Disziplinarverfahren bei Soldaten der Bundeswehr

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Die Wehrdisziplinarordnung unterscheidet zwischen einfachen und gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen.

1. In § 22 Abs. 1 WDO sind als einfache Disziplinarmaßnahmen der Verweis, der strenge Verweis, die Disziplinarbuße, die Ausgangsbeschränkung und der Disziplinararrest genannt. Diese betreffen kleinere Dienstvergehen und können vom Disziplinarvorgesetzten verhängt werden. Eine Einstellung erfolgt, wenn sich ein Verdacht, etwa nach Befragung von Zeugen durch den Disziplinarvorgesetzten als nicht zutreffend herausgestellt hat.

2. Die gerichtlichen Disziplinarverfahren werden bei einem Verstoß gegen erhebliche Dienstvergehen verhängt. Nicht selten sind solchen Verfahren strafgerichtliche Verurteilungen vorausgegangen.

Als gerichtliche Disziplinarverfahren nennt § 58 Abs. 1 die Kürzung der Dienstbezüge, das Beförderungsverbot, die Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, die Dienstgradherabsetzung und die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

Im Gegensatz zu einfachen Disziplinarmaßnahmen gibt der Disziplinarvorgesetzte das Verfahren an den Wehrdisziplinaranwalt ab. Nachdem die Einleitungsbehörde das Verfahren durch Verfügung formell von den Vorermittlungen in das eigentliche Verfahren geführt hat, ergeht in den meisten Fällen eine Anschuldigung zum Truppendienstgericht.

Diese kann das Verfahren einstellen, wenn der Vorwurf sich als nicht zutreffend herausgestellt hat oder wenn es der Ansicht ist, dass die Verhängung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme nicht notwendig ist.

Rechtsanwalt Christian Steffgen hat seit 2001 sehr viele solcher Verfahren bundesweit vor den Truppendienstgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht als Berufungsinstanz geführt.

In der Regel kommt es nach seiner Erfahrung nur selten zu einer Einstellung aus tatsächlichen Gründen, da häufig bereits strafrechtliche Feststellungen vorhanden  sind und durch die Bundeswehr umfangreich – nicht selten jahrelang – ermittelt wurde.

Aufgrund langer Verfahrensdauer können mildere Maßnahmen verhängt oder ganz von einer Maßregelung abgesehen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich 2021 in mehreren Entscheidungen hierzu geäußert.

Im Urteil vom 25.03.2021 -BVerwG 2 WD 13.20 - wurde ausgeführt:

„Die hinzutretende erhebliche Überlänge des disziplinargerichtlichen Verfahrens von 15 Monaten gebietet eine Milderung in der Maßnahmeart (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - juris Rn. 54)… Insbesondere hat das Prozessverhalten des Soldaten nicht zu einer Verlängerung der Prozessdauer beigetragen. Daher ist davon auszugehen, dass die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK der allgemein bekannten Überlastung der Truppendienstgerichte geschuldet ist. Dieser strukturelle Mangel rechtfertigt die Überlänge nicht...“

Grundsätzlich kommt eine Verfahrenseinstellung wegen einer unangemessenen Verfahrensdauer nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht (BVerwG, Urteil vom 04.03.2021 -BVerwG 2 WD 11.20). Davon ist dann auszugehen, wenn unter Berücksichtigung des bisherigen und des noch zu erwartenden Verfahrensverlaufs, des noch im Raum stehenden Vorwurfs und gegebenenfalls besonderer persönlicher Umstände des Beschuldigten dessen weitere Belastung mit dem Verfahren selbst unter der Voraussetzung, dass sich die Tatvorwürfe später bestätigen, nicht mehr verhältnismäßig wäre (BVerwG, Beschluss vom 1. September 2917 - 2 WDB 4.17 - Buchholz 450.2 § 108 WDO Nr. 2 Rn. 10).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Steffgen ist Oberstleutnant d.R. Er war von 2001-2015 Vertragsanwalt des DBwV und hat viele Soldaten vor Strafgerichten, Verwaltungsgerichten und Truppendienstgerichten in Entlassungsverfahren erfolgreich verteidigt.

Foto(s): Fotolia_132353739_M

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