Die Abwicklung des gekündigten Bauvertrages
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Eine Kündigung ist für viele Auftragnehmer als auch für Auftraggeber eine Stresssituation bei der viel falsch gemacht wird. Zunächst einmal ist ganz entscheidend, dass richtig gekündigt wird. Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die das Vertragsverhältnis für die Zukunft beendet. Seit der Reform des Bauvertragsrechts im Jahr 2018 ist eine Kündigung nur noch in Schriftform zulässig. Das ist in § 650h BGB bzw. § 8 Abs. 6 VOB/B geregelt. Bereits hier werden eklatante Fehler gemacht. Schriftform heißt, dass dem Vertragspartner, dem gekündigt werden soll, das Original mit der Namensunterschrift zugeht. Dies ist ganz entscheidend. Deshalb kann ein solches Dokument nur per Bote oder per Post übersandt werden. Andere, insbesondere moderne Übermittlungswege, scheiden dafür definitiv aus. Telefax und Mail kommen keinesfalls in Frage, auch wenn man die Kündigung einscannt und der Gegenseite zumailt. Damit ist die Schriftform nicht gewahrt! Das Original mit Namensunterschrift muss zugehen! Es sei ausdrücklich davor gewarnt, hier irgendwelche Abkürzungen vorzunehmen. Denn die Folge ist ganz einfach, dass die ausgesprochene Kündigung dann formunwirksam ist und eben keine Rechtsfolgen entfaltet. Das bedeutet, dass das Vertragsverhältnis eben nicht beendet wurde, was man eigentlich nicht angestrebt hatte.
Mit der Kündigung entfallen die Leistungsverpflichtungen für den bis zur Kündigung noch nicht erbrachten Teil. Der Gegenstand des Werkvertrags beschränkt sich dann nur auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen. Das bedeutet, dass hier klar zwischen dem erbrachten Leistungsteil und dem nicht erbrachten Leistungsteil unterschieden werden muss. Bis zur Kündigung erhält der Auftragnehmer für die von ihm erbrachten Leistungen auf jeden Fall seinen Werklohn. Für den nicht erbrachten Leistungsteil ist fraglich, ob der Auftragnehmer hierfür eine Vergütung verlangen kann. Das ist abhängig davon, ob der Auftraggeber dem Auftragnehmer frei oder aus wichtigem Grund gekündigt hat. Bei einer freien Kündigung, also einer Kündigung, zu der der Auftragnehmer keinen Anlass gegeben hat, kann der Auftragnehmer eine Zahlung verlangen. Das ergibt sich sowohl aus § 648 BGB als auch aus § 8 Abs. 1 Abs. 2 VOB/B. Es kommt vielfach in der Praxis vor, dass der Auftraggeber den Vertrag einfach beendet, da er das Bauvorhaben nicht fortführen will, egal aus welchen Gründen. Dann geraten viele Auftragnehmer in Panik. Das muss nicht sein. Vielen Auftraggebern ist nicht bewusst, dass man sich aus einem Vertragsverhältnis nicht einfach so verabschieden kann. Die Konsequenz bei einem frei gekündigten Vertrag ist, dass der Auftragnehmer für den nicht erbrachten Leistungsteil der volle Vergütungsanspruch abzüglich ersparter Aufwendungen zusteht. Meistens sind nur Materialkosten erspart. Lohnkosten eben nicht, sodass sich der Auftragnehmer nur die Materialkosten als Abzugsposten gefallen lassen muss. Hier geht es auch nicht nur um den entgangenen Gewinn, was immer in der Praxis dargestellt wird. Vielmehr bekommt der Auftragnehmer mehr als den entgangenen Gewinn bei einer freien Kündigung des Vertrages. Denn hierzu gehört sowohl der Gewinn, das Wagnis, Allgemeine Geschäftskosten als auch die Lohnkosten, die der Auftragnehmer erzielen kann. Deshalb kann man sich als Auftragnehmer über eine freie Kündigung des Bauvertrags freuen, da es dann Geld gibt, auch wenn man keine Leistung erbracht hat. Das ist vielen Auftraggebern als auch Auftragnehmer überhaupt nicht klar. Diese Regelung ist beim Werkvertrag einmalig und gibt es bei anderen Vertragsverhältnissen, wie Kaufvertrag, Mietvertrag oder Arbeitsvertrag eben nicht.
