Erben, Vererben, Verschenken - Grundzüge

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Erbrechtliche Grundzüge


Die meisten versuchen, das Thema Tod zu verdrängen. Man stirbt ohnehin früh genug, es wird schon noch dauern, nach mir die Sintflut, sind Gedanken, die viele haben. Dass jeder irgendwann stirbt, ist nicht zu vermeiden. Aber man kann etwas tun, damit das, für was man gelebt und sich geschaffen hat, denjenigen zukommt, die es aus der eigenen, höchst persönlichen Sicht verdient haben. Sie alleine bestimmen, wer was bekommt. Nur den Pflichtteil für bestimmte Verwandte hat der Gesetzgeber aus Ihrer Dispositionsfreiheit ausgenommen. Aber auch hier gibt es Möglichkeiten, das Pflichtteilsthema frühzeitig und testamentarisch zu optimieren.


Mit einem Testament hat jeder die Möglichkeit, ohne jede Einflussnahme seinen letzten Willen zu formulieren. Wer auf dem Sterbebett liegt und ihm in diesem Moment bewusst wird, dass er nichts geregelt hat, er sich bewusst wird, dass bestimmte, von ihm geliebte Menschen aus seinem Nachlass nicht das bekommen, was man ihnen zukommen lassen will, dafür vielleicht jemand erbt, der nichts oder weniger bekommen soll, dass Ziele und Werte für die man gearbeitet und gelebt hat, einem missgünstigen Menschen zukommen oder verschwendet werden, der stirbt mit Qualen im Herzen.
Es gibt unglückliche Verkettungen von Todesfällen, die die sogenannte „natürliche Reihenfolge“ überspringen. Was ist, wenn Kinder vor den Eltern sterben. Plötzlich können andere Personen, an die man nie gedacht hat, sich an seinem mühsam erarbeiteten Eigentum bereichern und sich freuen, dass der Verstorbene so „blöde“ war, kein Testament zu machen.
Daher sollte wirklich jeder seinen letzten Willen schon in jungen Jahren regeln. Testamente können auch jederzeit neu geschrieben und verändert werden. Dies gilt natürlich nicht für gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge, die jeweils nur gemeinschaftlich und einvernehmlich geändert werden können. aber auch das geht.
Mit Testament stirbt man zwar auch, aber man kann sich sicher sein, dass mit dem Nachlass so verfahren wird, wie man es sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gewünscht hat. Und man schießt das Risiko aus, beim herannahenden Tode sich nicht mit den Gedanken zu quälen, was aus dem Nachlass wird.


Welche Möglichkeiten Sie beim Abfassen Ihres Testaments haben, welche Formen Sie beachten müssen, welche steuerlichen Auswirkungen welche Regelungen haben, all das erfahren Sie nicht bei Ihrem Arzt oder Apotheker – nein, sondern bei dem Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.
Stichwortartige Grundlagen des Erbrechts:
VERSCHENKEN!!! VERERBEN!!! ERBEN!!!

Jeder sollte Vorsorge treffen für den Fall eines Unfalles oder Krankheit, die seine Handlungsfähigkeit aufhebt, z.B. Schlaganfall.
Hier sollte man eine Vorsorgevollmacht mit mehreren Originalen zur Vorlage bei Banken, Behörden etc. erstellen. Mit der Vorsorgevollmacht werden Personen bevollmächtigt, für diese Vorsorgefälle für den Kranken oder Verletzten erforderliche Rechtshandlungen vorzunehmen. Eine Vorsorgevollmacht kann einen Betreuer benennen und eine Betreuung zu vermeiden helfen, wenn der Bevollmächtigte mit den Vollmachten eines Betreuers ausgestattet wird.


Davon zu unterscheiden ist die Patientenverfügung, mit der man regelt, wie sich die Behandlung oder Nichtbehandlung gestalten soll.
So frühzeitig als möglich sollte man sich Gedanken machen, wem man mit seinem Geld eine Freude machen kann. Zum einen der Freude wegen, die schenken macht und zum anderen, um bestimmte, einem nahe stehende Personen, meist Ehepartner, Lebenspartner oder Kinder und Enkel in ihrem Leben zu fördern, eine Ausbildung durchzuführen, eine Wohnung einzurichten, ein schönes Auto zu fahren etc.
Steuern zu sparen, kann ein weiteres Motiv für Schenkungen sein.


