Die unendliche Geschichte des unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln

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Rechtsanwalt Dietrich, als Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin, stellt im Folgenden den Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und dessen Entwicklung in der Rechtsprechung dar.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG macht sich strafbar, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit Drogen Handel treibt, Btm einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft. Das Strafmaß beträgt dafür Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Der Begriff des Handeltreibens konnte sich bisher vor allem bei Strafverteidigern keiner großen Beliebtheit erfreuen. Dies liegt vor allem daran, dass keine Legaldefinition existiert und die Rechtsprechung eine extensive Auslegung des Begriffs betreibt, um den Besonderheiten des Drogenhandels gerecht zu werden.

Demnach stellt nach ständiger Rechtsprechung jede eigennützige, auf die Förderung des Umsatzes von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, ein Handeltreiben im Sinne des § 29 BtMG dar. Ausreichend ist auch die einmalige, gelegentliche und vermittelnde oder bloß unterstützende Tätigkeit. Da Drogenhandel zudem als schlichtes Unternehmensdelikt konzipiert ist, kommt es auf die tatsächliche Förderung des Umsatzes nicht an, sodass folglich auch das Anbieten von eventuell nicht existierenden Drogen tatbestandsmäßig ist.

Diese weite Auslegung des Handeltreibens ist vielfacher Kritik ausgesetzt. So wird in der Literatur unter anderem angeführt, dass die Wortlautgrenze aus kriminalpolitischen Überlegungen unzulässig überschritten und somit die Abgrenzung zwischen strafloser Vorbereitung, Versuch und Vollendung sowie vor allem Täterschaft und Teilnahme kaum mehr möglich ist.

Auch der 3. Strafsenat des BGH hatte vor allem aufgrund des Bestimmtheitsgebots aus Art 103 Abs. 2 GG Bedenken gegen die weite Auslegung. Deshalb schlug er zur Neubestimmung des Begriffs einen Katalog vor, der vor allem erfolglose Ankaufsbemühungen von Drogen aus der Strafbarkeit ausschließen sollte. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch mit der Entscheidung des Großen Senats vom 26.10.2005, in der die bisherige Begriffsbestimmung bestätigt und somit die Diskussion um eine Neuregelung beendet wurde. Überdies hinaus beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot mit dem Begriff des Handeltreibens und erklärte diesen, trotz der zahlreichen Bedenken aus Literatur und Rechtsprechung, als verfassungsgemäß.

Eine neue Entwicklung hat die Entscheidung des Großen Strafsenats im Jahre 2005 allerdings gebracht. Dies liegt daran, dass den Gerichten für die Auslegung des Merkmals des Handeltreibens mit auf den Weg gegeben wurde, sich nicht nur an der weit gefassten Definition zu orientieren, sondern eine genaue Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme vorzunehmen. Damit sollte die bis dahin praktizierte extensive Auslegung korrigiert werden, sodass zumindest Kuriertätigkeiten aus der täterschaftlichen Strafbarkeit herausfallen.

In aktuellen Fällen kann man deshalb immer wieder beobachten, dass viele Verurteilungen wegen unerlaubten Handeltreibens von Betäubungsmitteln vom BGH aufgehoben werden. Dies ist vor allem relevant, wenn sich die Beteiligungshandlung des Täters lediglich auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts beschränkt. Nach der neueren Rechtsprechung kommt es dann maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der Handlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt.

So wird bei dem Transport von Drogen mittlerweile in der Regel auch dann keine Täterschaft, sondern nur Beihilfe angenommen, wenn Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports beim Transporteur verbleiben. Auch die Organisation von Kurierfahrten auf Anweisung von Hintermännern lehnte der BGH als Täterschaft ab (4 StR 272/12). Der Angeklagte hatte hier zwar eine gewisse Entlohnung erhalten, dennoch aber keinen Einfluss auf Art und Menge der zu transportierenden Betäubungsmittel gehabt.

Auch in den aktuellen Entscheidungen des 3. Strafsenats wird Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben erst dann angenommen, wenn der Täter keinen Einfluss auf die angefragten Mengen und Preise sowie deren jeweiligen Weiterverkauf hat, sondern lediglich bei der Abwicklung der Käufe anwesend war, vermittelt oder organisiert (3 StR 377/12, 3 StR 274/12).
Es lohnt sich demnach vor allem für den Strafverteidiger, die aktuellen Entwicklungen zum Begriff des Handeltreibens nach § 29 Abs.1 Nr. 1 BtMG, im Blick zu haben.

Rechtsanwalt Dietrich, Anwalt für Drogenstrafrecht aus Berlin


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