Die Vertragsstrafe im Baurecht!
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Das Thema bleibt interessant.
Die Thematik der Vertragsstrafe ist immer wieder interessant. Sie wird auch künftig interessant bleiben. Ganz einfach aus dem Grund, da es für den Auftraggeber ein Leichtes ist, bei Überschreitung von Ausführungsterminen einen pauschalen Schadenersatz ohne Nachweis geltend zu machen.
Sinn und Zweck der Vertragsstrafe ist, den Auftragnehmer zur Vertragstreue anzuhalten und dem Auftraggeber die damit zusammenhängende Schadloshaltung zu erleichtern, um ihm im Einzelfall den Nachweis des entstandenen Schadens zu ersparen. Voraussetzung für die Geltendmachung der Vertragsstrafe ist Verzug. Ohne Verzug kann der Auftraggeber keine Vertragsstrafe verlangen. Die Beweislast für die Vereinbarung der Vertragsstrafe, deren Höhe und ihre Fälligkeit obliegt allein dem Auftraggeber. Dagegen hat der Auftragnehmer den Beweis zu führen, dass er seine Leistung ordnungsgemäß und fristgerecht erfüllt hat und sich vom Vorwurf des Verschuldens im Rahmen des Verzuges zu entlasten.
Dort fangen die Schwierigkeiten für den Auftragnehmer an. Denn zur Abwehr der Vertragsstrafe muss der Auftragnehmer Bauablaufstörungen darlegen. Der Vertragsstrafenanspruch wegen Verzugs entfällt nur, wenn der Auftragnehmer darlegen und beweisen kann, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Hierfür ist die Darlegung erforderlich, dass und in welchem zeitlichen Umfang (Beginn und Ende) der Auftragnehmer an der Erbringung seiner Leistung gehindert war.
Dies hat ein Urteil des OLG Brandenburg vom 18. Januar 2012 nochmals dargelegt. Dieses Urteil ist nicht überraschend und liegt damit auf derselben Linie der anderen Oberlandesgerichte. Der Aufragnehmer muss sich jedoch bewusst sein, was er hierfür vorzubringen hat. Dazu genügt es nicht, einfach fehlende Vorunternehmerleistungen zu behaupten. Vielmehr muss der Auftragnehmer konkret darlegen, ob und ggf. in welchem Umfang der Auftragnehmer tatsächlich behindert gewesen ist, wie lange diese Behinderungen dauerten und inwieweit sich deshalb der Fertigstellungstermin tatsächlich nach hinten verschoben hat. Deshalb soll das Augenmerk des Auftragnehmers verstärkt auf die Behinderung gerichtet werden, da in der Baupraxis viele Auftragnehmer zu lax mit Bauzeitverzögerungen umgehen und sich eine Vielzahl von Auftragnehmern noch nicht einmal die Mühe macht, dem Auftraggeber die einzelnen Behinderungen anzuzeigen. Die Behinderungsanzeige ist jedoch für den Auftragnehmer nur der erste Teil der Arbeit. Damit ist die Arbeit nicht erledigt. Hier hören Auftragnehmer zu früh auf. Weiter muss der Auftragnehmer sein Augenmerk darauf richten, wie lange die Behinderung gedauert hat. Das erfordert, dass er nach Wegfall des Behinderungstatbestandes dem Auftraggeber anzeigt, dass die Behinderung weggefallen ist. In dem Schreiben sollte auch klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden, wie lange die Behinderung in Arbeitstagen gedauert hat, um den Bauzeitverlängerungsanspruch richtig berechnen zu können.
Mithin muss der Auftragnehmer an den Auftraggeber zwei Schreiben verfassen, und zwar die Anmeldung und die Abmeldung der Behinderung. Deshalb ist es wichtig, diese Schreiben genau zu fassen, um den Vertragsstrafenanspruch des Auftraggebers wegzudrücken. Im Zusammenhang mit zeitlichen Verzögerungen stellen sich weitere Fragen, insbesondere wenn die zeitliche Verzögerung so erheblich ist, dass der gesamte Bauzeitenplan vom Auftraggeber umgeworfen werden muss und es zu einer durchgreifenden Neuordnung des Bauzeitenplans kommt. Dies ist für den Auftragnehmer jedoch keine sichere Bank. Er darf nicht darauf vertrauen, dass bei Neuordnung des Bauzeitenplans mit einem neuen Fertigstellungstermins die Vertragsstrafenregelung auch nicht mehr gilt. Dies zeigt ein Urteil des OLG Naumburg vom Urteil vom 14. März 2013. Dabei ging es darum, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber den Zuschlag im Vergabeverfahren für Straßenbauarbeiten erhalten hat. In den Ausschreibungsunterlagen war ein Ausführungszeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2005 vorgesehen. Im Auftragsschreiben benannte der Auftraggeber als neuen Ausführungszeitraum den 17. Oktober 2005 bis 3. März 2006. Aufgrund witterungsbedingter Unterbrechung der Arbeiten einigten sich die Parteien auf den 10. Juli 2006 als neuen Fertigstellungstermin.
