschlichtung, also einer Lösung, die den Interessen beider Parteien am besten gerecht wird. Es geht in juristischen Auseinandersetzungen neben dem Sachthema immer auch - mehr oder weniger - um die Beziehungsebene zwischen den Parteien. Das bildet den Hintergrund des Bühnenstücks vor Gericht. Vorne spielen die Puppen um Positionen und darum, Recht zu bekommen. Hinter der Fassade geht es meist um verletzte Gefühle auf der Beziehungsebene und berechtigte Interessen, z.B. nach Frieden, Ruhe, Wertschätzung, Liebe usw. Würde man diese einmal thematisieren und ernst nehmen, käme man viel öfter zu guten und kostengünstigeren Lösungen als der teuren Inanspruchnahme von Gerichten.





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