Deutscher Pass für Kind einer indischen Leihmutter

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Das Oberverwaltungsgericht in Münster gab in seinem Urteil einem Vater Recht, dem bislang ein deutscher Pass für sein sechsjähriges Kind verweigert wurde. Damit kippten die Richter den bisher geltenden Grundsatz, dass nach deutschem Recht der Ehemann der Mutter als Kindsvater gilt, auch wenn er es biologisch gar nicht ist. Die Richter folgen damit einer Rechtsprechungsentwicklung des Bundesgerichtshofs.

Leihmutterschaft in Deutschland verboten

Die grundsätzlich einfache Frage der deutschen Staatsbürgerschaft wurde für die Richter in Münster aufgrund der einzigartigen Umstände des Falles zu einem schwierigen Unterfangen.

Der sechsjährige Junge wurde von einer indischen Leihmutter geboren. Der biologische Vater ist ein deutscher Staatsbürger, der mit seinem Lebenspartner und deren, mittlerweile sechs Kindern, in Israel lebt. Nach dem in Deutschland geltenden Abstammungsprinzip wird ein Kind in der Regel Deutsche oder Deutscher, wenn mindestens ein Elternteil, wie im vorliegenden Fall, bereits die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.

Dieses Verfahren war aber gerade deshalb schwierig, weil die indische Leihmutter verheiratet ist. Nach deutschem Recht gilt, dass der Ehemann der Mutter automatisch rechtlicher Vater wird, auch wenn er es biologisch nicht ist. Demnach wäre der Ehemann der indischen Leihmutter als rechtlicher Vater anzusehen und eine deutsche Staatsbürgerschaft nach dem Abstammungsprinzip für das sechsjährige Kind ausgeschlossen.

Zudem ist es in Deutschland verboten, dass Leihmütter Kinder austragen. Daher wurde dem Kläger ein deutscher Pass für seinen Sohn bisher von den Behörden verweigert.

Präzedenzfall für verheiratete Leihmütter

Zu diesen besonderen Umständen gebe es bislang keine Rechtsprechung, betonten die Richter am Oberverwaltungsgericht.

In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht in Köln die behördliche Entscheidung gegen einen deutschen Pass bestätigt.

Zusätzlich erschwert hatte aber auch das Verhalten des leiblichen Vaters; er hatte jahrelang die Auskunft zu der Leihmutter in Indien verweigert. Erst nachdem das Oberlandesgericht nun in seinem Verfahren Druck ausgeübt hatte, hatte der Vater sämtliche Unterlagen zu der Leihmutterschaft freiwillig herausgegeben. Deutlich wurde daraufhin, dass die Absprachen mit dem Ehepaar in Indien fair abgelaufen waren. Weder wurde Druck ausgeübt, noch eine Notlage der Familie ausgenutzt.

Das Oberverwaltungsgericht kippte daraufhin mit seiner Entscheidung von 14.07.2016 die Handhabe der Behörden zugunsten des Kindeswohles und entgegen der deutschen Grundsätze zum Thema Staatsangehörigkeit und Vaterschaft.

Besonders entscheidend für den Ausgang des Verfahrens war, dass der Junge in einem intakten sozialen Familienumfeld lebt. Dies war ausschlaggebend, um dem Begehren des Kindes entgegen der gesetzlichen Normierungen zu folgen. Die Richter folgten damit der Entwicklung des obersten Bundegerichtshofes, der in seinen letzten Entscheidungen vermehrt das Kindeswohl und gesellschaftliche Tatsachen über deutsche Normen stellte.

BGH stellt sich auf die Seite von homosexuellen Eltern

Der BGH stärkte in seinen vergangenen Entscheidungen vermehrt die Rechte homosexueller Eltern.

2016 entschieden die Richter, dass ein Standesamt in Berlin ein lesbisches Ehepaar als Eltern in das Geburtenregister eintragen musste. Die eine Partnerin brachte infolge einer künstlichen Befruchtung ein Kind zur Welt. Die Ehefrau, eine Deutsche, wurde aufgrund der Ehe kraft südafrikanischen Rechts ebenfalls Mutter des Kindes, eine sogenannte Co-Mutter. In Deutschland begehrte das Ehepaar die Eintragung der Geburt ins Geburtenregister. Nach einem langwierigen Rechtsstreit gab der Bundesgerichtshof den beiden Frauen Recht und stellte fest, dass die südafrikanische Regelung in Deutschland anerkannt werden müsse.


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