Dann kann man, wenn man zu Lebzeiten sich noch nicht von bestimmten Vermögenswerten trennen will, Schenkungen unter Lebenden auf den Todesfall vornehmen. Dies kann in Form von Lebensversicherungen – Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall erfolgen oder auch bezüglich Wertpapierdepots erfolgen. Durch unwiderrufliche Anweisung des Schenkers an die Versicherung oder Bank, die Versicherungssumme oder das Depot zu übertragen, kommt die Schenkung durch den Vollzug zustande, wenn also der Beschenkte die Versicherungssumme oder das Depot erhält und hiermit einverstanden ist.
Grundsätzlich gilt für Schenkungsverträge die notarielle Beurkundung, es sei denn, dass die Schenkung vollzogen ist. D.h. der geschenkte Gegenstand in den Besitz und Eigentum des Beschenkten übergegangen sind. Ist die Schenkung nicht vollzogen und nicht notariell beurkundet, könnten die Erben das Schenkungsversprechen vor dessen Erfüllung widerrufen, es sei denn, dass dieses unwiderruflich abgegeben wurde.
Hier gibt es die Möglichkeit von Auflagen für den Beschenkten und die Möglichkeit des Widerrufs für den Fall des groben Undanks.
Wichtig!!!!: Schenkungen können innerhalb von 10 Jahren ab Eintritt der Bedürftigkeit vom Sozialamt z.B. Pflegefall zurückverlangt werden.
Schenkungen innerhalb von 10 Jahren vor dem Todesfall erhöhen die Erbmasse zugunsten von Pflichtteilsberechtigten.
Bei Immobilienschenkungen können sich die Schenker lebenslang den Nießbrauch erhalten oder aber umgekehrt den Kindern einen Nießbrauch schenken.


Jeder sollte ein Testament errichten. In der Praxis kommen folgende Testamente vor:
- eigenhändiges, handschriftliches Testament einer Person
- eigenhändiges, handschriftliches Testament von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern
- notarielles Testament


Testament kann jeder Volljährige, der testierfähig ist, also jeder Geschäftsfähige und Personen, die die Tragweite ihres Testaments aufgrund ihrer natürlichen Willensbildung erkennen können, errichten. Minderjährige ab 16 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen. Wer entmündigt ist oder unter Betreuung steht, in der Regel nicht mehr, es sei denn, dass Besonderheiten der Erkrankung eine Testierfähigkeit attestieren.
Problembereiche, Testamente von alten Personen, die unter Alzheimer oder Demenz leiden und irgendwann unter Betreuung gestellt wurden.
Daneben gibt es noch ein Nottestament mit 3 Zeugen, wenn z.B. bei einem Bergunfall mit dem Ableben gerechnet wird.
Im Testament kann man regeln, wer Erbe wird. Erbe oder mehrere Erben sind die Rechtsnachfolger des Erblassers. Sie treten unmittelbar in deren Rechtsstellung ein. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft.


Demgegenüber sind Vermächtnisnehmer Personen, die lediglich gegen die Erben einen Anspruch auf Zahlung oder Herausgabe haben.
Erben können jedoch auch mit Vorausvermächtnis bedacht werden. Auch kann der Erblasser bestimmte Teilungsanordnungen treffen und den Erben und Vermächtnisnehmern bestimmte Auflagen machen.
Tiere können keine Erben sein. Aber man kann durch Auflagen an Erben oder Vermächtnisnehmer die Pflege des Tieres sichern.


Ein Erbvertrag ist eine weitere Möglichkeit seinen Nachlass verbindlich zu regeln., Hierin können sich Erblasser und Erben umfassend wechselseitig verpflichten und auch einen Erbverzicht regeln.Sonst gilt gesetzliche Erbfolge, insbesondere Kinder, Eltern und deren Abkömmlinge sowie Ehegatte. Stiefkinder sind keine gesetzlichen Erben.


