Die Familiengesellschaft als Instrument der Nachfolgeplanung

  • 8 Minuten Lesezeit

Einleitung

Möchte man sein Vermögen auf seine Kinder übertragen, denkt man häufig an die Erstellung eines Testaments oder an eine Schenkung. Diese beiden Möglichkeiten erfüllen in den meisten Fällen ihren Zweck, doch stellen sie insbesondere bei komplexen Vermögens- bzw. Familienverhältnissen nicht die ideale Lösung dar.

Zur Veranschaulichung der Thematik dient das folgende Beispiel:

 Frau F hat im Laufe ihrer langen und erfolgreichen Karriere ein beachtliches Vermögen angehäuft, das sie nun auf ihre beiden Töchter übertragen will. Allerdings plagen sie diesbezüglich einige Sorgen: Da ihre Töchter noch minderjährig sind, möchte sie die Kontrolle behalten und „ihr“ Vermögen auch noch in Zukunft nach ihren Belieben gestalten und umschichten. Ihre Töchter sollen erst zum richtigen Zeitpunkt an das Vermögen herangeführt werden. Außerdem hat sie den Wunsch, dass das Vermögen dauerhaft, möglichst über Generationen, in der Familie bleibt; ihre zukünftigen Schwiegersöhne sollen keinen Zugriff hierauf haben. Darüber hinaus möchte sie ihr Vermögen, insbesondere ihre zahlreichen Immobilien, zusammenhalten.

Das Testament und auch die Schenkung können ihren Wünschen nicht gerecht werden. Mit dem Vermögensübertrag würde sie ihre Verfügungs- und Nutzungsmöglichkeiten verlieren. Des Weiteren wäre das Vermögen nicht vor Außenstehenden geschützt und auch bestünde die Gefahr der Zerschlagung ihres Vermögens.

Als ein passendes Gestaltungsinstrument bietet sich für Frau F die Gründung einer vermögensverwaltenden Familiengesellschaft (auch: Familienpool) an. Hierbei handelt es sich um Gesellschaften, deren Gesellschaftsanteile ausschließlich oder überwiegend von den Angehörigen einer oder weniger Familien gehalten werden und bei denen alle oder einige Mitglieder der Familie maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaftsausführung ausüben. Die Familiengesellschaft ermöglicht eine flexible Verwaltung und auch langfristige Erhaltung des Familienvermögens.

Vorteile

Die Familiengesellschaft bietet im Gegensatz zu ihren Alternativen viele Vorteile und nur wenige Nachteile.

Der größte Vorteil der Familiengesellschaft ist die Vermögenskontrolle. Die Vermögenskontrolle beschreibt die Möglichkeit für den heutigen Vermögensinhaber sich durch entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags eine organisatorische Sonderstellung einräumen zu lassen.  So kann insbesondere sichergestellt werden, dass auch nachdem die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und damit das Vermögen an die Kinder oder sonstige Begünstige übertragen wurde, die Mehrheit der Stimmrechte und/oder die alleinige Geschäftsführungsbefugnis der heutige Vermögensinhaber behält. Letztlich führt dies dazu, dass zwar Vermögenswerte übertragen werden, die Entscheidungshoheit aber bei der übertragenden Generation verbleibt.  

Des Weiteren schützt die Familiengesellschaft das Vermögen vor Zerschlagung und wirtschaftlicher Vernichtung durch einzelne Beteiligte. Im Gegensatz zur Erbengemeinschaft beispielsweise kann keiner der Gesellschafter eine Teilungsversteigerung erzwingen. Dem einzelnen Gesellschafter steht lediglich ein Kündigungsrecht zu, das außerdem im Gesellschaftsvertrag langfristig ausgeschlossen werden kann. Eine Kündigung führt dann nur zum Ausscheiden des Gesellschafters, der dann nach den Regeln des Gesellschaftsvertrags abgefunden werden muss. Diese Abfindungsregeln sind jedoch sehr variabel gestaltbar, wodurch man z.B. ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Gesellschaft unattraktiv gestalten kann.

Ein weiterer wichtiger Vorteil der Familiengesellschaft ist auch die Möglichkeit einer optimierten Steuerplanung. Die Familiengesellschaft bietet optimale Rahmenbedingungen, um alle zehn Jahre genau dosiert, zum Beispiel im Rahmen der schenkungsteuerlichen Freibeträge oder auch darüber hinaus, Vermögen an die nächste Generation zu übertragen. Auf diese Weise kann in erheblichem Umfang Schenkung- und Erbschaftsteuer gespart werden.

