Dieselskandal: BMW muss Schadensersatz wegen Thermofenster zahlen

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Als eines der ersten Gerichte nach den viel beachteten BGH-Urteilen vom 26.06.2023 hat sich das Landgericht Frankenthal positioniert und einem Käufer, der am 06.07.2016 ein BMW Cabrio 120d (ausgestattet mit dem Motor N 47, Euro 5) gekauft hatte, pauschalen Schadensersatz in Höhe von 10 % des Kaufpreises zugesprochen (Urteil vom 05.07.2023 – 6 O 335/22). Das Landgericht hat festgestellt, dass BMW eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt hat, da in dem Fahrzeug tatsächlich ein sog. Thermofenster eingebaut war.

Das Landgericht hat die Haftung von BMW auszugsweise wie folgt begründet:

"Vorliegend ist zu Lasten der Beklagten von der Implementation eines unzulässigen Thermofenster auszugehen. Der EuGH hat entschieden, dass eine Software für Dieselfahrzeuge, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems bei üblichen Temperaturen und während des überwiegenden Teils des Jahres verringert, als eine unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist (EuZW 2022, 1073).

Insofern hat die Klagepartei das Vorhandensein eines Thermofensters oder einer vergleichbaren Abhängigkeit der Abgasreinigung von den Außentemperaturen durch Bezugnahme auf Messergebnisse zu vergleichbaren Motoren hinreichend dargelegt. Insofern wird beispielsweise auf die insoweit nicht bestrittenen Messergebnisse zum baugleichen Motor N 47 Bezug genommen, wie sie im Schriftsatz vom 30.05.2023 dargestellt sind und woraus sich ergibt, dass es bei einer Absenkung der Außentemperatur außerhalb des mit der Klageschrift vorgetragenen Temperaturbereichs es sowohl im NEFZ, als auch unter anderen Bedingungen zu einem deutlichen Anstieg des NOxAussstoßes kommt. Insofern ist das pauschale Bestreiten der Beklagten, dass eine wie in der Klageschrift beschriebene Funktion nicht verbaut worden sei, nicht ausreichend."

Das Landgericht hat dem BMW-Kunden nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs einen Schadensersatz von 10 % zu gesprochen. Diese wurde sehr ausführlich wie folgt begründet:

"Die Klagepartei hat hiernach einen Anspruch auf Erstattung des Vermögensschadens im Sinne der Differenzhypothese. Der Geschädigte wird durch Gewährung des Differenzschadens wegen der Enttäuschung des Käufervertrauens so behandelt, als wäre es ihm in Kenntnis der wahren Sachlage und der damit verbundenen Risiken gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen. Sein Schaden liegt daher in dem Betrag, um den er den Kaufgegenstand mit Rücksicht auf die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Risiken zu teuer erworben hat. Insofern unterscheidet sich der Anspruch auf Ersatz eines Differenzschadens gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht von dem unter den Voraussetzungen der §§ 826, 31 BGB zu gewährenden „kleinen“ Schadensersatz. Die damit einhergehende, zeitlich nicht absehbare Unsicherheit, das erworbene Kraftfahrzeug jederzeit seinem Zweck entsprechend nutzen zu dürfen, setzt den objektiven Wert des Kaufgegenstands im maßgeblichen Zeitpunkt der Vertrauensinvestition des Klägers bei Abschluss des Kaufvertrags herab, weil schon in der Gebrauchsmöglichkeit als solcher ein geldwerter Vorteil liegt (BGH Urt. v. 26.6.2023 – VIa ZR 335/21, BeckRS 2023, 15117 Rn. 40f).

Die Bemessung des Schadens erfolgt hierbei gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände. Hierbei ergibt sich aus unionsrechtlichen Vorgaben die Begrenzung der Schadensschätzung innerhalb einer Bandbreite zwischen 5% bis 15% des gezahlten Kaufpreises (BGH Urt. v. 26.6.2023 – VIa ZR 335/21, BeckRS 2023, 15117 Rn. 72).

Vorliegend schätzt die Kammer den Schaden auf 10% des Kaufpreises. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 06.07.2016 dürfte das Risiko von Auflagen seitens der Behörden vergleichsweise gering gewesen sein, nachdem das Kraftfahrtbundesamt selbst nach diesem Zeitpunkt noch nach Kenntnis der Kammer die Auffassung vertreten hat, dass ein Thermofenster keine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen würde. Ob und inwiefern sich dies nachträglich geändert hat, ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht maßgeblich, wobei der Kammer bis heute keine flächenddeckenden Auflagen bei mit Thermofenstern versehenen Fahrzeugen bekannt sind.

Demgegenüber wird das unionsrechtliche Ziel der Einhaltung gewisser Emissionsgrenzwerte durch jede Abschalteinrichtung erheblich beeinträchtigt. Konkret ist in Angesicht der oben in Bezug genommenen Abgaswerte davon auszugehen, dass es durch die Konfiguration des Fahrzeuges zu einer erheblichen Steigerung der Schadstoffwerte gekommen ist. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass von einem erheblichen oder besonders geringgradigen Verschulden auszugehen wäre, kann die Kammer nicht erkennen. Im Ergebnis beläuft sich der Schaden der Klägerin hiernach auf 2.589 €."

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Foto(s): Carolin Rogoz


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