Tatsächlich wurden die Arbeiten am 19. August 2006 beendet. Der Auftraggeber hielt vom Schlussrechnungsbetrag insgesamt 12.268,01 € ein und verwies auf die Vertragsstrafenregelung. Der Auftragnehmer klagte sodann auf den Restwerklohn in gleicher Höhe ein. In beiden Instanzen blieb die Klage erfolglos.
Das OLG Naumburg hat festgestellt, dass die Restwerklohnforderung des Auftragnehmers durch Aufrechnung mit dem Vertragsstrafenanspruch des Auftraggebers erloschen ist. Das ist überraschend. Jedoch hat das OLG Naumburg festgestellt, dass die Vertragsstrafenregelung auch für die neue Ausführungsfrist zum 10. Juli 2006 gilt, da bei Festlegung dieses neuen Fertigstellungstermins unstreitig nicht über die Vertragsstrafenregelung gesprochen worden ist. Das OLG Naumburg macht es sich einfach und stellt in seinen Entscheidungsgründen fest, dass die ursprünglichen Vereinbarungen weiter gelten sollten und damit die terminneutrale Vertragsstrafenregelung sowie der neue Endfertigstellungstermin zum 10. Juli 2006 Vertragsbestandteil geworden sind. Terminneutrale Vertragsstrafenregelung bedeutet, dass sich in dem Vertrag oder Verhandlungsprotokoll eine Vertragsstrafenklausel findet, die isoliert gefasst ist und allein ohne Bezug zu einem Fertigstellungstermin steht, der sich in einer anderen Vertragsklausel wiederfindet. Somit wird in diesen Fällen von der ständigen Rechtsprechung angenommen, dass diese Vertragsstrafenregelung terminneutral ist, da sich in der Vertragsstrafenregelung keine Regelung über den Fertigstellungstermin findet. Etwas anderes ist es, wenn der Fertigstellungstermin und die Vertragsstrafenregelung in einer Klausel zusammen benannt sind. Dann darf der Auftragnehmer davon ausgehen, dass ein an einen bestimmten Kalendertag geknüpftes Vertragsstrafenversprechen bei einer nicht vom Auftragnehmer zu vertretenden Bauzeitverlängerung grundsätzlich seine Wirkung verliert. Das hat das OLG Dresden mit Urteil vom 13. Dezember 2006 entschieden. Tipp: Deshalb ist dem Auftragnehmer anzuraten, auf jeden Fall auch bei Vereinbarung eines neuen Endfertigstellungstermins die Vertragsstrafenregelung anzusprechen und auszuschließen. Das soll der Auftraggeber schriftlich bestätigen.
Man sollte sich keinesfalls darauf verlassen, dass die Vertragsstrafenoption durch den Auftraggeber nicht ausgeübt werden kann. Das OLG Düsseldorf entscheidet mit Urteil vom 19. April 2012 ganz anders. In diesem Sachverhalt ging es darum, dass ein Fertigstellungstermin einvernehmlich verschoben wurde. Der Auftragnehmer wird mit der Errichtung des Rohbaus eines 5-geschossigen Mehrfamilienhauses beauftragt. Den ursprünglichen Fertigstellungstermin hatten die Parteien auf den 31. Mai 2007 vereinbart. Dieser Termin wurde dann während der Bauausführung einvernehmlich auf den 30. Juni 2007, also einen Monat später, verschoben, da im Mai 2007 die Baugrube für das Gebäude noch nicht ausgehoben war und der Auftraggeber seinen vertraglichen Verpflichtungen zur Materialgestellung nicht ordnungsgemäß nachkam. Der Auftragnehmer klagt wiederum seinen Restwerklohn ein. Der Auftraggeber erklärt die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Schadensersatz. Das OLG Düsseldorf stellt in seinem Urteil fest, dass die Vereinbarung einer Vertragsstrafe insgesamt hinfällig wird, wenn durch den Auftraggeber bedingte zeitliche Verzögerungen den Zeitplan völlig außer Takt gebracht haben und der Auftragnehmer zu einer durchgreifenden Neuordnung des gesamten Zeitablaufs gezwungen war. Deshalb entscheidet das OLG weiter, dass aufgrund der Neuordnung des Zeitplans es notwendig gewesen wäre, in diesem Fall ausdrücklich die Fortgeltung der ursprünglich vereinbarten Vertragsstrafe zu vereinbaren. Das OLG Düsseldorf kommt damit zu einem ganz anderen Ergebnis als das OLG Naumburg, das einfach unterstellt hat, da keine Regelung getroffen worden ist, dass die ursprünglich vereinbarte Vertragsstrafe weiter gilt. Aufgrund der Divergenzen zwischen diesen beiden Urteilen besteht eine Rechtsunsicherheit, der man nur dadurch begegnen kann, dass man ausdrücklich die Vertragsstrafenregelung anspricht und herausnimmt. Ansonsten wird der Auftraggeber die Rechtsprechung immer dazu nutzen, seinen Vertragsanspruch durchzusetzen und den Werklohnanspruch des Auftragnehmers zu kürzen.
Carsten Seeger
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