Einstweilige Verfügung erhalten: Was Sie jetzt auf jeden Fall tun müssen, um weitere Kosten zu vermeiden

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Bei einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht oder Markenrecht wird der Abgemahnte aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.


Die Abmahnung dient – formell gesehen – zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens.


Es gibt gute Gründe, keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die sehr lange wirksam ist, nicht 100%ig eingehalten werden kann.


Dies gilt insbesondere für sehr allgemeine produktbezogene Informationspflichten, wie z.B. Grundpreise, Garantiewerbung, Textilkennzeichnungsinformationen, Lebensmittelinformationen, gesundheitsbezogene Aussagen bei Lebensmitteln oder um andere Informationspflichten, die bei einer Vielzahl von Produkten auftreten können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Abgemahnte in der Regel nicht nur ein, z.B. grundpreispflichtiges Produkt, anbietet, Textilien oder Lebensmitteln, sondern in der Regel das kennzeichnungspflichtige Sortiment größer ist.


Wenn innerhalb der gesetzten Frist keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird, werden Unterlassungsansprüche im Wettbewerbsrecht oder Markenrecht in der Regel im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt.


Die einstweilige Verfügung ist ein gerichtliches Eilverfahren. In der Regel entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung. Es ergeht dann ein Beschluss. Dieser Beschluss ist die einstweilige Verfügung.


Die einstweilige Verfügung enthält eine Unterlassungsverpflichtung verbunden mit der Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Haft.


Die einstweilige Verfügung wird aus formellen Gründen durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt (Vollziehung). Die Zustellung muss innerhalb eines Monates ab Erlass der einstweiligen Verfügung erfolgt sein.


Einstweilige Verfügung erhalten – Was nun unbedingt zu beachten ist


Einstweilige Verfügung ist sofort einzuhalten


Zunächst:


Mit Zustellung durch den Gerichtsvollzieher der einstweiligen Verfügung muss diese unverzüglich eingehalten werden. Die einstweilige Verfügung „gilt“ quasi mit Zustellung. Diese Verpflichtung sollte der Abgemahnte durchaus ernst nehmen. Häufig übersehen wird, dass sich sowohl Abmahnung wie auch einstweilige Verfügung, nicht nur auf ein bestimmtes Produkt auf einer bestimmten Plattform beziehen, sondern grundsätzlich gelten:


In diesem Fall gilt z.B. die Verpflichtung ganz grundsätzlich überall, wo grundpreispflichtige Produkte angeboten werden, einen Grundpreis mit darzustellen, egal welches Produkt, egal welche Plattform, egal welche Darstellungsart (z.B. Internetwerbung).


Die einstweilige Verfügung ist somit – ebenso wie die Abmahnung – nicht auf ein einzelnes Produkt oder einzelne Plattform beschränkt, sondern gilt grundsätzlich.


Bereits mit Erhalt einer Abmahnung sollte Vorsorge dafür getragen werden, den gerügten Verstoß abzustellen. Ist dies, wie z.B. bei Amazon, wenn keine Schreibrechte für eine ASIN bestehen, nicht möglich, müssen Sie sich von dem genutzten Angebot zurückziehen und dürfen dies nicht mehr verwenden.


Wenn gegen eine einstweilige Verfügung verstoßen wird, kann der Abmahner einen Ordnungsgeldantrag, auch Bestrafungsantrag genannt) stellen. Das Gericht kann dann abhängig von der Schwere des Verstoßes und dem Grad des Verschuldens und der Größe des Unternehmens empfindliche Ordnungsgelder verhängen. Nähere Informationen zum Ordnungsgeldverfahren haben wir hier zusammengestellt.




Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung


Selbstverständlich kann gegen eine einstweilige Verfügung ein Rechtsmittel eingelegt werden. Dies ist in diesem Fall der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung.


Eine Frist für den Widerspruch gibt es nicht, wobei (mehr dazu unten) die Frage, ob gegen eine einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt werden soll oder nicht, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung geklärt werden sollte.


Aufgrund des Widerspruchs gibt es dann eine mündliche Verhandlung, das Gericht entscheidet dann mit einem Urteil über die Berechtigung des Widerspruches.


