Der Gesetzgeber hat die Ersatzfreiheitsstrafe halbiert

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In deutschen Haftanstalten sitzen unzählige Personen, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlt haben. So sitzen bundesweit jedes Jahr mehr als Tausend Personen ihre Geldstrafen wegen Erschleichen von Leistungen (sogenanntes Schwarzfahren) ab. Diese Strafvollstreckung kostet den Bundesländern  enorme Summen. 

Zur Entlasung der Haftanstalten hat der Gesetzgeber jetzt die Regelungen zur Ersatzfreiheitsstrafe geändert.

Im deutschen Strafrecht werden bei kleineren Vergehen in der Regel Geldstrafen als Sanktion verhängt, teilweise geschieht die auch ohne Gerichtsverhandlung mittels eines Strafbefehls. Am Aktenzeichen des Gerichtsverfahrens kann ein Insider sofort erkennen, ob das Verfahren mit einem Strafbefehl beendet wurde. Bei einem „Cs“ -Aktenzeichen hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragt.

Die Höhe der Geldstrafe ergibt sich aus der Höhe des Tagessatzes multipliziert mit der Anzahl der Tagessätze. Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nicht nach dem krimiellen Unrecht sondern ausschließlich nach dem individuellen Einkommen.  Allerdings wird das Einkommen von der Staatsanwaltschaft häufig auch nur geschätzt, teilweise viel zu niedrig oder viel zu hoch im Verhältnis zum tatsächlichen Einkommen. 

Der Verurteilte kann dann natürlich auch Ratenzahlungen beantragen. Wenn diese zuverlässig - wie von der Staatsanwaltschaft genehmigt - eingehalten werden, ist alles in Ordnung.

Der Verurteilte kann bei der Staatsanwaltschaft – als zuständige Strafvollstreckungsbehörde – auch beantragen,  die verhängte Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeitableisten zu können.

Wenn allerdings weder die Geldstrafe gezahlt noch die Strafe  durch gemeinnützige Arbeit getilgt wird, ist nach dem Gesetz die Geldstrafe abzusitzen; das nennt sich dann Ersatzfreiheitsstrafe.

Bisher - für Verurteilungen vor dem 01.02.2024 - galt hierbei : für jeden nicht gezahlten Tagessatz muss der Verurteilte für einen Tag ins Gefängnis. Die Umrechnung von Geld-  zu Haftstrafe erfolgte also im Verhältnis1:1.

Diese Regelung hat der Gesetzgeber zum 01.02.2024 geändert.

Ab sofort – also für Verurteilungen nach dem 01.02.2024 gilt Folgendes: Zwei Tagessätze der Geldstrafe  entsprechen nun einem Tag Haft. Die sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe hat sich somit halbiert.  Aus einer Geldstrafe von beispielsweise 60 Tagessätzen werden also künftig 30 Tage Haft.

Daneben hat der Gesetzgeber bei der Änderung des Gesetzes der Staatsanwaltschaft die Pflicht auferlegt, die zu einer Geldstrafe Verurteilten aktiv auf mögliche Zahlungserleichterungen (u. a. Ratenzahlung) und die Möglichkeit des Ableistens der Strafe durch gemeinnützige Arbeit hinzuweisen. 

Bereits bei Verkündung enes Urteils oder Erhalts eines Strafbefehls sollte jeder Verurteilte mit seinem Strafverteidiger besprechen, wie die Geldstrafe beglichen wird oder diese durch gemeinnützige Arbeit getilgt werden soll. Verurteilte ohne Strafverteidiger können sich bei den örtlich zuständigen sozialen Diensten der Justiz Hilfe holen.

Eine Ersatzfreiheitsstrafe lässt sich somit künftig häufiger vermeiden.


Ulli H. Boldt

Rechtsanwalt

Berlin-Dresden


Zur besseren Lesbarkeit verzichte ich auf das Gendern; gemeint sind immer alle Geschlechter.


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