Der Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers

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Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses gegenüber seinem Arbeitgeber. Zu unterscheiden ist zwischen einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnissen. Denkbar sind auch sogenannte Zwischenzeugnisse, die während einem laufenden Arbeitsverhältnis erstellt werden.

Dieser Beitrag befasst sich mit der Frage, wie ein solches Arbeitszeugnis auszusehen hat und wie gegebenenfalls der Zeugnisanspruch durchgesetzt werden kann. Außerdem wird die Frage erörtert, wie unrichtige Darstellungen korrigiert werden können.

Grundlagen des Zeugnisanspruchs

Der Anspruch des Arbeitnehmers (und die korrespondierende Pflicht des Arbeitgebers) sind in § 109 der Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Für sonstige Dienstverpflichtete ist § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einschlägig. Der Zeugnisanspruch des Auszubildenden ist in § 16 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) geregelt. 

Diese Norm legt unter anderem fest, dass das Zeugnis in schriftlicher Form zu erteilen ist. Außerdem muss das Zeugnis §klar und verständlich formuliert sein" (§ 106 Abs. 2 Satz 1 GewO). Die Erteilung eines Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen (§ 106 Abs. 3 GewO). 

Warum ist das Arbeitszeugnis wichtig?

Das Arbeitszeugnis ist ein wichtiger Faktor im Rahmen der beruflichen Entwicklung des Arbeitnehmers. Arbeitszeugnisse werden üblicherweise im Rahmen von Bewerbungen vorgelegt und dienen einem potentiellen Arbeitgeber dazu, die Stärken und Fähigkeiten eines Bewerbers einzuschätzen. Wer tatsächlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird kann durchaus auch von den Inhalten der Arbeitszeugnisse abhängen. 

Wer muss das Zeugnis ausstellen?

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) trifft die Pflicht, das Arbeitszeugnis auszustellen, den Arbeitgeber in Person (vgl. etwa BAG vom 29. Januar 1986, AP TV AL II § 48 Nr. 2). Bei juristischen Personen sind es die gesetzlichen Vertreter.

Grundsätzlich kann diese Pflicht auf einen Bevollmächtigten übertragen werden. Wer im Einzelnen als Bevollmächtigter in Betracht kommt hängt von der Person ab, die das Zeugnis erhalten soll.

Eine Übertragung der Pflicht auf unternehmensfremde Personen ist regelmäßig nicht möglich.

Arten von Zeugnissen

Die gesetzliche Regelung in § 109 Abs. 1 GewO unterscheidet zwischen einfachen und qualifizierten Zeugnissen. 

In einem einfachen Zeugnis werden nur die Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer genannt. Dabei sind die ausgeübten Tätigkeiten vollständig und genau zu beschreiben. 

Demgegenüber werden in einem qualifizierten Zeugnis auch Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers bewertet. Um sich ein Bild von einem Bewerber machen zu können ist daher das qualifizierte Zeugnis für einen potentiellen Arbeitgeber regelmäßig vorzugswürdig. 

Der Arbeitnehmer hat zwar ein Wahlrecht zwischen den beiden Zeugnisarten, muss sich aber auch entscheiden. Er kann nicht beide Zeugnisse verlangen.
Unter Umständen kann, wenn zunächst ein einfaches Zeugnis verlangt wurde, eine nachwirkende Vertragspflicht anzunehmen sein, die den Arbeitgeber verpflichtet, ein qualifiziertes Zeugnis zu erstellen.

Wann habe ich Anspruch auf ein Zeugnis?

Grundsätzlich ist das Zeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erteilen. Der Arbeitgeber kann den Zeugnisanspruch aber erst dann erfüllen, wenn der Arbeitnehmer sein Wahlrecht (s. o.) ausgeübt hat.

Das Arbeitszeugnis im Detail

Die Form des Zeugnisses

Bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses sind verschiedene Formvorschriften einzuhalten. 

Schriftform
Zunächst einmal ist das Arbeitszeugnis zwingend schriftlich zu erstellen. Die elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen. Erforderlich ist zur Wahrung auch die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers mit einem dokumentenechten Stift. Dabei muss die Unterschrift der Üblichkeit entsprechen. 

Das Zeugnis ist in deutscher Sprache abzufassen.

Angabe des Ausstellers
Das Zeugnis muss den Aussteller erkennen lassen, was mindestens eine kurze Charakterisierung der Branche erfordert, in der der Arbeitgeber tätig ist. Meist werden aber umfangreichere Ausführungen gemacht.

Datumsangabe
Das Zeugnis muss stets ein Datum tragen. Regelmäßig ist dies das Datum der Ausstellung. Ein nachträglich berichtigtes Zeugnis hat das Datum des Ursprungszeugnis zu tragen, es sei denn, der Arbeitnehmer hätte die verspätete Ausstellung zu vertreten.

Weitere formale Vorgaben
Es ist nicht erforderlich, dass das Schriftstück die Überschrift "Zeugnis" trägt. 

Der vollständige Name (ggf. inklusive des Geburtsnamens) des Arbeitnehmers ist ebenso aufzuführen wie dessen akademische Grade.
Geburtsdatum, Geburtsort, genaue Anschrift und Berufsangabe dürfen aufgenommen werden.

