Den digitalen Nachlass richtig regeln - so geht's. Alles, was auch Influencer wissen sollten

  • 7 Minuten Lesezeit

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Der digitale Nachlass gewinnt im Erbrecht immer mehr an Bedeutung und das nicht ohne Grund: denn verstirbt eine Person, besteht der Nachlass heutzutage nicht mehr nur aus dem üblichen Vermögen. Inzwischen gehört auch Digitales zu den meisten Nachlässen.

Dabei ist der digitale Nachlass an sich rechtlich und praktisch schon nicht ganz einfach zu handhaben. Komplizierter wird es noch, wenn es um den digitalen Nachlass von Influencer*innen geht, die Social-Media-Kanäle beruflich betreiben und einen „geschäftlichen“ digitalen Nachlass hinterlassen. In diesem Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen zum Thema – auch speziell zum digitalen Nachlass von Influencer*innen.


Was ist „digitaler Nachlass“?

Ein digitaler Nachlass besteht aus allem, was eine Person nach ihrem Tod an elektronischen Daten, Vertragsbeziehungen und Vermögenswerten hinterlässt.

Damit zählen zum digitalen Nachlass sehr unterschiedliche Dinge, wie z.B.  

  • E-Mail-Accounts inkl. Kommunikationsdaten
  • Guthaben bei Online-Bezahldiensten / Online-Konten (z.B. PayPal)
  • Internetwährungen (z.B. Bitcoin)
  • lokal / in einer Cloud gespeicherte Daten (z.B. Bilder, Texte)
  • Social-Media-Accounts inkl. Kommunikationsdaten (z.B. Facebook, Instagram, LinkedIn)
  • andere Plattform-Accounts (z.B. Vinted, eBay etc.)
  • Smart-Home-Lösungen
  • Profile bei Messenger-Diensten (WhatsApp, Signal etc.) 
  • Online-Abonnements (z.B. Spotify, Fitness-Tracker, eBooks)

Dieser Überblick zeigt: es geht beim digitalen Nachlass um Daten. Verdienen Personen z.B. als Influencer*in mit digitalen Accounts Geld, betrifft das diese Accounts natürlich auch: hier geht es dann nicht nur um persönliche Daten, sondern um Daten, die einen bestimmten, teilweise hohen wirtschaftlichen Wert haben können.  


Wie wird ein digitaler Nachlass vererbt?

Zwar ist der digitale Nachlass nicht körperlich wie z.B. das Eigentum einer Person an bestimmten Gegenständen. Digitales wird aber vererbt wie der „normale“ Nachlass: mit dem Todesfall tritt die sog. Gesamtrechtsnachfolge ein. Das bedeutet, dass gesetzliche oder testamentarische Erben einer Person mit deren Tod exakt in deren Rechtsposition vor dem Tod eintreten. Erben eines Nachlasses werden also mit dem Tod der Person Eigentümer von Gegenständen aus dem Nachlass oder werden Vertragspartner in Verträgen, die die verstorbene Person abgeschlossen hatte, etc.

Gesetzlich ist das (bisher) nicht geregelt. Ein wegweisendes Urteil des BGH hat das 2020 (Facebook-Urteil) aber so klargestellt: Alle Rechte und Pflichten aus online geschlossenen Verträgen und Nutzerkonten gehen mit dem Tod einer Person auf deren Erben über.

Damit dürfen Erben über alle digitalen Daten einer verstorbenen Person verfügen, haben also Zugriff auf Daten und Informationen von Accounts, dürfen Accounts passiv nutzen und können Zugriff auf Kommunikationsdaten nehmen. Das gilt sowohl für privat genutzte wie für geschäftlich betriebene Accounts und Profile, also auch für Accounts und Profile, die z.B. Influencer*innen geschäftlich nutzen.   

Tipp! Mit dem Erbfall treten Erben in alle Rechte und Pflichten der verstorbenen Person ein. Das bedeutet, dass man zwar eventuell Anspruch auf Einnahmen hat, die aus dem digitalen Nachlass stammen. Genauso müssen Erben aber auch für Kosten aus dem digitalen Nachlass aufkommen, also Abo-Kosten etc. Und auch das Recht am eigenen Bild und Persönlichkeitsrechte sind – vor allem im Zusammenhang mit Social-Media-Accounts – wichtige Aspekte des digitalen Nachlasses. Aber auch hier gilt: nach dem Tod einer Person nehmen die Erben diese Rechte (zeitlich beschränkt) wahr.  


Wer erbt einen digitalen Nachlass?

Das Gesetz bestimmt, wer erbt, wenn eine Person kein (gültiges) Testament aufgesetzt hat.

Hat eine Person kein Testament, hat aber z.B. Kinder und war verheiratet, erben die Kinder und der Ehepartner. Hat die Person keine Kinder und keinen Ehepartner, erben z.B. Geschwister oder Eltern.

Diese sog. gesetzliche Erbfolge entspricht allerdings oft nicht dem, was sich eine Person für den Fall des eigenen Todes wünscht. Ist das der Fall, kann man Einfluss darauf nehmen, wer Erbe des eigenen Vermögens und des digitalen Nachlasses werden soll, z.B. in einem Testament. 

Tipp! Man muss nicht seinen gesamten Nachlass einheitlich in einem Testament regeln. Man kann in einem Testament auch den digitalen Nachlass einer Person vermachen, der man z.B. in diesen Dingen besonders vertraut, v.a. im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte etc.