Neben diesen Punkten gibt es noch eine Reihe weiterer Vorteile, bspw. der Schutz des Vermögens vor Gläubigern oder auch die Möglichkeit des Ausschlusses von Familienfremden.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Familiengesellschaft dabei hilft, das Familienvermögen angesichts von Haftungs-, Steuer-, Nachfolgerisiken und Familiendynamiken in der Familie zu erhalten und sicher in die nächste Generation zu führen.

Problemstellung: Beteiligung Minderjähriger

Frau F hat nun die Möglichkeit ihren Töchtern Vermögen nach ihren Vorstellungen zu übertragen, jedoch steht sie vor einem neuen Problem: Beide ihrer Töchter sind noch minderjährig. Zwar ist es möglich durch eine richtig ausgestaltete Familiengesellschaft auch Minderjährige frühzeitig zu beteiligen, es müssen jedoch die Regelungen des Minderjährigenschutzes beachtet werden.

So bedürfen Kinder unter 7 Jahren für die Abgabe von Willenserklärungen stets einer Vertretung, da diese ansonsten gem. § 105 BGB nichtig ist. Beschränkt geschäftsfähig Minderjährige im Alter zwischen 7-17 Jahren können gem. § 106 BGB zwar Willenserklärungen abgeben, jedoch benötigen auch sie hierfür gem. § 107 BGB grds. der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters. Sofern ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger ohne die erforderliche Zustimmung einen Vertrag abschließt, der nicht „lediglich rechtlich vorteilhaft“ ist, ist dieser schwebend unwirksam. Bei der Frage, ob ein Minderjähriger durch eine Gesellschaftsbeteiligung einen lediglich rechtlichen Vorteil erlangt oder nicht, ist auf die rechtlichen Folgen des Geschäfts abzustellen. Folglich kommt es hierbei nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtung an. Rechtlich nachteilige Folgen bestehen insbesondere dann, wenn das Rechtsgeschäft bestehende Rechte des Minderjährigen vermindert oder Pflichten oder Belastungen begründet bzw. vermehrt.  

Darüber hinaus ist fraglich, ob bei einer Schenkung von Familiengesellschaftsanteilen an Minderjährige die Mitwirkung des Familiengerichts zur Übertragung notwendig ist und ob die Eltern den Minderjährigen wirksam gesetzlich vertreten können oder ein Ergänzungspfleger hinzugezogen werden muss.  Es ist streng zwischen den beiden Problemkreisen zu unterscheiden. Die familiengerichtliche Genehmigung schränkt zur Wahrung der Vermögensinteressen des Kindes die Vertretungsmacht der Eltern ein. Dagegen bedarf es der Bestellung eines Ergänzungspflegers aufgrund des Verbots des Selbstkontrahierens und der damit einhergehenden Gefahren eines Interessenkonflikts bei Handlungen einer Person auf beiden Seiten eines Rechtsgeschäfts. Immer wenn das zivilrechtliche Verbot des Selbstkontrahierens (§§ 181, 1795, 1629 BGB) einschlägig ist oder sich aus dem Familiengericht ein Genehmigungserfordernis für den Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte ergibt (§ 1822 BGB), müssen die Eltern den Ergänzungspfleger und das Familiengericht einschalten.  

Besonderheiten bei der Gesellschaftsbeteiligung Minderjähriger

Ist die Beteiligung Minderjähriger und der Vermögensübertrag auf diese für den Vermögensinhaber ein wesentlicher Grund für die Errichtung einer Familiengesellschaft, sollte die Rechtsform mit Bedacht gewählt werden. Im Folgenden stellen wir Ihnen eine kurze Übersicht der verschiedenen Rechtsformen vor und erläutern, worauf bei der Beteiligung Minderjähriger an Gesellschaften zu achten ist.

Überblick über die Wahl geeigneter Rechtsformen 

Die GmbH als Familiengesellschaft

Die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ist eine Rechtsform für eine juristische Person des Privatrechts, die zu den Kapitalgesellschaften gehört. Schon der Name dieser Gesellschaftsform weist auf eine Haftungsbeschränkung hin: die Gesellschafter können nicht mit ihrem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden.

Grundsätzlich eignet sich die Kapitalgesellschaft in Form der GmbH als Familiengesellschaft. Vorteilhaft ist hier, dass aufgrund der Haftungsbeschränkung die Beteiligung von Minderjährigen in der Regel vormundschaftsrechtlich möglich ist. Ein Ergänzungspfleger ist hier auf jeden Fall notwendig. Als problematisch erweist sich hier jedoch ein anderer Punkt: Da Kapitalgesellschaften kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen, würde es bei rein vermögensverwaltenden Familiengesellschaften, die i.d.R. nur Privatvermögen besitzen, zu einer „gewerblichen Infizierung“ komme. Dies ist regelmäßig unerwünscht, da damit höhere Kosten für die Jahresabschlusserstellung und insbesondere auch eine – im Vergleich zur Personengesellschaft – höhere Gesamtsteuerbelastung einhergeht.

