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Erbschaftsteuer bei doppelter Staatsbürgerschaft (türkische und deutsche Staatsbürger)

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1- Was sind Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer?

Die Erbschaftsteuer (Veraset Vergisi) ist eine Steuer, die auf den Wert der Vermögenswerte erhoben wird, die eine Person nach dem Tod des Erblassers erhält. Sowohl in Deutschland als auch in der Türkei betrifft diese Steuer alle Arten von Vermögenswerten, die vererbt werden – dazu zählen Immobilien, Geld, Wertpapiere oder andere Besitztümer.

Die Schenkungsteuer (İvazsız İntikal Vergisi) hingegen wird auf Vermögensübertragungen zwischen lebenden Personen erhoben, wenn eine Schenkung stattfindet. Dabei handelt es sich um eine freiwillige, unentgeltliche Übertragung von Vermögen, bei der der Schenker dem Beschenkten etwas überlässt, ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten.

Die Schenkungsteuer ist somit vergleichbar mit der Erbschaftsteuer, wird jedoch bereits zu Lebzeiten des Schenkers fällig, während die Erbschaftsteuer erst nach dem Tod des Erblassers erhoben wird.

Steuersätze in der Türkei und in Deutschland

Ab dem Jahr 2025 gelten in der Türkei folgende Erbschafts- und Schenkungssteuersätze:

  • Wenn der Erbschaftsanteil jedes Nachkommens und Ehepartners bis zu 2.316.628TL beträgt, wird keine Steuer erhoben.
  • Falls keine Nachkommen vorhanden sind, bleibt der Erbanteil des Ehegatten bis zu 4.636.103TL steuerfrei.
  • Unentgeltliche Erwerbe wie Schenkungen sowie Gewinne aus Wettbewerben und Gewinnspielen bleiben bis zu 53.339TL steuerfrei.

https://www.resmigazete.gov.tr/eskiler/2024/12/20241230M2-5.htm

Zum Beispiel für die ersten 2.400.000 TL; Der Erbschaftssteuersatz beträgt 1 Prozent und der Schenkungssteuersatz 10 Prozent. Und die Beträge steigen, wie Sie auf dem Schild sehen können.

Erbschaftssteuersätze in Deutschland: In Deutschland sind die Erbschafts- und Schenkungssteuersätze progressiv gestaltet. Das bedeutet, die Steuersätze variieren je nach Höhe des Vermögens und dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser bzw. Schenker und dem Erben bzw. Beschenkten. Die Regelungen sind in drei Steuerklassen unterteilt, die Freibeträge und Steuersätze für unterschiedliche Verwandtschaftsverhältnisse festlegen.(Beträge, die den Freibetrag übersteigen, unterliegen der Erbschafts- oder Schenkungsteuer.)

2- Wer unterliegt der Erbschafts- und Schenkungssteuer?

Das zentrale Prinzip ist das “Wohnsitzprinzip” in Deutschland und das “Staatsangehörigkeitsprinzip” in der Türkei. Diese Unterschiede haben große Auswirkungen auf die Steuerpflicht. (Weltvermögensprinzip)

In der Türkei 

Das türkische Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (7338 sayılı Veraset ve İntikal Vergisi Kanunu) legt folgende Regeln fest:

1. Personen mit türkischer Staatsbürgerschaft sind steuerpflichtig, unabhängig davon, wo sich das Vermögen befindet.

2. Vermögenswerte (Immobilien, Geld etc.), die sich in der Türkei befinden, unterliegen der Steuer, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Erben.

3. Auch im Ausland geerbtes Vermögen türkischer Staatsbürger wird besteuert.

4. Ausnahme: Wenn ein türkischer Staatsbürger im Ausland ein Vermögen hinterlässt und der Erbe kein türkischer Staatsbürger ist und keinen Wohnsitz in der Türkei hat, fällt keine Steuer an.

Zusammenfassend; Wenn entweder der Verstorbene oder der Erbe türkischer Staatsbürger ist, ist die Steuerpflicht in der Türkei grundsätzlich gegeben – es sei denn, der Erbe ist Ausländer und hat keinen Wohnsitz in der Türkei.

