Deutschland räumt jetzt auf: Das Dublin-Verfahren und seine Folgen
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Deutschland räumt jetzt auf: Das Dublin-Verfahren und seine Folgen
Deutschland setzt zunehmend auf eine konsequentere Anwendung des Dublin-Verfahrens im Asylrecht. Dabei wird geprüft, ob ein Asylbewerber bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurde und somit nicht Deutschland, sondern der andere Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Doch was genau bedeutet ein Dublin-Bescheid, was passiert, wenn man dagegen vorgeht, und welche Folgen hat die Einstellung eines Dublin-Verfahrens?
Was ist ein Dublin-Bescheid?
Ein Dublin-Bescheid ist eine behördliche Entscheidung, die einem Asylbewerber mitteilt, dass Deutschland nicht für seinen Asylantrag zuständig ist und er in einen anderen EU-Staat überstellt wird. Dies geschieht auf Grundlage der sogenannten Dublin-III-Verordnung, die regelt, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist.
Mit dem Begriff Dublin-Verfahren ist genau gesagt die EU-Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - auch Dublin-III-Verordnung genannt - gemeint. Ergänzt wurde die Verordnung im März 2014 mit der EU-Verordnung Nr. 118/2014.
Die unter der Bezeichnung "Dublin-Verfahren" bekannte Verordnung soll die Migration in die Europäische Union und innerhalb der EU regeln.
Gemäß Artikel 16a des Grundgesetzes haben Asylsuchende keinen Anspruch auf Asyl in Deutschland, wenn sie aus einem anderen Mitgliedstaat der EU einreisen oder aus einem sogenannten "sicheren Drittstaat" kommen. Damit sind Länder gemeint, in denen "die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist". Da Deutschland ausschließlich von Ländern umgeben ist, die diese Voraussetzungen erfüllen, kann laut Grundgesetz eigentlich niemand, der auf dem Landweg nach Deutschland kommt, hier Asyl beantragen. Gemäß §18 Abs. 2 des Asylgesetzes ist dem Einreisewilligen sogar die Einreise zu verweigern.
Der gleiche Paragraph weist jedoch in Absatz 4 darauf hin, in welchen Fällen von einer Einreiseverweigerung oder Zurückschiebung abzusehen ist. Diese Fälle sind gegeben, wenn Deutschland aufgrund von "Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist". Zudem kann das Bundesministerium des Innern das Absehen von einer Einreiseverweigerung oder einer Zurückschiebung "aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland" anordnen.
Europarecht überlagert also in vielen Fällen das deutsche Asylrecht. Das schafft Probleme, denn selbst Experten sind sich uneins bei der Auslegung der europäischen und völkerrechtlichen Regeln. So können sich die meisten Flüchtlinge zwar auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen oder erhalten subsidiären Schutz als Bürgerkriegsflüchtlinge. Eine solche Rechtsvorschrift der Europäischen Gemeinschaft ist die Dublin-III-Verordnung. Die Genfer Flüchtlingskonvention wie auch der subsidiäre Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge sind gleichermaßen deutsches wie auch europäisches Recht. Dennoch hat ein Flüchtling eigentlich keinen Anspruch darauf, explizit in Deutschland aufgenommen zu werden.
Die Dublin-III-Verordnung sollte Zuständigkeit regeln
Die Idee hinter der Dublin-III-Verordnung aus dem Jahr 2013 war eigentlich die Koordination der Zuständigkeit für Flüchtlinge.
Es sollte mit der Verordnung vermieden werden, dass Flüchtlinge wahllos durch ganz Europa ziehen und sich kein Land für das Asylverfahren zuständig fühlt.
Gedacht war, dass in jedem Einzelfall die EU-Mitgliedstaaten feststellen, welches Land jeweils für einen Asylsuchenden zuständig ist. Der Asylsuchende sollte dann in dieses Land überstellt werden. Kurz zusammengefasst war der Plan, dass immer das Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem der Flüchtling zum ersten Mal den EU-Boden betreten hat.
Somit wären eigentlich alle Staaten an den EU-Außengrenzen, also etwa Griechenland, Italien oder Ungarn, zuständig. Das Problem: Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen und zunehmender Migration nach Deutschland werden viele Einreisende in Griechenland, Italien und anderen Staaten an der EU-Außengrenze bei der Einreise gar nicht registriert.
Ohne Registrierung lässt sich jedoch später nicht feststellen, wo ein Flüchtling EU-Boden das erste Mal betreten hat. Und auch diesen Fall regelt das Dublin-Verfahren: Kann nicht festgestellt werden, wo ein Flüchtling in die EU eingereist ist, ist das Land für das Asylverfahren zuständig, in dem der Betreffende das erste Mal Asyl beantragt.
Somit regelt die Dublin-III-Verordnung, dass auch Deutschland Asylverfahren durchführen muss, wenn Migranten oder Flüchtlinge hier einen Asylantrag stellen – auch wenn sie über andere Länder in die EU eingereist sind, aber dort nicht registriert wurden.
Klage gegen einen Dublin-Bescheid
Asylbewerber haben die Möglichkeit, gegen einen Dublin-Bescheid eine Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen. Wird eine solche Klage erhoben, kann das Gericht über die Rechtmäßigkeit der Überstellung entscheiden. Dabei gibt es strenge Fristen: Die Klage muss in der Regel innerhalb einer Woche nach Erhalt des Bescheids eingereicht werden.
Einstellung des Dublin-Verfahrens – Was passiert dann?
Wird das Dublin-Verfahren eingestellt – beispielsweise weil die Abschiebung in den zuständigen EU-Staat nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten durchgeführt wurde – übernimmt Deutschland die Verantwortung für das Asylverfahren. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass ein Aufenthaltstitel gewährt wird. Vielmehr beginnt nun das reguläre Asylverfahren in Deutschland, bei dem der Antrag inhaltlich geprüft wird. Eine Ablehnung ist weiterhin möglich, was zu einer Abschiebung in das Herkunftsland führen kann.
Häufige Fehler ohne anwaltliche Hilfe
Ohne rechtliche Unterstützung begehen viele Betroffene schwerwiegende Fehler, die ihre Chancen auf ein erfolgreiches Verfahren erheblich verschlechtern. Dazu gehören:
Versäumung von Fristen
Unzureichend begründete Klagen
Fehlinterpretation des Dublin-Verfahrens als sichere Aufenthaltsperspektive
Mangelnde Kenntnis über alternative Schutzmöglichkeiten
Daher ist es dringend ratsam, sich frühzeitig von einem erfahrenen Anwalt beraten zu lassen, um die bestmöglichen rechtlichen Schritte einzuleiten.
Fazit:Deutschland setzt vermehrt auf die konsequente Anwendung der Dublin-Verordnung. Wer gegen einen Dublin-Bescheid vorgeht, muss sich der kurzen Fristen und der Risiken bewusst sein. Eine Einstellung des Dublin-Verfahrens führt nicht automatisch zu einem sicheren Aufenthalt. Um fatale Fehler zu vermeiden, ist eine professionelle anwaltliche Beratung unverzichtbar.
Ich, Mustafa Ertunc, bin als erfahrener Strafverteidiger und Anwalt für Asyl- und Aufenthaltsrecht bundesweit tätig. Kontaktieren Sie mich unter info@rechtsanwalt-ertunc.de oder telefonisch unter 0421 16108826 für eine kompetente Beratung und Vertretung in Ihrem Verfahren.
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