Die vorbeugende Unterlassungserklärung - Teil 1

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Immer wieder erhalten wir Anfragen von Mandanten, die eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung erhalten haben und die sich jetzt aus Angst vor weiteren Abmahnungen bereits vorbeugend schützen möchten. Viele Betroffene haben insoweit bereits zuvor im Internet recherchiert und sind dabei auf das Schlagwort der sog. „vorbeugenden Unterlassungserklärung" gestoßen. Dieser Beitrag soll eine Erklärung liefern, wie eine solche Erklärung einzuordnen ist, welche Vor- und Nachteile sie bietet und wann die Abgabe einer vorbeugenden Unterlassungserklärung ins Auge gefasst werden sollte.

Abmahnung und Unterlassungserklärung

Urheberrechtsverletzungen im Internet, insbesondere in Tauschbörsen, werden oft mit dem Ausspruch einer Abmahnung verfolgt. Sämtliche Abmahnungen, die wegen einer solchen Rechtsverletzung ausgesprochen werden, erfolgen nach demselben Muster: es werden immer Unterlassungsansprüche und verschiedene Zahlungsansprüche geltend gemacht.

Den Hauptbestandteil einer jeden Abmahnung bildet dabei der Unterlassungsanspruch. Vereinfacht ausgedrückt geht es mit einer Abmahnung darum, dass der Empfänger auf ein Verhalten hingewiesen wird, das rechtlich nicht erlaubt ist und dass er dieses Verhalten zu unterlassen hat. Bei Filesharing-Abmahnungen liegt der geltend gemachte Verstoß darin, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne die Erlaubnis des Rechteinhabers im Internet verbreitet worden sein soll. Sofern der abgemahnte Anschlussinhaber nicht eine Berechtigung für diese Verbreitung nachweisen kann, steht demjenigen, der die Abmahnung ausspricht, ein Anspruch auf Unterlassen zu; er kann also verlangen, dass der Empfänger der Abmahnung erklären muss, er werde in Zukunft die im Raum stehende Rechtsverletzung nicht (wieder) begehen.

Hierbei ist es zunächst wichtig zu wissen, dass dieser Unterlassungsanspruch nach der Rechtsprechung des BGH nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erfüllt werden kann. Ein abgemahnter Anschlussinhaber kann also zur Erfüllung des Anspruches nicht einfach sagen, er werde die Rechtsverletzung in Zukunft nicht mehr begehen, da das bloße Abstellen des Verstoßes zur Erfüllung des Anspruches nicht ausreichend ist. Vielmehr muss der abgemahnte Anschlussinhaber eine Erklärung abgeben, dass er die behauptete Rechtsverletzung in Zukunft nicht mehr begehen wird, um für den Fall, dass er gegen diese Erklärung verstoßen würde, an den Abmahner eine Vertragsstrafe zahlen wird.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist ferner festzuhalten, dass eine Unterlassungserklärung grundsätzlich kein Schuldanerkenntnis darstellt. Mit Abgabe einer Unterlassungserklärung wird also die behauptete Rechtsverletzung nicht eingeräumt, da die erklären sich nur auf die Zukunft bezieht.

Wird nach Erhalt einer Abmahnung eine solche strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und vom Rechteinhaber angenommen, so liegt zwischen diesem und dem Erklärenden ein Unterlassungsvertrag vor. Dieser Vertrag ist grundsätzlich ein Leben lang bindend. Es ist zwar möglich, eine Unterlassungserklärung beispielsweise unter einer auflösenden Bedingung abzugeben, trotzdem ist festzuhalten, dass die Lösung von einer einmal abgegebenen Unterlassungserklärung nur sehr selten und in Ausnahmefällen möglich ist.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich die zentrale Bedeutung des Unterlassungsanspruchs nicht nur für denjenigen, der die Abmahnung ausspricht, sondern auch für denjenigen, der eine Unterlassungserklärung abgibt: Jede Unterlassungserklärung verpflichtet den Erklärenden grundsätzlich ein Leben lang, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Verstößt der Erklärende gegen die Unterlassungserklärung, so hat er dem Erklärungsempfänger eine Vertragsstrafe zu bezahlen.

Die mit einer Unterlassungserklärung einhergehende Wirkung ist daher beträchtlich, zumal Vertragsstrafen - so sie tatsächlich aufgrund eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung anfallen - in den meisten Fällen in einem Bereich liegen, der mindestens 2.000,- EUR ausmacht.

Das bedeutet: Bei der Unterlassungserklärung handelt es sich nicht um ein einfaches Schriftstück, das keinerlei Beachtung benötigt, sondern um eine rechtlich verbindliche Erklärung, die weit reichende Folgen hat bzw. haben kann.

Normalfall: Erhalt einer Abmahnung und Abgabe einer Unterlassungserklärung

In den allermeisten Fällen, in denen eine Unterlassungserklärung abgegeben wird, ist eine Abmahnung tatsächlich ausgesprochen worden. Der abgemahnte Anschlussinhaber hat also eine Abmahnung erhalten, in der ein Rechteinhaber, regelmäßig vertreten durch eine Anwaltskanzlei, auf einen vermeintlichen Rechtsverstoß hinweist und deswegen zur Zahlung von Schadenersatz, der Erstattung von Anwaltskosten und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auffordert.

In derartigen Fällen ist es verhältnismäßig einfach, durch die Abgabe einer auf das betroffene Werk bezogenen Unterlassungserklärung den Unterlassungsanspruch des Gläubigers zu erfüllen.

Regelmäßig wird eine Unterlassungserklärung nur hinsichtlich des Werkes abgegeben, das in der Abmahnung genannt ist. Das folgt bereits aus der rechtlichen Tragweite einer Unterlassungserklärung, die im vorherigen Absatz erläutert wurde. Mit anderen Worten: Normalerweise wird mit einer Unterlassungserklärung immer nur auf den konkreten Rechtsverstoß, der mit einer Abmahnung geltend gemacht wurde, reagiert.

Dieses Vorgehen kann aber problematisch sein, wenn mehrere Rechtsverletzungen im Raum stehen. Zum Beispiel wäre denkbar, dass der Anschlussinhaber eine Abmahnung wegen eines Musiktitels erhalten hat, wobei dieser Musiktitel auf einem Sampler oder in einem so genannten Top 100 Charts Container enthalten war. Möglicherweise hat auch der Anschlussinhaber oder eine Person, die mit seinem Wissen den Internet anspruchsberechtigt genutzt hat, tatsächlich die vorgeworfene Rechtsverletzung begangen und möglicherweise auch weitere Titel (zum Beispiel Filme, Lieder, Hörbücher) in einer Tauschbörse heruntergeladen und angeboten. In solchen Fällen ist unter Umständen damit zu rechnen, dass der Anschlussinhaber nicht nur diese eine Abmahnung erhält, sondern dass auch andere Rechteinhaber, unter Umständen vertreten durch andere Kanzleien, weitere Abmahnungen aussprechen.

Die Folge: mit jeder einzelnen Abmahnung werden wieder Unterlassungsansprüche und Zahlungsansprüche geltend gemacht. Das aus dieser Situation resultierende Problem: es können schnell hohe Summen auflaufen, die dem Anschlussinhaber im schlimmsten Fall drohen könnten.

Die Frage, die in diesem Zusammenhang oft gestellt wird: kann diese Situation bereits frühzeitig abgewendet werden?

Die Antwort auf diese Frage wird in Teil 2 dieses Beitrags behandelt.

Kontakt:

Rechtsanwalt Matthias Lederer

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85354 Freising

Tel. 08161 48690
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