In Deutschland

Nach deutschem Recht wird die Steuerpflicht wie folgt geregelt:

1. Unbeschränkte Steuerpflicht

Eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht besteht, wenn entweder der Erblasser oder der Erwerber (z. B. der Erbe) als Inländer gilt.

  • Inländer im Sinne des Erbschaftsteuerrechts ist jede natürliche Person, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
  • Zur Verdeutlichung: Die Steuerpflicht wird ausgelöst, wenn entweder der Erbe oder der Verstorbene in Deutschland gelebt hat oder noch dort lebt.

2. Besonderheiten für deutsche Staatsbürger

Auch deutsche Staatsangehörige ohne Wohnsitz in Deutschland werden als Inländer behandelt, wenn sie sich nicht länger als fünf Jahre durchgehend im Ausland aufgehalten haben.

  • Anders ausgedrückt: Ein deutscher Staatsbürger muss mehr als fünf Jahre im Ausland gelebt haben, um die Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland zu vermeiden.
  • Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland unterliegen ebenfalls der unbeschränkten Steuerpflicht.

Zusammenfassend:

Während in der Türkei die Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft des Erben anknüpft, richtet sich die Steuerpflicht in Deutschland nach dem Wohnsitz des Erblassers oder des Erben.

3- Doppelbesteuerung bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer

Ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) zwischen der Türkei und Deutschland wurde am 19. September 2011 neu geregelt. Ziel dieses Abkommens ist es, festzulegen, welchem Staat das Besteuerungsrecht für die erzielten Einkünfte zukommt. Es soll verhindern, dass natürliche oder juristische Personen in beiden Staaten gleichzeitig besteuert werden.

Wichtig:

Erbschafts- und Schenkungssteuern sind in diesem Abkommen jedoch nicht enthalten. Dies bedeutet, dass es in diesen Bereichen weiterhin zu Doppelbesteuerung kommen kann.

Abkommen Deutschlands mit anderen Ländern:Deutschland hat im Bereich der Erbschaftsteuer Doppelbesteuerungsabkommen nur mit folgenden Ländern geschlossen: Schweiz, USA, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Schweden. Für den Bereich der Türkei existiert ein solches Abkommen nicht.

Wie aus der Tabelle der Variablen hervorgeht (Staatsangehörigkeit, Wohnsitz, Standort der Immobilie), besteht in den meisten Fällen eine Doppelbesteuerung. Dabei müssen Vermögenswerte, die in beiden Ländern steuerpflichtig sind, entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften versteuert werden. 

Die wichtigste Angelegenheit liegt hier in der letzten Zeile. Bei Vorliegen einer doppelten Staatsbürgerschaft kommt es in jedem Fall zu einer Doppelbesteuerung des Vermögens sowohl in Deutschland als auch in der Türkei.

„Konsularvertrag von 1929 zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich“

Laut dem Konsularvertrag von 1929, der zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich abgeschlossen wurde, wurden Regelungen getroffen, die sich nach dem nationalen Recht des Verstorbenen und dem Standort des beweglichen oder unbeweglichen Vermögens richten. Dieser Vertrag ist nach wie vor gültig.

Nach diesem Vertrag gilt die vorrangige Regel, dass das nationale Recht des Verstorbenen angewendet wird. Wenn das Erbe jedoch ein unbewegliches Vermögen ist:

  • Liegt das unbewegliche Vermögen in Deutschland, wird ein Erbschein nach deutschem Recht ausgestellt.
  • Liegt das unbewegliche Vermögen in der Türkei, wird ein Erbschein nach türkischem Recht ausgestellt.

In der Türkei wird der Erbschein von den Friedensgerichten (Sulh Hukuk Mahkemeleri) ausgestellt. Wenn es sich um bewegliches Vermögen handelt, z. B. Geld auf einem Bankkonto wird ausschließlich für das nationale Recht des Verstorbenen angewendet. Das bedeutet, wenn ein türkischer Staatsbürger in Deutschland Geld auf einem Bankkonto hinterlässt, wird der Erbschein, der in der Türkei ausgestellt wurde, auch in Deutschland verwendet. Ebenso reicht für Geld, das einem deutschen Staatsbürger in einer türkischen Bank hinterlassen wurde, der in Deutschland ausgestellte Erbschein aus.

