Disziplinarverfahren gegen evangelische Pfarrer

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Pfarrer unterliegen Dienstpflichten. Wenn sie diese Pflichten verletzen, kann das Büro der Bischöfin oder des Bischofs als disziplinaraufsichtführende Stelle ein Disziplinarverfahren einleiten und nach dessen Abschluss disziplinarische Maßnahmen verhängen.

Leider trifft man im Pfarrerkreis oft die Auffassung an, das Landeskirchenamt "wisse schon, was richtig ist und meine es nur gut." Das ist falsch! Die Kirchenleitung lässt sich ebenso oft von persönlichen oder unsachlichen Erwägungen leiten wie sie Unkenntnis im Kirchenrecht beweist. Die gravierenden Folgen eines Disziplinarverfahrens für Pfarrer werden meist völlig unterschätzt. 

Ablauf des Verfahrens

Das kirchliche Disziplinarverfahren richtet sich nach dem kirchlichen Disziplinargesetz und dem Bundesdisziplinargesetz. Dort ist folgender Ablauf bestimmt:

  1. Einleitung des Disziplinarverfahrens
  2. Anhörung des Betroffenen (Sachverhaltsermittlung)
  3. Ggf. Beweisaufnahme
  4. abschließende Stellungnahme
  5. Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme durch die Bischöfin/den Bischof oder Einstellung des Verfahrens

Die disziplinaraufsichtführende Stelle muss die tatsächliche Sachlage ermitteln. Leider kann es durch unsaubere Verfahrensführung dazu kommen, dass Zeugen nicht geladen oder Beweismittel nicht gewürdigt werden. Derartige Verfahrensfehler berechtigen zur Anfechtung einer etwaigen Maßnahme.

Was können Sie als Betroffener tun?

Trotz besonderen Dienstverhältnisses sind Sie als Pfarrer nicht rechtlos gestellt.

Schon bei der Einleitung des Verfahrens sollten Sie genau prüfen, ob die Vorwürfe stichhaltig sind. Es ist schließlich möglich, dass Sie sprichwörtlich „angeschwärzt“ wurden oder die Vorwürfe haltlos sind. In diesem Fall sollten Sie die Verteidigung anzeigen.

  1. Rechtsbeistand: Das kirchliche Disziplinarrecht sieht in § 27 DG.EKD vor, dass Sie einen Beistand hinzuziehen können. Im besten Fall handelt es sich um einen Anwalt, der sich im Kirchenrecht auskennt. Dieser muss zwingend Mitglied einer Gliedkirche und zu kirchlichen Ämtern wählbar sein.
  2. Einlassung: Sie haben das Recht, angehört zu werden. Es ist wichtig, dass Sie sich hier nicht unüberlegt den Frust von der Seele schreiben oder im Gegenteil einfach klein beigeben. Denn ergeht eine Disziplinarmaßnahme, droht schlimmstenfalls Entlassung und Gefährdung Ihrer Pension. Ihre Einlassung sollte wohlüberlegt sein und kann durch Ihren Rechtsbeistand erfolgen.
  3. Akteneinsicht: Ziehen Sie vorab die Verfahrensakte bei und lesen diese mit Ihrem Beistand. In der Akte befindet sich regelmäßig die Rüge bzw. der Anstoß des Verfahrens. Dies ist in aller Regel sehr erhellend und hilft bei der Verteidigung und Strategiefindung
  4. Beweisaufnahme: Sofern angezeigt und geboten, bestehen Sie auf einer ordentlichen Beweisaufnahme. Ein Vertreter der Kirchenleitung leitet diese und hört Zeugen. Sie haben das Recht, Fragen zu stellen. Bedenken Sie aber, dass Sie sich noch im behördlichen Verfahren befinden. Die Beweisaufnahme wird von der Kirchenverwaltung als Dienstherrn geführt und nicht von einem unparteiischen Richter.
  5. Abschließende Anhörung: Sofern das Verfahren nicht eingestellt wird, haben Sie das Recht zur abschließenden Anhörung.
  6. Klage zur Disziplinarkammer: Die abschließende Stellungnahme der Verfahrensleitung erhalten Sie nicht. Allerdings erhalten Sie eine Verfügung, aus der hervorgeht, ob und welche Maßnahmen gegen Sie verhängt wird oder das Verfahren eingestellt wird. Je nach Fall kann es sich lohnen, Anfechtungsklage zur Disziplinarkammer zu erheben.

Klage zur kirchlichen Disziplinarkammer

Nach § 41 DG.EKD können Maßnahmen wie Zurückstufung oder Amtsenthebungen o.ä. nur durch das kirchliche Disziplinargericht verhängt werden. Hierfür muss die Disziplinaraufsicht Klage vor der Disziplinarkammer erheben.

Gleichzeitig steht Ihnen das Recht zu, eine belastende Disziplinarverfügung vor der Kammer anzugreifen. Der Vorteil liegt auf der Hand: nicht das Landeskirchenamt ist dann „Herrin des Verfahrens“, sondern eine durch Unparteiische besetzte Kammer. Diese wird etwa durch aktive oder ehemalige Richter geleitet.

Untätigkeit der Disziplinaraufsicht

Es kommt vor, dass man sie – absichtlich oder aus Nachlässigkeit – schmoren lässt. Sie müssen ein überlanges Disziplinarverfahren nicht hinnehmen. Ist ein behördliches Disziplinarverfahren nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Einleitung abgeschlossen worden, können Sie nach § 66 DG.EKD gerichtliche Fristsetzung beantragen.

Stellen Sie Transparenz her

Gerade wenn Sie sich unberechtigten Vorwürfen gegenübersehen, kann es nach Absprache mit Ihrem Rechtsbeistand sinnvoll sein, Transparenz herzustellen. Hierbei hilft die Pfarrvertretung und ggf. auch der Propst. Möglicherweise werden Sie durch den entgegengebrachten Zuspruch aus dem Kollegenkreis überrascht sein.

Kontaktieren Sie einen Experten!

Wehren Sie sich gegen unberechtigte Vorwürfe und holen sich fachkundigen Rat. Rufen Sie kurz durch und erhalten direkt eine kostenfreie Ersteinschätzung von Rechtsanwalt Aaron Albrecht unter 06621-911 20 50 oder schreiben eine E-Mail an info@kanzlei-hersfeld.de.

Kanzlei Albrecht
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36251 Bad Hersfeld

www.kanzlei-hersfeld.de

RA Albrecht vertritt mittelständische Unternehmen und Arbeitnehmer in Kündigungsstreits und allen anderen Belangen des Arbeitsrechts.

Foto(s): Andrea Piacquadio; Kanzlei Albrecht

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