Wer Unternehmer ist, der sollte für den Fall seines Ausfalls durch Krankheit, Unfall oder Tod besondere Vorkehrungen treffen, um die Fortführung seines Geschäfts zu sichern. Insbesondere Vollmachten und Unternehmensnachfolge regeln.
Die Einzelfirma geht auf den oder die Erben über. Sollte eine besondere Zulassung z.B. gemäß Handwerksordnung erforderlich sein, müssen die Erben, sofern ihnen die Voraussetzung fehlt, jemanden einstellen. Bei Fortführung des Geschäfts tritt Haftung für Altschulden des Erblassers ein, es sei denn, er schließt die Firma innerhalb von 3 Monaten. Durch Eintrag ins Handelsregister kann die Haftung bezüglich des Privatvermögens des Erben ausgeschlossen werden.
In Gesellschaftsverträgen von Handelsgesellschaften sind in aller Regel Nachfolgeklauseln enthalten. Ist geregelt, welcher Erbe in die Gesellschaft nachfolgt. Sonst ist der Wert des Anteils an die Erben auszubezahlen. Wie der Wert zu berechnen ist, ist in aller Regel im Gesellschaftsvertrag geregelt.
Bei einer KG gehen die Kommanditanteile auf die Erben über. Die Komplementärstellung kann auf die Erben übergehen, wenn dies gesellschaftsrechtlich so geregelt ist. In der KG muss es mindestens einen persönlich haftenden Gesellschafter geben.
Bei der GmbH gehen die Gesellschaftsanteile auf die Erben über. Die Gesellschaft kann mit den Erben fortgesetzt werden oder die Anteile werden ausbezahlt. Bei der kleinen Aktiengesellschaft wird die AG entweder mit den Erben fortgesetzt oder diese werden ausbezahlt.

Auslandsvermögen: Hier aufgepasst. In anderen Ländern können andere Erbschaftsregeln gelten, auch für Deutsche. Beispiel: In Frankreich gilt unterschiedliches Erbrecht für Mobilien und Immobilien. Für Immobilien gilt ausschließlich französisches Erbrecht.
Schwarzgeldkonten: Probleme für Erben beim Vorfinden von Schwarzgeldern: Selbstanzeige, Nachzahlen von Steuern und Strafsteuern.
Problem: Anerkennung deutscher Erbscheine im Ausland
Auslandskonten: Vollmachten erforderlich und bei Nummernkonten die Nummern sowie Zugangscode.

Daher sollten Erblasser bzw. Vollmachtgeber hierauf Bedacht nehmen, dass die Bevollmächtigten bzw. Erben auch Zugriff auf das Vermögen haben. Daher ist eine Auflistung von Konten, Sparbüchern Depots etc. sinnvoll.

 


Wichtig ist, dass derjenige, der ein Testament macht, seinen Willen klar artikuliert, um Missverständnisse jeder Art auszuschließen. Stets daran denken, Ersatzerben einzusetzen, da man nicht weiß, wer wann stirbt. Sonst greift die gesetzliche Regelung. Erbe kann nur sein, wer im Todeszeitpunkt des Erblassers lebt. Zu bedenken ist auch, einen Ersatzerben für den Fall einzusetzen, dass ein Erbe den Erblasser nur kurze Zeit, z.B. Stunden, Tage oder Wochen überlebt, z.B. nach einem gemeinsamen Unfall.
Möglich ist auch, jemanden als Vorerben und jemanden als Nacherben einzusetzen, auch jemand der noch nicht geboren oder gezeugt ist, kann Nacherbe sein. Regelmäßig kann Nacherbschaft für bis zu 30 Jahre angeordnet werden. In besonderen Fällen kann diese Frist bis 60 Jahre ausgedehnt werden. Man kann Vorerbschaft, Nacherbschaft und Ersatzerben kombinieren. Der Nacherbe ist, wenn nichts anderes geregelt ist, Ersatzerbe des Vorerben.
Der Vorerbe kann nicht oder voll befreit sein, also in seinen Dispositionen über die Erbmasse frei oder beschränkt sein. Der Vorerbe muss das ererbte Vermögen gesondert von seinem übrigen Vermögen verwalten und dem Nacherben Rechenschaft legen.
Die Erbmasse des Vorerben, soweit er sie dem Nacherben erhalten muss, ist vom Zugriff der Gläubiger des Vorerben befreit.
Durch Testamentsvollstreckung kann die Umsetzung des Testaments erreicht werden, was besonderes bei großen Vermögen oder minderjährigen Erben bzw. Nacherben sinnvoll ist.


Wenn der Todesfall eintritt, so müssen die Angehörigen bzw. Erben wie folgt vorgehen:
Arzt rufen. Dieser stellt den Totenschein aus. Beerdigungsunternehmen beauftragen. Dieses beschafft die Sterbeurkunden.

