Die fiktive Abrechnung und der Verweis auf die freie Werkstatt

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Liegt in Folge eines Unfalls ein eindeutiger Reparaturkostenfall vor, ist der Geschädigte berechtigt, fiktiv auf Grundlage des Gutachtens abzurechnen. Das bedeutet, er kann den gutachterlich geschätzten Nettoreparaturkostenbetrag ersetzt verlangen. Dabei gilt, dass die Sachverständigen ihrer Kostenschätzung die Beträge einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen.

Oft regulieren die Haftpflichtversicherungen die vom Geschädigten geforderten Ersatzbeträge dann jedoch nur eingeschränkt und verweisen diesen auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit bei einer freien Werkstatt. Ob dieser Verweis zusammen mit dem Abzug bei den Lohnkosten zulässig und beachtlich ist, ist stets fraglich.

Der BGH hat insbesondere in dem sog. Porsche- Urteil im Jahr 2003, nachfolgend jedoch auch in dem sog. VW-Urteil im Jahr 2009 zu den Voraussetzungen Stellung genommen, unter denen der Geschädigte den Verweis auf eine Reparatur in einer freien Werkstatt in Kauf nehmen muss. So muss die betreffende Werkstatt mühelos und ohne weiteres zugänglich sein, sie muss günstiger sein und schließlich eine technisch gleichwertige Reparatur ermöglichen. Letzteres bedeutet, dass der Qualitätsstandard einer Fachwerkstatt gewahrt sein muss. Ob dies der Fall ist, wird im streitigen Einzelfall ggf. durch einen Sachverständigen zu klären sein. Dieser wird sein Augenmerk insbesondere auf die Ausstattung, den Aus- und Fortbildungsstand, die Beachtung von Reparaturvorgaben des Herstellers sowie die Frage der Verwendung von Originalersatzteilen richten müssen.

Ausweislich des VW-Urteils ist der Verweis der Versicherung jedoch zudem auf seine Zumutbarkeit hin zu prüfen. Diese ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn das beschädigte Fahrzeug jünger als drei Jahre ist oder aber stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet worden ist.

Wesentlich ist, dass die Versicherung eine nach den hier geschilderten Voraussetzungen geeignete Werkstatt konkret benennen muss. Dabei gilt ausweislich des BGH-Urteils vom 14.05.2013, dass ein solcher konkreter Verweis grundsätzlich auch noch im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens erfolgen kann.


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