Erkennungsdienstliche Behandlung - Was muss ich wissen?

  • 4 Minuten Lesezeit

Mit der Ladung für eine erkennungsdienstliche Behandlung durch die Polizei entstehen viele Fragen bei dem Betroffenen, welche Ich im Folgenden erörtern möchte:

  • Was passiert bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung?
  • Wozu dient die erkennungsdienstliche Behandlung
  • Was sind die Voraussetzungen einer erkennungsdienstlichen Behandlung?
  • Muss ich hingehen?
  • Was muss ich vor Ort beachten?
  • Darf ich einen Verteidiger mitnehmen?
  • Habe ich die Möglichkeit die erkennungsdienstliche Behandlung zu vermeiden?


Was passiert bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung?

Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Ermittlungsbehörden erheben Daten. Im Einzelnen geht die Befugnis der Polizei von der Feststellung des Namens, des Wohnortes und des Geburtsdatums, über das Nehmen von Fingerabdrücken (auch Handflächen- und Fußabdrücke) bis hin zur Anfertigung von Lichtbildern oder der Messung von Körpergröße oder Körpergewicht. Es gibt keine abschließende Aufzählung der Befugnisse der Ermittlungsbehörden im Rahmen der ED-Behandlung. Die Maßnahme muss allerdings der Feststellung der körperlichen Beschaffenheit der Person dienen. Es sind demnach nur äußere Eindrücke zu erfassen, wie Narben, Tattoos oder sonstige körperliche Merkmale, die dauerhaft der Identifizierung einer Person dienen können – sei es durch Fotos oder beispielsweise Vermessen der Merkmale. Eine körperliche Untersuchung darf im Rahmen der Norm des § 81b StPO nicht vorgenommen werden.


Wozu dient die erkennungsdienstliche Behandlung?

Die Norm des § 81b StPO enthält zwei Alternativen der ED-Behandlung, welche jeweils einem eigenen Zweck dienen:


§ 81b Absatz 1 StPO

Die Erhebung der Daten erfolgt in dieser Alternative zur Förderung des Strafverfahrens und somit der Strafverfolgung im Einzelfall. Die Maßnahme soll dabei helfen, die Schuld oder Unschuld des Täters nachzuweisen. Hat ein Zeuge beispielsweise den Täter gesehen, können Lichtbilder der beschuldigten Person angefertigt werden, um diese dem Zeugen vorzulegen.


§ 81b Absatz 2 StPO

Diese Alternative hat ein dem einzelnen Strafverfahren übergeordnetes Ziel im Blick. Hier werden die Daten erfasst, um umfassende kriminalpolizeiliche Sammlungen erstellen zu können, welche die Polizei bei der Aufklärung von Straftaten unterstützen sollen. Finden die Ermittlungsbehörden zum Beispiel am Tatort einen Fingerabdruck, können Sie diesen mit einer Datenbank abgleichen.


Was sind die Voraussetzungen einer erkennungsdienstlichen Behandlung?

Bei den Voraussetzungen ist wiederum nach den Alternativen zu unterscheiden:


§ 81b Absatz 1 StPO

  • Beschuldigter

Die betroffene Person muss Beschuldigter sein. Das bedeutet, dass gegen diese Person aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte ein Strafverfahren geführt wird – es muss also ein Tatverdacht bestehen. Hiervon zu unterscheiden ist ein bloßer vager Verdacht – dieser reicht nicht zur Anordnung der Maßnahme aus.

  • Notwendigkeit der Maßnahme

Die Maßnahme muss geeignet sein, die Ermittlungen zu fördern. Gibt es keine Zeugen, die den Täter gesehen haben oder sonstige Beweismittel, die sich auf das Erscheinungsbild des Täters beziehen, gibt es keinerlei Veranlassung, Lichtbilder vom Beschuldigten anzufertigen.


§ 81b Absatz 2 StPO

  • Beschuldigter
  • Notwendigkeit der Maßnahme

Die Polizei muss hier begründen können, warum ein besonderes Interesse an der erkennungsdienstlichen Behandlung besteht.

  • Wiederholungsgefahr

Insbesondere muss eine Gefahr der erneuten Begehung von Straftaten in ähnlichem Ausmaß bestehen. In Betracht kommt auch die Gefahr bereits begangener, dem Beschuldigten aber noch nicht zugerechneter Taten.


Muss ich hingehen?

Kurz gesagt: Ja. Während ein Beschuldigter der Ladung zu einer Vernehmung nicht Folge leisten muss, ist die Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung verpflichtend. Bei Nichterscheinen ist die Polizei berechtigt die Durchführung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs durchzusetzen.


Was muss ich vor Ort beachten?

Grundsätzlich muss ich die Maßnahmen dulden. Diese Duldungspflicht bezieht sich aber nur auf Maßnahmen, an denen der Beschuldigte passiv mitwirken muss. Maßnahmen, bei denen eine aktive Mitwirkung notwendig wäre, beispielsweise die Abgabe einer Stimm- oder Schriftprobe, sind freiwillig. Ein Beschuldigter kann hier im Rahmen des § 81b StPO nicht gezwungen werden. Dementsprechend sollten Sie solchen Maßnahmen immer widersprechen! Tun Sie nicht mehr als notwendig.


Das gilt insbesondere für Gespräche während der ED-Behandlung. Die ED-Behandlung ist keine Vernehmung. Und weil Sie bei einer Beschuldigtenvernehmung bereits das Recht haben, zu dem Tatvorwurf zu schweigen, ohne dass Ihnen dieses nachteilig zur Last gelegt werden darf, dürfen Sie bei der ED-Behandlung erst Recht auf Fragen zum Tatvorwurf schweigen. Lassen Sie sich auch nicht auf harmlose, informelle Gespräche während der Behandlung ein.


Darf ich einen Verteidiger mitnehmen?

Ja. Um Ihre Rechte vernünftig zu wahren, sollten Sie bei einer Ladung zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung nicht nur einen Strafverteidiger kontaktieren, sondern diesen auch mit zu der Maßnahme nehmen.


Habe ich die Möglichkeit die ED-Behandlung zu vermeiden?

Es ist erneut zwischen den Varianten des § 81b StPO zu unterscheiden:


§81b Absatz 1 StPO

Grundsätzlich ist es nicht zu verhindern, dass man zur erkennungsdienstlichen Behandlung erscheinen muss. Es ist möglich, bei Gericht eine Beschwerde einzureichen. Diese hat allerdings keine aufschiebende Wirkung, sodass die ED-Behandlung zunächst trotzdem stattfinden muss. Der Richter kann jedoch entscheiden, dass die Vollziehung der Maßnahme – hier also die Durchführung der ED-Behandlung – zunächst ausgesetzt wird, bis eine Entscheidung über die Beschwerde getroffen wurde. Dieses ist in der Praxis aber eher selten anzutreffen.


§ 81b Absatz 2 StPO

Die Antwort hier lautet jein. Gegen diese Variante der ED-Behandlung kann Widerspruch bzw. Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. Diese hemmt in der Regel die Vollziehung der Maßnahme. Allerdings ist in der Praxis oft zu sehen, dass die sofortige Vollziehung der Maßnahme ausgesprochen wurde. Daher muss zusätzlich noch ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage gestellt werden. Wird dieser für den Beschuldigten günstig beschieden, ist bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die ED-Behandlung zunächst vermieden. In den anderen Fällen ist auch hier das Erscheinen erst einmal nicht zu verhindern.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Jonas Ritter

Beiträge zum Thema