Lebensversicherungen sind innerhalb von 48 Stunden nach dem Tod über den Todesfall zu informieren. Versicherungspolice und Sterbeurkunde sind vorzulegen.
Sonstige Versicherungen des Erblassers sind zu kündigen bzw. zu klären, ob sie von einem Erben fortgeführt werden sollen.
Die Gemeinde ist zu informieren, Telefon, Wohnung, Strom ggf. zu kündigen, wenn niemand in den Vertrag eintritt.
Bereitlegen von Familienstammbuch, Rentenunterlagen, Krankenkassenunterlagen etc.
Die Beerdigung findet spätestens 5 bis 10 Tage nach dem Tode statt.
Wenn ein Testament aufgefunden wird, muss dieses dem zuständigen Nachlassgericht, Amtsgericht am Wohnsitz des Toten, übergeben werden – sonst Urkundenunterdrückung und Schadensersatz
Wenn Testament oder gesetzliche Erbfolge müssen die Erben sich so schnell es geht einen Überblick über den Nachlass verschaffen.
Da die Erben mit ihrem eigenen Vermögen für Schulden des Erblassers sowie des Nachlasses haften, müssen sie prüfen, ob Überschuldung vorliegen kann.
Liegt sicher Überschuldung vor, entweder die Erbschaft ausschlagen oder Nachlassinsolvenz beim Nachlassgericht beantragen. Die Insolvenzverwalter verteilt die Erbmasse unter die Gläubiger nach Quoten.
Ist unklar, ob Überschuldung vorliegt, kann Nachlassverwaltung beim Nachlassgericht beantragt werden oder ebenfalls die Erbschaft ausschlagen. Bei der Nachlassverwaltung wird ein Verwalter eingesetzt, der den Nachlass verwaltet und den Erlös der Erbengemeinschaft übergibt, wenn die Erbmasse abgewickelt ist.

Die Ausschlagung muss innerhalb von 6 Wochen nach bekannt werden der Erbenstellung beim Nachlassgericht ausgeschlagen werden.
Diese 6-Wochenfrist gilt auch für eine Anfechtung der Annahme bzw. Ausschlagung.


Eine Erbengemeinschaft setzt die Erbmasse auseinander, teilt sie bzw. den Erlös auf. Wenn dies nicht einvernehmlich geschieht, kann jeder Erbe die Auseinandersetzung ggf. gerichtlich durchsetzen und ggf. eine Teilungsversteigerung herbeiführen, in der z.B. das Elternhaus versteigert wird. Wichtig ist, dass vor der Auseinandersetzung sämtliche Schulden des Erblasser befriedigt sind, weil die Erben hierfür haften!

Resümee:
Frühzeitig so viel als möglich regeln. Dies gilt für potentielle Erblasser wie für potentielle Erben.
Im Erbfalle ohne klare, verbindliche Regelungen treffen, möglichst bemüht sein, keinen Rechtsstreit entstehen zu lassen, sondern die Erbmasse einvernehmlich aufteilen.



Gesetzliche Erbfolge

Verwandtenerbrecht

1. Ordnung : Abkömmlinge (Kinder, Enkel)
2. Ordnung : Eltern, Geschwister und deren Kinder
3. Ordnung : Großeltern, Onkel, Tanten


Ehegattenerbrecht
Ehescheidung weder beantragt noch zugestimmt

1. Alleinerbe, wenn weder Kinder noch Eltern oder Geschwister

2. Quote :
neben Kindern zu ¼
neben Eltern, Geschwistern oder Großeltern zu ½

Zugewinngemeinschaft:

1. zusätzlich ¼ für Zugewinnausgleich
2. wenn Kinder: Ehegatte ½ - Kinder ½

3. wenn keine Kinder aber Eltern des Erblassers noch leben: ¾ Ehegatte

Gütertrennung:

1. Ehegatte ¼
2. Wenn 1 Kind : Ehegatte ½ - Kind ½
3. Wenn 2 Kinder: Ehegatte 1/3 -  je Kind 1/3
4. Wenn 3 Kinder: Ehegatte ¼ - je Kind ¼



Bei Enterbung
Bei Erbeinsetzung, wenn Erbquote kleiner als Pflichtteilsquote:

1. Höhe des Pflichtteils: Geldanspruch in Höhe der ½ des Wertes des gesetzlichen Erbteils

2.  Pflichtteilsberechtigte:

- enterbte Kinder (Enkelkinder nur, wenn keine Kinder mehr leben)
- enterbte Eltern: nur, wenn keine Kinder vorhanden
- enterbter Ehegatte: wenn Zugewinngemeinschaft besteht Anspruch auf Zugewinnausgleich und kleinen Pflichtteil (neben Kindern 1/8, wenn keine Kinder aber Eltern ¼)
- Ehegatte mit kleinem Erbteil oder Vermächtnis bedacht: Aufstockung zum großen Pflichtteil (neben Kindern, ¼, wenn keine Kinder aber Eltern 3/8)
- Ehegatte schlägt testamentarisch zugewandten Erbteil aus: Zugewinnausgleich und kleiner Pflichtteil

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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