Durchsuchung durch die Steuerfahndung kann jeden treffen - Verhaltensregeln vom Rechtsanwalt

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Die Entlassung eines Mitarbeiters, die anonyme Anzeige eines Konkurrenten, das Zerwürfnis einer Erbengemeinschaft oder die Trennung von Ehegatten: Es gibt eine Vielzahl von Anlässen, die zu einer Durchsuchung durch die Steuerfahndung führen können - zu Recht oder zu Unrecht. Auch Betriebsprüfungen oder bloße Kontrollmitteilungen innerhalb der Verwaltung können die Aufnahme von Ermittlungen der Steuerfahndung auslösen. Grundkenntnisse sollte deshalb auch derjenige besitzen, der die angemessene steuerliche Sorgfalt beachtet hat. Die folgenden fünf wichtigsten Verhaltenstipps und weiteren Verhaltensregeln dienen sowohl als Vorbereitung auf den Fall der Fälle, als auch als Checkliste, wenn die Steuerfahnder bereits in den eigenen Räumen stehen. Alles Weitere sollte in die Hände eines Rechtsanwalts gelegt werden. Die fünf wichtigsten Verhaltenstipps:

1. Ruhe und freundlichen Umgangston bewahren

2. Durchsuchungsbeschluss vorzeigen lassen und prüfen

3. Keine Aussage machen

4. Unterlagen nicht freiwillig herausgeben

5. Beschlagnahmeprotokoll verlangen und prüfen

Weitere sinnvolle Verhaltensregeln:

6. Zuständige Person im Unternehmen informieren

7. Rechtsanwalt benachrichtigen

8. Namen und Funktionen der Durchsuchungsbeamten notieren

9. Steuerfahnder nicht allein lassen

10. Keine Papiere o.ä. beseitigen oder verstecken

11. Beschlagnahmte Unterlagen kopieren

12. Eigenes Protokoll unmittelbar nach der Durchsuchung als Gedächtnisstütze erstellen

Im Einzelnen:

1. Ruhe und freundlichen Umgangston bewahren

Steuerfahnder kommen immer ohne Vorankündigung. Plötzlich stehen morgens (in der Regel nicht vor 7 Uhr, in Geschäftsräumen eher zu Geschäftszeiten) fünf oder mehr fremde Personen in den eigenen Räumen, die von dort erst einmal nicht mehr fortbewegt werden können. Um diese Stresssituation im Griff zu behalten und einen kühlen Kopf zu bewahren, hilft es, sich schon im Vorhinein die wichtigsten Verhaltensregeln bewusst zu machen. So kann man stressbedingte Fehler vermeiden und einen freundlichen Umgangston bewahren. Konfrontation hilft in diesem Moment schlichtweg nicht. Unter Umständen führt sie zu einer besonders gründlichen Durchsuchung. Die Erfahrung zeigt, dass solche Durchsuchungen am glimpflichsten und schnellsten ablaufen, bei denen Kooperationsbereitschaft signalisiert wird. 

2. Durchsuchungsbeschluss vorzeigen lassen und prüfen

Jede Durchsuchung und jede Beschlagnahme muss zuvor von einem Richter angeordnet werden. Steuerfahnder müssen sich zu Beginn der Durchsuchung ausweisen und den Durchsuchungsbeschluss dem Betroffenen aushändigen. Prüfen Sie den Beschluss auf folgende Inhalte:

  • Ausdrückliche Nennung der Rechtsgrundlage „§ 102 StPO"
  • Genaue Bezeichnung des strafrechtlichen Vorwurfs
  • Nennung der gesuchten Gegenstände, die am Durchsuchungsort vermutet werden. Nicht ausreichend ist z.B. der allgemeine Hinweis, dass die Durchsuchung der „Auffindung von Beweismitteln" dienen soll (kommt immer wieder vor!).
  • Der Beschluss darf nicht älter als 6 Monate sein. Eine Durchsuchung ohne Durchsuchungsbeschluss ist nur möglich, wenn die Steuerfahnder „Gefahr im Verzug" feststellen. Hieran stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen. Im Steuerstrafrecht dürfte die Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug absolute Ausnahme sein und muss von den Beamten besonders begründet werden.

3. Keine Aussage machen

Geben Sie keine Erklärungen zur Sache ab! Die Durchsuchung dient allein der Auffindung von Beweismitteln. Der Durchsuchungsbeschluss rechtfertigt dagegen nicht die Vernehmung des Beschuldigten oder der Angestellten. Aussagen zu diesem Zeitpunkt bringen keinerlei Vorteile, bergen aber die Gefahr, Details unnötig preiszugeben. Auch bei informellen Gesprächen sollte darauf geachtet werden, den Steuerfahndern nicht „nebenbei" relevante Informationen mitzuteilen. Berufen Sie sich darauf, dass Sie sich zunächst mit Ihrem Rechtsanwalt besprechen möchten.  

4. Unterlagen nicht freiwillig herausgeben

Grundsätzlich sollten Unterlagen, die die Steuerfahndung mitnehmen möchten, nicht freiwillig herausgegeben werden. Dies zwingt die Steuerfahndung zur Beschlagnahme, die bestimmten gesetzlichen Anforderungen unterliegt. Etwas anderes gilt für den ausdrücklichen Widerspruch gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung durch den Richter. Widerspricht man der Durchsuchungsmaßnahme selbst und provoziert dadurch eine Rechtmäßigkeitsüberprüfung durch ein anderes Gericht, kann dies die Untersuchung der beschlagnahmten Unterlagen und damit auch deren Rückgabe erheblich verzögern. Wenn es sich bei den beschlagnahmten Gegenständen um dringend benötigte Unterlagen oder insbesondere um Festplatten und Hardware handelt, sollte dies vor einem Widerspruch berücksichtigt werden. Auch wenn die Unterlagen nicht freiwillig herausgegeben werden sollten, kann es durchaus sinnvoll sein, bei der Durchsuchung zu kooperieren und die gesuchten Unterlagen herauszusuchen und den Beamten zu geben. Denn dadurch kann verhindert werden, dass die Beamten sämtliche Akten prüfen und gegebenenfalls noch weitere Unterlagen finden, die mit dieser Sache überhaupt nichts zu tun haben (sog. Zufallsfunde). Überdies kann eine gewisse Kooperation die schnellere Beendigung der Durchsuchung fördern. 

5. Beschlagnahmeprotokoll verlangen und prüfen

Die beschlagnahmten Gegenstände müssen genau und einzeln protokolliert werden. Der Betroffene enthält eine Kopie dieses Protokolls, das er prüfen und mit den beschlagnahmten Gegenständen vergleichen sollte.

Auf unserer Internetseite www.rosepartner.de finden Sie weitere Informationen zum Steuerstrafrecht und zur Durchsuchung durch die Steuerfahndung sowie einen Aufsatz des Rechtsreferendars Christoph Bräunig mit ausführlichen Hintergrundinformationen zu diesem Thema. Der Aufsatz (http://www.rosepartner.de/fileadmin/redaktion/Durchsuchung_Steuerfahndung__Christoph_Br%C3%A4unig.pdf)  behandelt u.a. auch folgende Fragen: Welche Anlässe führen zur Aufnahme von Ermittlungen und Durchsuchung durch die Steuerfahndung? Was ist der Unterschied zwischen Steufa (Steuerfahndung) und BuStra (Bußgeld- und Strafsachenstelle)? Wie läuft eine Durchsuchungsmaßnahme ab und was dürfen die Steuerfahnder dabei tun? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Durchsuchung und Beschlagnahme hat der Steuerpflichtige?


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