Der Logistiker und das Lieferkettengesetz

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Anfang des Jahres ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, auch kurz Lieferkettengesetz genannt, in Kraft getreten.


Das betrifft doch nur die großen Textilunternehmen, die darauf achten sollen, dass ihre Zulieferer in Bangladesch oder so keine Kinder ausbeuten oder giftige Chemikalien  in die Flüsse leiten, meinen Sie. Was habe ich als deutsches Logistikunternehmen denn damit zu tun? Ich beute keine Kinder aus und ich leite auch keine giftigen Chemikalien in die Flüsse.


Weit gefehlt. Wenn Sie als Logistiker auch für größere Handelsunternehmen (zB aus der Textilindustrie)  tätig sind, müssen Sie damit rechnen, dass Ihnen Ihr Vertragspartner früher oder später eine „Vereinbarung zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ vorlegt und von Ihnen verlangt, diese zu unterschreiben, wenn Sie (weiter) für ihn tätig sein wollen.


Grund genug, sich mit diesem Thema etwas näher zu beschäftigen.


1. Für wen gilt das Lieferkettengesetz?


a) Größe, Rechtsform


Nun, direkt anzuwenden ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) auf Unternehmen, die zB ihre Hauptniederlassung oder ihren Sitz in Deutschland haben und in der Regel mindestens 3000 Arbeitnehmer beschäftigen. Ab dem 1. Januar 2024 wird dieser Schwellenwert auf 1000 Arbeitnehmer reduziert.


Die Rechsform spielt dabei keine Rolle (AG, GmbH, OHG, KG, UG, GbR oder was auch immer).


Innerhalb von verbundenen Unternehmen (Konzernen) sind die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehörigen Gesellschaften zu berücksichtigen, also zusammenzuzählen.


Na also, hab ich doch gesagt: Gilt für mich nicht, da ich keine 1000 und schon gar keine 3000 Mitarbeiter beschäftige, wenden Sie ein.


Vorsicht! Auch wenn Sie aufgrund der Mitarbeiterzahl nicht direkt unter den Anwendungsbereich des Lieferkettengesetzes fallen, kann es eben doch sein, dass  Ihr Vertragspartner, also zum Beispiel der große Textilkonzern, für den Sie die Logistikleistungen erbringen, darunter fällt. Und dann ist dieser verpflichtet, darauf zu achten, dass in seiner Lieferkette keine Verstöße vorkommen.


b) Zulieferer, Dienstleister


Aber ich „liefere“ doch gar nichts, sondern erbringe nur logistische Dienstleistungen, sagen Sie.


Ja schon, „Zulieferer“ sind Sie nicht, aber das Lieferkettensorgfaltsflichtengesetz umfasst eben nicht nur die Lieferung von Waren, sondern auch die Erbringung von Dienstleistungen.


Unmittelbarer Zulieferer, zum Beispiel eines Textilkonzerns, im Sinne des Gesetzes ist daher nicht nur ein Lieferant, sondern eben auch ein Dienstleister, und dazu zählt die Logistik sehr wohl.


2. Worum geht es beim Lieferkettengesetz?


Das Lieferkettengesetz dient, um es einmal auf die wichtigsten Schlagworte zu reduzieren, folgenden Zielen:


- Schutz vor Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung


- Arbeits- und Gesundheitsschutz


- Recht auf faire Löhne


- Recht, Gewerkschaften zu bilden


- Schutz vor umweltrechtlichen Verstößen.


Es liegt auf der Hand, dass diese Bereiche auch für die Logistik relevant sind, zum Beispiel im Hinblick auf die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns.


3. Kann oder muss der Logistiker daher alles unterschreiben, was ihm sein Vertragspartner als Verpflichtungserklärung vorlegt?


Nein. Wie bei allen Verträgen sollten Sie vorher genau lesen, was Sie unterschreiben und wozu Sie sich verpflichten.


Achten Sie darauf, dass das LkSG nicht als Vorwand verwendet wird, um vertraglich vereinbarte Konditionen zu ändern oder nachzuverhandeln.


4. Beispiel Kündigung


Das gilt zum Beispiel für die Kündigungsklausel. Vorsicht ist geboten, wenn in der Verpflichtungserklärung beispielsweise steht, dass der Vertragspartner den Logistikvertrag im Falle eines Verstoßes gegen das LkSG ohne weiteres aus wichtigem Grund fristlos kündigen kann.


Eine Kündigung der Vertragsbeziehung ist nach dem Lieferkettengesetz nämlich nur geboten, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:


- Verletzung einer geschützten Rechtsposition oder einer umweltbezogenen Pflicht, die als sehr schwerwiegend bewertet wird, und


 - wenn die Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen nach Ablauf  einer festgelegten Zeit keine Abhilfe bewirkt und


- wenn dem Unternehmen keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen.


Die Kündigung ist also auch in diesem Fall nur ultima ratio. Zu mehr als zu dem, wozu das Lieferkettengesetz verpflichtet, sollten Sie sich daher auch in Ihrer Erklärung gegenüber dem Vertragspartner nicht verpflichten.


5. Fazit


Das Lieferkettengesetz ist im Prinzip eine gute Sache. Es stärkt die Menschenrechte und dient dem Umweltschutz. Alle sollten dazu beitragen, dass die vom Gesetz verfolgten Ziele erreicht werden. Auch der Logistiker.


Man muss nur bei der Unterzeichnung von Verpflichtungserklärungen gegenüber seinem Vertragspartner darauf aufpassen, dass das Gesetz nicht als Vehikel benutzt wird, um sich zB weiterreichende Kündigungsmöglichkeiten auszubedingen, die das Gesetz selbst gar nicht verlangt.



Dr. Wolfgang Gottwald

Rechtsanwalt


Foto(s): wogo


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