Durch die Auslegung dieses Gesetzes könnte auch die Steuerpflicht festgelegt werden. Es gibt jedoch keine klare Meinung zu diesem Thema. Es wurde festgelegt, welches Recht bei Erbschaftsangelegenheiten angewendet wird, jedoch gibt es keine klare Regelung bezüglich der Erbschaftsteuer.

Im Lichte dieser Regelungen lässt sich sagen, dass die Steuer in dem Land gezahlt werden sollte, in dem sich das Vermögen befindet. Auch wenn dies nicht unter das Verbot der Doppelbesteuerung fällt, lässt sich aus der Auslegung des Konsularvertrages schließen, dass die Steuerpflicht im Land des Vermögens besteht.

Ein Beispiel aus der Türkei: Ein deutscher Staatsbürger hinterließ einem anderen deutschen Staatsbürger sein Geld in einer türkischen Bank. Der Erbe zahlte die Erbschaftsteuer in Deutschland. Er meldete dies der Bank in der Türkei. Da das Vermögen jedoch in der Türkei war und es sich um eine Steuer handelt, die nicht unter das Verbot der Doppelbesteuerung fällt, wurde die Steuer auch in der Türkei fällig. Der Konsularvertrag wurde jedoch nicht ausgelegt.

4- Kann eine ausländische Erbschaftsteuer angerechnet werden?

Ja. Eine Doppelbesteuerung mit türkischer und deutscher Erbschaftsteuer kann, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar ist, durch die Anwendung von § 21 ErbStG und Artikel 12 des türkischen Erbschaftssteuergesetzes abgemildert werden. Hiernach kann durch den Steuerpflichtigen beim Vorliegen der Voraussetzungen beantragt werden, dass die Zahlung der türkischen Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet wird.

Obwohl eine Doppelbesteuerung möglich ist, kann die in einem Land gezahlte Erbschaftsteuer im anderen Land angerechnet werden, um eine Steuerermäßigung zu erzielen.

Die Höhe der Anrechnung hängt von der Art des Vermögens und der Verwandtschaftsbeziehung des Erben ab, da sich die Steuersätze je nach den jeweiligen Steuerregelungen unterscheiden können. Wenn Sie in dieser Angelegenheit Unterstützung benötigen, können Sie sich an einen Steuerberater wenden, der Ihnen genau mitteilen kann, in welchem Umfang die Anrechnung möglich ist.

5- Erbschaftsteuerpflicht bei doppelter Staatsbürgerschaft

Da in der Türkei und in Deutschland kein Doppelbesteuerungsverbot besteht und sowohl das Wohnsitz- als auch das Staatsangehörigkeitsprinzip Anwendung finden, spielt die doppelte Staatsbürgerschaft in der Regel keine wesentliche Rolle.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Erbschaftsteuer in der Türkei im Vergleich zu Deutschland sehr gering ist.

Deshalb gibt es hinsichtlich der Erbschaftsteuer in der Türkei keinen großen Grund zur Besorgnis. Für türkische Staatsbürger wird jedoch auch das Erbe in Deutschland in der Türkei gemeldet werden müssen. Selbst in diesem Fall wird die Erbschaftsteuer in der Türkei nicht sehr hoch ausfallen. Zudem wird durch das Anrechnungsverfahren eine Reduzierung der Steuer möglich sein.

Wenn das Erbe in Deutschland der Türkei gemeldet wird, ist es für die Türkei sehr schwierig, dies zu überprüfen. Daher entscheiden sich viele Menschen, das Erbe nicht zu melden und gehen ein gewisses Risiko ein. Die Türkei wird nur dann davon erfahren, wenn der Erbe dies meldet oder sie es anderweitig herausfindet. Das gilt auch für Deutschland. Wenn beispielsweise Immobilien in der Türkei nicht gemeldet werden, ist es für Deutschland ebenfalls sehr schwer, davon Kenntnis zu erlangen. Es ist jedoch nicht unmöglich, und sollte es entdeckt werden, könnte eine Steuerstrafe verhängt werden. In der Türkei sind die Strafen nicht sehr hoch, aber diese Strafe könnte in Deutschland problematisch sein.