Im Ergebnis wird die einstweilige Verfügung entweder aufgehoben oder bestätigt.


Wenn eine einstweilige Verfügung rechtskräftig aufgehoben wird, kann der Abgemahnte gegenüber dem Abmahner Schadenersatzansprüche geltend machen.


Wenn kein Rechtsmittel eingelegt werden soll


Häufig wird keine Unterlassungserklärung abgegeben, um keine Vertragsstrafe zu riskieren.


Soweit der Abgemahnte dann eine einstweilige Verfügung erhält, gegen die er keinen Widerspruch einlegen möchte, muss dennoch reagiert werden.


Die einstweilige Verfügung als Eilverfahren stellt nur eine vorläufige Regelung dar. Zur Vermeidung weiterer Kosten muss innerhalb von zwei Wochen eine sogenannte Abschlusserklärung abgegeben werden. Durch die Abschlusserklärung wird die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt, auf Rechtsmittel wird verzichtet.


Mit dieser einfachen Formulierung ist es nicht getan, der Inhalt einer Abschlusserklärung ist  umfangreicher.


Wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung eine Abschlusserklärung abgegeben wird, kann der Abmahner über seinen Rechtsanwalt den Abgemahnten zur Abgabe einer Abschlusserklärung auffordern.


Das Problem dabei: Für die Aufforderung zur Abgabe der Abschlusserklärung fallen anwaltliche Gebühren gegenüber dem Abgemahnten an und zwar in Höhe des Hauptsachestreitwertes.


Dies bedeutet in der Praxis Folgendes:


Bei einer einstweiligen Verfügung wird, da es sich um ein gerichtliches Eilverfahren handelt, durch viele Gerichte der Streitwert reduziert, häufig um 1/3. Wenn somit der Streitwert der einstweiligen Verfügung 10.000,00 Euro beträgt, wäre der Streitwert der Hauptsache 15.000,00 Euro. Auf diesen Streitwert der Hauptsache werden dann die Anwaltskosten zur Aufforderung zur Abgabe der Abschlusserklärung berechnet. Bei diesem beispielhaften Streitwert wären dies ca 1.000,00 Euro netto.


Eine Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung kann daher gern einmal über 1.000,00 Euro kosten, je nach Streitwert der einstweiligen Verfügung auch erheblich mehr.


Diese Kosten können Sie vermeiden, wenn Sie von sich aus quasi unaufgefordert innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung eine Abschlusserklärung abgeben.


Wenn gegen eine einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt wird, empfiehlt es sich, die Gegenseite darüber zu informieren, wenn der Abmahner in Unkenntnis, dass Widerspruch eingelegt worden ist, zur Abgabe einer Abschlusserklärung auffordert, sind die Kosten dafür durch den Abgemahnten dennoch zu erstatten, wenn es innerhalb der zwei-Wochen-Frist nach Zustellung keine Mitteilung über die Einlegung des Widerspruches gibt, so aktuell der Bundesgerichtshof (Az: I ZR 61/22).


Einstweilige Verfügung erhalten? Lassen Sie sich unverzüglich beraten


Wir empfehlen dringend, dass Sie sich anwaltlich beraten lassen, wenn Sie eine wettbewerbsrechtliche oder markenrechtliche einstweilige Verfügung erhalten haben. Wir klären mit Ihnen, was Sie unverzüglich umsetzen müssen, um nicht gegen die einstweilige Verfügung zu verstoßen. Wir prüfen, ob ein Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung erfolgsversprechend ist. Falls ein Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg hat, beraten wir Sie konkret zur Abschlusserklärung.


Lassen Sie nach Zustellung der einstweiligen Verfügung für eine Beratung nicht zu viel Zeit verstreichen – Zeit ist ein wichtiger Faktor, der viel Geld sparen kann nach Erhalt einer einstweiligen Verfügung, um dann richtig zu reagieren.


Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.


Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  


Haben auch Sie eine einstweilige Verfügung erhalten erhalten ?


Wenn auch Sie eine einstweilige Verfügung erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:


  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).



  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.



Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Foto(s): Ra Richard

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