Die Erbengemeinschaft: Auskunfts- und Besitzrechte der einzelnen Erben

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Problemaufriss

Wenn der Erblasser (meist eine nahestehende Person) stirbt, stehen die Mitglieder einer Erbengemeinschaft - die Erben - vor der Aufgabe, die Vermögensangelegenheiten des Erblassers zu regeln. Aufgrund der verschiedensten Vermögenswerte, welche sich beim Erblasser angesammelt haben, kann dies zu unterschiedlichen Schwierigkeiten führen. Gleiches gilt für die Verbindlichkeiten des Erblassers.

Die Ermittlung des Nachlasses sowie die Ermittlung des Verbleibs der Nachlassgegenstände stellen oftmals erste große Hindernisse dar, welche die Möglichkeit der Geltendmachung des rechtmäßigen Erbes verhindern. Daneben treten oft persönliche Aspekte, wie Trauer, Unkenntnis des Rechts und mangelnde Zeit aufgrund des unaufhaltsamen Fortschreitens des eigenen Lebens.


In diesem Artikel sollen Auskunfts- und Besitzansprüche, von Miterben untereinander erläutert werden. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder eine abschließende Klärung von Rechtsproblemen. Er soll lediglich eine Sensibilisierung ermöglichen sowie einen erster Eindruck gewähren.


I. Auskunftsansprüche unter den Miterben

Als Erbe ist man grundsätzlich selbst in der Pflicht. Um Informationen von Gläubigern oder Schuldnern hinsichtlich des Vermögens des Erblassers zu erhalten, gibt das Gesetz den Erben die notwendige Rechtsstellung. Gegebenenfalls ist ein Erbschein zum Beweis der eigenen Erbenstellung zu beantragen und anschließend vorzulegen. Durch Vorlage des Erbscheins kann sich der Erbe ggü. Versicherungen, Banken, etc. legitimieren. 

Wenn eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) vorliegt, kann die Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts als Legitimation dienen.


Es gilt der Grundsatz: 

„Jede Information, die ein Erbe selbst einholen kann, ist zunächst auch in eigener Verantwortung vom Erben anzufordern.“


Allerdings kann es auch vorkommen, dass einzelne Erben - im Gegensatz zu ihren Miterben - nicht die Möglichkeiten haben, sich um den Nachlass und dessen Ermittlung zu kümmern.

Dies kann auf verschiedenen Gründen basieren:

  • räumliche Distanz zum Wohnsitz des Erblassers,
  • Erblasser hat mit einer Person zusammengelebt, welche den Nachlass nun in Besitz nimmt und für sich beansprucht,
  • Existenz einer - über den Tod hinausgehenden (postmortalen) - Vollmacht eines Miterben, welche zur umfassenden Regelung der Nachlassangelegenheiten durch diesen in Alleinstellung führt,
  • rein tatsächliche Ausgrenzung durch übrige Miterben (bspw. Verhinderung des Zutritts zur Wohnung des Erblassers)
  • ...

In diesen Fällen hat der Erbe gegenüber den anderen Miterben im Regelfall  Auskunftsansprüche. Ob die entsprechenden Voraussetzungen für die Geltendmachung und Durchsetzung der Auskunftsansprüche im Einzelfall vorliegen, ist einer individuellen Überprüfung vorzubehalten.


II. Ansprüche auf Einräumung des Mitbesitzes

Insbesondere bei großer räumlicher Distanz des Erben zum Erblasser oder wenn der Erblasser mit einer anderen Person in einem Haushalt gelebt hat, kommt es oftmals zu Komplikationen hinsichtlich der Erlangung und Erhaltung des tatsächlichen Besitzes an Nachlassgegenständen.


Das Eigentum und der Besitz geht im Rahmen der sog. Universalsukzession innerhalb einer juristischen Sekunde (also quasi sofort) nach dem Tod des Erblassers auf die Erben über. Allerdings wird diese Rechtsstellung oftmals durch das tatsächliche Handeln einzelner anderer Miterben beeinträchtigt. Allein durch tatsächliches Handeln kann dieses Besitzrecht faktisch entzogen werden.

Beispiele für eine Entziehung des Besitzrechts:

  • Miterben können Nachlassgegenstände einfach aus der Wohnung des Erblassers entnehmen und für sich beanspruchen. Diese maßen sich dann die Stellung eines Alleinerben an - das Verhalten ist rechtswidrig.
  • Die im Haushalt des Erblassers lebende Person kann die Nachlassgegenstände einfach weiterhin für sich selbst nutzen, ohne über das Vorhandensein dieser Gegenstände zu informieren.
  • Ein Miterbe kann die Immobilie des Erblassers in Alleinbesitz nehmen, durch Verweigerung der Herausgabe von Schlüsseln oder durch den Einbau von anderen Schlössern.

In solchen Fällen kann eine Einräumung des (Mit-) Besitzes an bekannten/ bestimmbaren Nachlassgegenständen gerichtlich - im Wege der einstweiligen Verfügung - durchgesetzt werden. Im Gegensatz zu einer Herausgabeklage kann der Anspruch relativ schnell (2 – 4 Wochen) durchgesetzt werden.


Falls die einzelnen Gegenstände unbekannt sind, ist der Nachlassbesitzer zunächst – ggf. gerichtlich - aufzufordern, Auskunft zu erteilen.

Welche Vorgehensweise im jeweiligen Fall die vielversprechendste ist, kann nur einem individuellen Beratungsgespräch vorbehalten bleiben.


Über Ihre Kontaktaufnahme würde ich mich freuen.


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