Aus diesem Grund eignet sich die GmbH nicht als Familiengesellschaft.

Die Personengesellschaft als Familiengesellschaft

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die GbR ist die einfachste Form der Personengesellschaft. Sie wird durch einen Gesellschaftsvertrag i.S.v. § 705 BGB gegründet. Durch den Abschluss eines solchen Vertrages verpflichten sich zwei oder mehr Gesellschafter dazu einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen.

Hier ist zu beachten, dass alle Gesellschafter zu gleichen Teilen unbeschränkt haften. Dies führt dazu, dass die Beteiligung von Minderjährigen in der Regel äußerst problematisch ist. Denn das Familiengericht kann die persönliche Haftung der Gesellschafter zum Anlass nehmen, im Fall der Aufnahme minderjähriger Gesellschafter die bei dieser Rechtsform immer notwendige familiengerichtliche Genehmigung zu verweigern. Die Einschaltung eines Ergänzungspflegers ist auch hier immer notwendig.

Die Kommanditgesellschaft (KG)

Eine Kommanditgesellschaft ist eine Personengesellschaft, in der sich zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen zusammengeschlossen haben, um unter einer gemeinsamen Firma ein Handelsgewerbe zu betreiben. Hier ist zu beachten, dass für Verbindlichkeiten der Gesellschaft mindestens ein Gesellschafter unbeschränkt haftet (Komplementär) und mindestens ein weiterer Gesellschafter nur beschränkt haftet (Kommanditist). Kommanditisten haften nur bis zur Höhe ihrer Einlagen und nicht mit dem Privatvermögen.

Bei Beteiligung Minderjähriger an einer Kommanditgesellschaft werden i.d.R. die Schenker (Eltern, Großeltern) Komplementäre und die minderjährige Nachfolgegeneration Kommanditisten. Denn den Erfordernissen des Minderjährigenschutzes wird man in einer auf die Hafteinlage begrenzten Haftung als Kommanditist eher gerecht, als bei der unbeschränkten Haftung als Komplementär. Sofern die Kinder lediglich Kommanditisten sind, ist es nach herrschender Meinung unter bestimmten Voraussetzungen möglich, eine familiengerichtlichen Genehmigung zu vermeiden, da die Kinder durch den Eintritt in die KG wegen der beschränkten Haftung keinem rechtlichen Nachteil ausgesetzt sind.

Da die Eltern wegen Verwandtschaft in direkter Linie das minderjährige Kind nicht vertreten können, ist ein Ergänzungspfleger notwendig. Die Vertretung kann aber entbehrlich sein, wenn das Kind mindestens 7 Jahre alt ist und der Vorgang als „lediglich rechtlich vorteilhaft“ eingestuft werden kann. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, die durch einen Rechtsanwalt zu prüfen sind.  

Fazit

Die einzelnen Rechtsformen bringen unterschiedliche Vor- und Nachteile hinsichtlich der Beteiligung Minderjähriger mit sich. Daneben gibt es weitere zahlreiche weitere Vor- und Nachteile einzelner Gesellschaftsformen, z.B. hinsichtlich der Gründungskosten oder der Geschäftsführung und Vertretung.

Da sich die Gründung einer Familiengesellschaft an den für die gewählte Rechtsform maßgebenden allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften orientiert, ist die Wahl der passenden Rechtsform von hoher Bedeutung. Insbesondere in Anbetracht dessen, dass die Familiengesellschaft im besten Fall über mehrere Generationen bestehen bleiben soll, sollte man die Wahl der passenden Rechtsform nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Neben der Wahl der Rechtsform gibt es noch zahlreiche weitere Aspekte, die bei der Gründung einer Familiengesellschaft beachtet werden sollten. Aus diesem Grund sollte man sich einen erfahrenen Berater zur Seite holen, der einen bei der Wahl der besten Gesellschaftsform, der richtigen Vertragsgestaltung und diversen anderen Punkten Hilfe leistet. Die Erfahrung zeigt, dass die Implementierung einer Familiengesellschaft ein sich entwickelnder langwieriger Prozess sein kann, der von der ersten Schwerpunktanalyse bis zur Entscheidung und Umsetzung mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Deshalb sollte man sich rechtzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen.

Aufgrund langjähriger Erfahrung bei der rechtlichen Betreuung von Private Wealth Kunden einer Privatbank, kann Frau Rechtsanwältin Maria Anwari, LL.M. Sie bei diesem Thema qualifiziert unterstützen.

 

 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Maria Anwari LL.M.

Beiträge zum Thema