Ehegattenunterhalt bei Besserverdienern: Der Bundesgerichtshof setzt Maßstäbe
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Die Höhe des Ehegattenunterhalts bemisst sich gemäß der Unterhaltstabelle und Rechtsprechung nach den sogenannten ehelichen Lebensverhältnissen. Wie beurteilt sich dies, wenn der Unterhaltspflichtige sehr gut verdient und sogar angibt, er sei „unbegrenzt leistungsfähig“? Hat der Berechtigte überhaupt ein Recht auf Auskunft zu Einkommen und unterhaltsrelevanten Umständen, wenn genügend Einkommen da ist? Wie bemisst sich die Höhe des Unterhalts bei derartigen Fällen? Der Bundesgerichtshof (BGH) äußert sich zu diesen Fragen in seiner Entscheidung vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16. Er stellt zunächst fest, dass die Verpflichtung zur Auskunft nur dann entfällt, wenn ihre Erteilung aus keinem denkbaren Gesichtspunkt heraus den Unterhaltsanspruch beeinflussen kann. Dies liegt nur in Ausnahmefällen vor, wenn z. B. ein Unterhalt wegen Krankheit oder Alter ausgeschlossen werden kann, weil die Voraussetzungen dazu zum „Einsatzzeitpunkt“ (beispielsweise bei einer Scheidung spätestens die letzte mündliche Verhandlung vor Rechtskraft der Entscheidung) noch gar nicht vorlagen. Hingegen erscheint dem BGH das Recht auf Auskunft nicht bezüglich von Fragen der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten notwendig, sondern auch zur Beurteilung von Fragen des Bedarfs, der Bedürftigkeit des Anspruchstellers sowie der Prüfung des Unterhaltstatbestands der Aufstockung (Ausgleich für die unterschiedlichen Einkommen der Ehegatten). Daher kann die Auskunft auch verlangt werden, wenn der Pflichtige sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt. Zur Höhe des Unterhalts äußert sich der BGH im Hinblick auf den naheliegenden Einwand des Pflichtigen, bei sehr guten Einkommensverhältnissen habe das Einkommen nicht vollständig nicht der Lebensführung bzw. dem Konsum gedient, sondern anderen Zwecken (z. B. der Vermögensbildung). Das höchste deutsche Zivilgericht sieht dabei untergerichtliche Entscheidungen als nicht zu beanstanden an, wenn sie bei einem Einkommen des Pflichtigen in einer Höhe bis zum doppelten Betrag der höchsten Einkommensstufe der Unterhaltstabelle „tatsächlich vermuten“, dass das gesamte Einkommen zu Konsumzwecken verbraucht wurde. Entsprechend dürfe in diesen Fällen der Unterhalt nach einer Quote gemäß der gängigen Rechtsprechung und den Unterhaltsleitlinien bestimmt werden. Mit anderen Worten liegt also die Grenze für eine Vermutung des völligen Verbrauchs des Einkommens für Konsum derzeit bei 11.000 EUR unterhaltsrelevantem monatlichen Nettoeinkommen des Pflichtigen, bis dahin kann einfach nach Quote der Unterhalt bestimmt werden. Liegt das Einkommen darüber, so muss der Berechtigte darlegen, in welchem Umfang es für den Konsum verbraucht wurde. Widerspricht der Unterhaltsschuldner dieser Behauptung „substanziiert“ (also mit einer detaillierten Begründung), so geht die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Unterhaltsbedarfs an den Anspruchssteller. Er muss also (im Zweifel mit Belegen) vortragen, dass das Einkommen vollständig für den Konsum verbraucht wurde, damit er den quotalen Unterhalt erhält. Erst wenn ihm das nicht gelingt, muss er darlegen, wie hoch sein „konkreter“ Bedarf beim Unterhalt ist, mit anderen Worten, was er für den Unterhalt während der Ehezeit üblicherweise erhielt und auch noch benötigt.
Die höchstrichterliche Entscheidung ist eine „Richtschnur“ für die Familiengerichte, damit sie mit Fragen zur Auskunft und der Höhe des Unterhalts bei hohem Einkommen des Pflichtigen besser umgehen können. Andererseits wird man auch den Einzelfall anzusehen haben und z. B. bei besonders sparsamen Eheleuten mit gutem Einkommen und intensiver Vermögensbildung („hohe Kante“) abzuwägen haben, ob das Einkommen des Pflichtigen einfach nach Quote verteilt wird.
Für die vorbeugende Beratung zum Abschluss eines Ehevertrags bei „Besserverdienern“ drängt sich jedenfalls der Gedanke auf, den Unterhaltsbedarf für den nachehelichen Unterhalt auf einen angemessenen Betrag zu begrenzen, um damit Streitigkeiten zu vermeiden. Natürlich müssen dabei die Grundsätze der Rechtsprechung zur Wirksamkeit derartiger Klauseln beachtet werden.
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