Im Gegensatz zu einer freien Kündigung gibt es noch die Kündigung aus wichtigem Grund. Hier liegen die Kündigungsgründe in dem Verhalten oder der Person des Auftragnehmers. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Auftragnehmer nicht seiner Herstellungsverpflichtung nachkommt und entweder die Arbeitsaufnahme verweigert oder die vertraglichen Arbeiten nicht fortsetzt. Auch Beleidigungen oder Tätlichkeiten, die nicht selten auf der Baustelle vorkommen, können eine Kündigung begründen.
Die Kündigungsfolgen bei einer Kündigung aus wichtigem Grund sind dann, dass der Auftragnehmer für den noch nicht erbrachten Leistungsteil eben keine Vergütung erhält. Deshalb muss man unterscheiden, ob eine freie Kündigung oder eine Kündigung aus wichtigem Grund vorliegt. Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund muss man unbedingt alle formellen Voraussetzungen als Kündigender einhalten. Das bedeutet bei einer Kündigung aus wichtigem Grund immer, dass grundsätzlich vorher eine Frist gesetzt wurde, um den Vertragsgegner zu einer vertragsgemäßen Leistung zu bewegen. Eine Kündigung sollte nach der Rechtsprechung immer nur ultima ratio, also allerletztes Mittel sein. Es sei ausdrücklich davor gewarnt, das Vertragsverhältnis ohne eine solche vorherige Fristsetzung zu kündigen, da dann die Kündigung aus wichtigem Grund unwirksam ist und sich dann rechtlich die Frage stellt, ob eine freie Kündigung vorliegt, was dazu führt, dass der Auftragnehmer auch für den nicht erbrachten Leistungsteil eine Vergütung erhält. Dies war bestimmt nicht das Ansinnen des Auftraggebers, der den Auftragnehmer aus wichtigem Grund kündigen wollte. Denn bei Kündigung aus wichtigem Grund ist das Vertragsverhältnis beendet und man kann als Auftraggeber dann hingehen, und ein Drittunternehmen mit der Fertigstellung der Leistungen beauftragen. Hier entstehen meistens Mehrkosten, die man gegenüber dem Auftragnehmer geltend machen kann. Vielfach entstehen auch durch die verspätete Fertigstellung Schadensersatzansprüche zugunsten des Auftraggebers, die man im Falle einer berechtigten Kündigung aus wichtigem Grund ebenfalls geltend machen kann. Diese Ansprüche des Auftraggebers übersteigen meistens den Werklohn für den erbrachten Leistungsteil des Auftragnehmers, sodass im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund der Auftragnehmer kein Geld mehr erhält, sondern vielmehr eine Zahlung erbringen muss.
Bei einer Kündigung, egal ob es sich um eine freie Kündigung oder eine Kündigung aus wichtigem Grund handelt, ist wichtig, dass der Auftragnehmer hierauf richtig reagiert. Natürlich kann der Auftragnehmer der Kündigung widersprechen, was jedoch keine Rechtsfolgen hat. Denn eine Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung. Bei Widerspruch hiergegen ist das Vertragsverhältnis trotzdem beendet. Wichtig ist für den Auftragnehmer immer, dass er sein erbrachten Leistungsteil feststellen lässt, da meist der Auftraggeber hingeht und die Leistung durch ein Drittunternehmen fertigstellen lässt. Dann ist immer die Frage, welcher Unternehmer dann welchen Leistungsteil erbracht hat. Deshalb darf der Auftragnehmer nach einer Kündigung niemals die Sache laufen lassen. Vielmehr muss er das Zepter in die Hand nehmen. Deshalb sollte man als Auftragnehmer nach einer auftraggeberseitigen Kündigung immer in einem Schreiben ein gemeinsames Aufmaß verlangen als auch die Abnahme verlangen. Als Auftragnehmer hat man ein Recht auf Abnahme, wenn die Leistung frei von wesentlichen Mängeln ist. Meist überwiegt in der Praxis der Ärger bei den Parteien über die Kündigung und dann wird nichts mehr gemacht, außer sich zu ärgern. Und das ist falsch! Deshalb sollte man den unbedingt das gemeinsame Aufmaß fordern, eine Niederschrift dazu anfertigen und auch eine Fotodokumentation anfertigen. Beweis ist alles! Die Abnahme ist wichtig, damit feststeht, ab wann der Gewährleistungszeitraum läuft. Viele Auftragnehmer denken, dass der Auftraggeber sowieso nicht reagieren wird. Darauf kommt es nicht an! Vielmehr muss der Auftragnehmer für einen eventuellen Rechtsstreit dem Gericht zeigen, dass er alle notwendigen Schritte unternommen hat.
Carsten Seeger
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