Accounts & Daten: das Vermögen von Influencer*innen

Etliche digitale Accounts werden nicht nur privat, sondern auch geschäftlich genutzt, um beispielsweise als Influencer*in im Social-Media-Bereich Geld zu verdienen. Nicht selten besteht dann der Nachlass zu einem großen Teil aus Digitalem.

Umso wichtiger ist es dann, sich als Influencer*in um das Thema digitalen Nachlass zu kümmern und ggf. seinen digitalen Nachlass nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten: einerseits weil nach dem Tod von Account-Inhaber*innen noch Geld fließen kann. Andererseits sollte bestenfalls geregelt sein, was mit den Daten und Inhalten eines gewerblichen Accounts passiert, wenn der Account-Inhaber bzw. die Account-Inhaberin verstirbt. Denn unter Umständen will man nicht, dass alle (gesetzlichen) Erben Zugang zu den sehr sensiblen, persönlichen und nicht zuletzt wertvollen (Kommunikations-)Daten von Online-Accounts bekommen (dazu s.o.). 

Achtung! Vor allem bei geschäftlich genutzten Social-MediaAccounts kann auch das Urheberrecht eine wichtige Rolle spielen. Denn auch Urheberrechte und/oder Leistungsschutzrechte an Content– Texten, Bildern, Videos etc. – sind Teil des (digitalen) Nachlasses. Diese gehen genauso auf die Erben über, die dann über die Nutzung entscheiden können bzw. ggf. auch Anspruch auf Einnahmen aus Lizenzen oder von Verwertungsgesellschaften haben.


Digitaler Nachlass: Testament erstellen ist für Influencer*innen sinnvoll

Insofern ist es wichtig, sich als Inhaber*in eines gewerblichen Social-Media-Accounts Gedanken darüber zu machen, wie man seinen digitalen Nachlass gestalten will. Seinen letzten Willen legt man dann in der Regel in einem Testament nieder.

 Tipp! Ein Testament muss bestimmte formelle Anforderungen erfüllen, damit es wirksam ist.   Ein Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin für Erbrecht hilft hier weiter!

Ein Testament zu erstellen, um den digitalen Nachlass zu regeln, ist außerdem vor allem dann wichtig, wenn ein Social-Media-Account geschäftlich und von mehreren Personen zusammen betrieben wird – beispielsweise als (Ehe-)Paar, Band etc. Denn in dieser Situation können neben den allgemeinen Fragen zum Erbrecht und zum digitalen Nachlass besondere (gesellschafts-)rechtliche Fragen auftauchen: betreiben mehrere Personen geschäftlich zusammen einen Social-Media-Account, können die Personen z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sein, die sich im Falle des Todes eines Gesellschafters auflöst, wenn nichts anderes geregelt ist. Gerade in so einer Konstellation ist es enorm wichtig, mit professioneller anwaltlicher Unterstützung den gemeinsamen digitalen Nachlass zu regeln.

Tipp! Betreibt man einen Social-Media-Account zusammen mit anderen, ist es ab einem gewissen Grad des (finanziellen) Erfolges unbedingt notwendig, das Verhältnis zueinander gesellschaftsrechtlich zu regeln und auch Nachfolgeregelungen für den Fall des Todes einer Person mit aufzunehmen.  

Man sieht: Das Thema digitaler Nachlass ist rechtlich „nicht ganz ohne“, vor allem wenn es um geschäftlich genutzte Accounts von Influencer*innen geht. Hier kommt es schlichtweg darauf an, sich Gedanken zu machen, was im Fall des eigenen Todes mit einem solchen Account und allen Daten und Inhalten passieren soll. Im Anschluss daran gilt es dann, diesen letzten Willen in Bezug auf das eigene digitale Leben mit anwaltlicher Unterstützung professionell zu regeln.

Tipp! Auch in Bezug auf einen digitalen Nachlass kann Erbschaftsteuer anfallen – im Inland wie im Ausland. Das sollte man im Blick behalten und sich bei Bedarf steuerrechtlich beraten lassen!


Gesamtübersicht erstellen & Zugangsdaten auflisten

Das ist aber nicht alles. Denn damit man der digitale Nachlass optimal geregelt ist und damit Erben im Ernstfall auch Zugriff auf alles bekommen, ist es in einem ersten Schritt wichtig, eine Übersicht über alle digitalen Accounts anzulegen. Nur so wissen Erben später überhaupt, was alles zum digitalen Nachlass gehört – man könnte das eine Art „digitales Nachlassverzeichnis“ nennen.

In einem zweiten Schritt ist es dann mindestens genauso wichtig, die Zugangsdaten zu Accounts, Profilen, Abonnements etc. aufzulisten. Denn nur so können Erben im Ernstfall ihre Rechte wahrnehmen und sich auch wirklich um den Nachlass im Netz kümmern.  

Tipp! Damit Erben es im Falle des Falles leichter haben, ist es sinnvoll, bestimmten Personen für den Todesfall Vollmachten auszustellen, damit diese Personen unmittelbar auf Accounts zugreifen können.Außerdem ist es hilfreich, z.B. nur für den digitalen Nachlass einen Testamentsvollstrecker zu bestimmen, der das Testament im Sinne der verstorbenen Person zur Ausführung zu bringen hat.

Fragen?

Bei Fragen zu diesem Thema melden Sie sich bitte gerne bei mir - ich unterstütze Sie gerne.

Ihr Dr. Christopher Arendt

089 / 54 714 3
c.arendt@acconsis.de

https://www.acconsis.de/dr-christopher-arendt/

Foto(s): @V-Check

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