Tatsächlich gibt es auch ohne doppelte Staatsbürgerschaft keine großen Änderungen, da das Verbot der Doppelbesteuerung diese Erbschaftsteuer nicht umfasst. Es tritt nur in Ausnahmefällen nach türkischem Recht auf. Das bedeutet, wenn ein türkischer Staatsbürger im Ausland Vermögen hinterlässt und der Erbe ausländischer Staatsbürger ist und keinen Wohnsitz in der Türkei hat, muss auch im Falle der doppelten Staatsbürgerschaft die Erbschaftssteuer in der Türkei gezahlt werden.

Wenn wir den Konsularvertrag berücksichtigen, lautet die Regelung zur doppelten Staatsbürgerschaft nach unserer Auffassung wie folgt: Das Land, in dem sich das Vermögen befindet, sollte auch das Land sein, dessen Staatsbürger der Erbe ist, und in diesem Land sollte die Steuer gezahlt werden. Es gibt jedoch noch keine klare Regelung zu diesem Thema. Entwürfe für internationale Verträge existieren, und Gespräche werden geführt, aber es wurde noch kein Vertrag unterzeichnet.

6- Fazit und Empfehlungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Erbschafts- und Schenkungssteuern nicht unter das Verbot der Doppelbesteuerung fallen. Daher stellt die Doppelbesteuerung ein Problem dar, unabhängig davon, ob Sie die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen oder nicht.

Nur in einem Fall werden Sie aufgrund der doppelten Staatsbürgerschaft auch in der Türkei besteuert: Wenn der Verstorbene türkischer Staatsbürger war und der Erbe Ausländer ist und keinen Wohnsitz in der Türkei hat. Falls Sie die doppelte Staatsbürgerschaft erwerben, unterliegen Sie auch der Steuerpflicht in der Türkei.

Unabhängig davon, ob Sie nur deutscher Staatsbürger oder Doppelstaatsbürger sind, kommt es in den meisten Fällen zu einer Doppelbesteuerung. In jedem Fall, in dem eine Doppelbesteuerung vorliegt, wird diese durch die Verrechnungsmethode gemindert.

Nach türkischem Recht können Sie durch andere rechtliche Vereinbarungen versuchen, die Erbschaftsteuer zu vermeiden. Es ist jedoch wichtig, dabei die familiären Beziehungen zu berücksichtigen und zu prüfen, ob ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Erben besteht. Besonders zu Lebzeiten führt die Festlegung von Regelungen oft zu Unstimmigkeiten und Missverständnissen innerhalb der Familie.

In der Türkei wird bei der Erbschaftsteuer der Verwandtschaftsgrad der Erben berücksichtigt, und es können Freibeträge und Steuererleichterungen gewährt werden. Auch in Deutschland gibt es Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsgrad variieren. Für Doppelstaatler, wie bei einer türkisch-deutschen Staatsbürgerschaft, gelten diese Freibeträge in beiden Ländern, wobei darauf geachtet werden muss, dass beide Länder in der Steuererklärung korrekt informiert werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Abschlag oder der Rabatt auf die Steuer. In Deutschland kann unter bestimmten Umständen ein Rabatt auf die Erbschaftssteuer gewährt werden, insbesondere bei Erbschaften innerhalb der direkten Familienlinie (Eltern, Kinder, Ehepartner). Auch in der Türkei gibt es Steuererleichterungen, insbesondere für nahe Verwandte. Es ist jedoch entscheidend, die steuerlichen Regelungen und Abkommen sorgfältig zu prüfen, um mögliche Vorteile vollständig auszuschöpfen.

Es wird dringend empfohlen, sich frühzeitig steuerlich beraten zu lassen, um die jeweiligen Freibeträge und Rabatte optimal zu nutzen und die steuerlichen Verpflichtungen korrekt zu erfüllen.

Foto(s): Bahar Özmen


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