Das Zeugnis muss sauber und ordentlich verfasst sein, Maschinenschrift ist üblich und sinnvoll. Flecken, Verbesserungen und Ähnliches dürfen nicht vorhanden sein. Schreibfehler sind hinzunehmen, soweit nicht die Bewerbungsaussichten hierdurch negativ beeinflusst werden können. 

Wird üblicherweise ein Briefkopf oder Geschäftspapier verwendet, so hat dies auch bei einem Zeugnis zu erfolgen. 

Geheimzeichen waren, sind und bleiben verboten. Diese kommen in unterschiedlichster Form vor, eine vollständige Darstellung würde den Rahmen dieses Rechtstipps sprengen.

Der Inhalt des Zeugnisses

Als einheitliche Grundsätze sind die Einheitlichkeit, Vollständigkeit und Wahrheit des Zeugnisses anerkannt. 

Wortwahl und Gliederung bestimmt der Aussteller, es ist jedoch der wohlwollende Maßstab eines verständigen Arbeitgebers anzulegen.

Die Einheitlichkeit verlangt, dass der Zeugnisanspruch in einem einheitlichen Dokument erfüllt wird. 

Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit muss das Zeugnis alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Einschätzung des Arbeitnehmers durch einen Dritten von Bedeutung sind. Das Zeugnis muss daher nicht nur vollständig, sondern auch genau sein.
Die Vollständigkeit schließt Angaben zu Fortbildungsmaßnahmen ein, wenn diese für die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind.
Nicht anzugeben sind Mitgliedschaften im Betriebs- oder Personalrat.

Der Grundsatz der Zeugniswahrheit fordert die objektive Richtigkeit des Zeugnisses, sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach dem Sachzusammenhang. Dabei darf nicht nur nichts Falsches in dem Zeugnis enthalten sein, es darf auch nichts weggelassen werden, das der Leser erwarten darf. 

Die Wahrheitspflicht steht dabei stets in einem Spannungsverhältnis mit der Pflicht zur wohlwollenden Formulierung. 

Bei einem qualifizierten Zeugnis ist eine zusammenfassende Beurteilung der Leistung notwendig.
In der Praxis hat sich hierfür eine fünfstufige Notenskala herausgebildet, wobei die Darstellung nicht mit einer Note endet. Vielmehr sind Umschreibungen vorherrschend, die wiederum Auslegungsmöglichkeiten eröffnen. Für einzelne Bewertungen haben sich spezielle Formulierungen etabliert, die aber immer auch im Kontext des gesamten Zeugnisses zu sehen sind. Oft kommt es auf einzelne Worte an. So kann der Zusatz "stets" den Unterschied zwischen einer befriedigenden und einer guten Leistung bedeuten.
Einzelne Formulierungen werden hier bewusst nicht dargestellt, weil eine Auflistung nicht vollständig sein könnte und weil die Formulierungen wiederum im Kontext gelesen werden müssen, um eine vollständige Bewertung des Zeugnisses zu ermöglichen.

Neben der Bewertung von Leistung und Verhalten ist eine Schlussformel üblich, mit der besonderer Dank ausgedrückt werden kann, außerdem das Bedauern über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und gute Wünsche für die Zukunft.

Wie komme ich an mein Arbeitszeugnis?

Das Arbeitszeugnis ist – wie andere Arbeitspapiere auch – grundsätzlich von dem Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber abzuholen. Tatsächlich erfolgt aber auch häufig eine Zusendung an den Arbeitnehmer.

Zwischenzeugnis

Nach der gesetzlichen Regelung in § 109 GewO besteht kein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, ein solcher kann sich aber aus tarifvertraglichen Regelungen ergeben. 

Ein Zwischenzeugnis ist dabei ein Arbeitszeugnis, das nicht aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern noch während dem laufenden Arbeitsverhältnis erstellt wird. Dabei wird zum Teil ein "triftiger Grund" verlangt. Ein solcher kann etwa gegeben sein, wenn sich das Arbeitsverhältnis substantiell ändert.

Abschließende Bemerkungen

Der Zeugnisanspruch unterliegt der regelmäßigen, dreijährigen Verjährungsfrist. Darüber hinaus kann er aber auch von tariflichen Ausschlussfristen erfasst sein, wodurch er wesentlich früher nicht mehr geltend gemacht werden kann. Hier ist zügiges Handeln erforderlich. 

Erfüllt der Arbeitgeber den Zeugnisanspruch des Arbeitgebers nicht oder nicht ordnungsgemäß, so können zunächst Berichtigungsansprüche des Arbeitnehmers bestehen, die auch gerichtlich durchgesetzt werden können.

Dritte – etwa potentielle andere Arbeitgeber – können Schadensersatzansprüche gegenüber dem Aussteller haben.

Die Überprüfung eines Arbeitszeugnisses sollte stets in Erwägung gezogen werden. Die einzelnen Formulierungen und ihr Zusammenspiel müssen im Einzelfall betrachtet und bewertet werden, um zutreffend die tatsächliche Zeugnisnote zu ermitteln. Nur nach einer solchen Überprüfung kann der Arbeitnehmer überhaupt etwaige Berichtigungsansprüche in Betracht ziehen. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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