Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

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Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sorgt in der Praxis immer wieder für Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Während sich Arbeitnehmer auf ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlassen, hegen Arbeitgeber nicht selten Zweifel an der Krankheit und verweigern die Lohnfortzahlung. Doch welche Rechte und Pflichten bestehen für beide Seiten? Wann darf der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern? Und wie können Arbeitnehmer ihre Ansprüche durchsetzen?

1. Grundsatz der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG

Arbeitnehmer haben gemäß § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu sechs Wochen, wenn sie unverschuldet arbeitsunfähig erkranken. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis bereits mindestens vier Wochen bestanden hat. Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber unverzüglich anzeigen und je nach Vereinbarung bereits am ersten Tag oder auch später (häufig ab dem vierten Krankheitstag) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) vorlegen.

2. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ihre Beweiskraft

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt als starkes Indiz für das Bestehen einer Krankheit. Arbeitgeber sind grundsätzlich verpflichtet, die Entgeltfortzahlung zu leisten, sobald eine gültige AU-Bescheinigung vorliegt. Dennoch gibt es Situationen, in denen der Arbeitgeber Zweifel an der AU-Bescheinigung hat.

Typische Zweifel entstehen in folgenden Fällen:

  • Krankmeldungen unmittelbar vor oder nach Wochenenden und Feiertagen

  • Arbeitsunfähigkeit nach einer Kündigung oder einer Abmahnung

  • Gleichzeitige Nebentätigkeiten oder Reisen trotz attestierter Krankheit

3. Wann darf der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern?

Laut der aktuellen Rechtsprechung, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.12.2023 – 5 AZR 137/23, kann der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit anmelden und die Entgeltfortzahlung verweigern, wenn besondere Umstände vorliegen, die die AU-Bescheinigung entkräften. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Krankheit exakt die gesamte Kündigungsfrist abdeckt oder der Arbeitnehmer während der attestierten Krankheit einer anderen Tätigkeit nachgeht.

In solchen Fällen ist der Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert und der Arbeitnehmer trägt die volle Beweislast und muss nachweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war.

4. Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer bei verweigerter Zahlung?

Arbeitnehmer sollten sich nicht ohne Weiteres mit der Nichtzahlung ihres Gehalts abfinden. Folgende Schritte sind empfehlenswert:

  • Schriftliche Aufforderung an den Arbeitgeber zur Zahlung der Entgeltfortzahlung

  • Hinweis auf die bestehende AU-Bescheinigung und den hohen Beweiswert

  • Einschaltung eines Anwalts und notfalls Klage beim Arbeitsgericht

Wichtig: Viele Arbeitsverträge enthalten Ausschlussfristen, die eine fristgerechte Geltendmachung von Ansprüchen erfordern. Arbeitnehmer sollten sich daher frühzeitig rechtlich beraten lassen.

5. Empfehlungen für Arbeitgeber zur rechtssicheren Handhabung

Arbeitgeber sollten im Falle von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit folgende Schritte beachten:

  • Sorgfältige Dokumentation: Auffällige Krankheitsmuster oder Regelmäßigkeiten sollten genau erfasst werden.

  • Verlangen einer weiteren ärztlichen Untersuchung: Falls berechtigte Zweifel bestehen, kann je nach Situation eine erneute Untersuchung durch den Medizinischen Dienst oder eine betriebsärztliche Begutachtung erwogen werden.

  • Konsultation eines Rechtsanwalts: Vor einer Zahlungsverweigerung sollte stets eine rechtliche Prüfung erfolgen, um unnötige Risiken zu vermeiden.

Falsch begründete oder willkürliche Zahlungsverweigerungen können zu kostspieligen Gerichtsverfahren und Schadensersatzforderungen führen. Ein erfahrener Anwalt kann helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen.

6. Fazit: Rechtssicherheit durch Beratung

Ob als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber – die Frage der Entgeltfortzahlung kann schnell zu einer rechtlichen Auseinandersetzung führen. Eine rechtzeitige Beratung durch einen Rechtsanwalt sorgt für Klarheit und vermeidet finanzielle Nachteile.

Haben Sie Fragen zur Entgeltfortzahlung oder möchten Sie sich zu Ihrer individuellen Situation beraten lassen? Kontaktieren Sie uns jetzt für eine Erstberatung! Wir unterstützen Sie kompetent und bundesweit.

Lams. die KANZLEI.

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