EU-Fahrerlaubnis und Fahren ohne Fahrerlaubnis

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Nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht ist nach der Entziehung der Fahrerlaubnis unter bestimmten Umständen zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis eine MPU erforderlich. Viele Mitbürger scheuen die MPU und wollen über eine EU-Fahrerlaubnis ohne MPU ihre Fahrerlaubnis wiedererlangen.

Das ist grundsätzlich auch möglich. Bereits zur 2. Führerscheinrichtlinie der EU hat der EuGH entschieden, dass EU-Führerscheine unter bestimmten Umständen anzuerkennen sind. Es gab hierzu eine Reihe von Entscheidungen, Maßstab für die Pflicht zur Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU bzw. des EWR erworbenen Fahrerlaubnis sind insbesondere folgende Entscheidungen des EuGH: „Kapper“; „Halbritter“; „Kremer“; „Wiedemann/Funk“; „Zerche/Seuke/Schubert“; „Möginger“; „Weber“; „Schwarz“ „Wierer“; „Scheffler“; „Grasser“; „Apelt“; „Köppl“; „Akyüz“.

Nach diesen Entscheidungen ist die Fahrerlaubnis eines anderen Mitgliedstaates der EU anzuerkennen, wenn das in der Führerscheinrichtlinie niedergelegte Wohnsitzerfordernis eingehalten sowie die Fahreignung vom Ausstellerstaat überprüft wurde. Hierbei entwickelt der ausgestellte Führerschein Beweiskraft, grundsätzlich sind die Voraussetzungen von deutschen Behörden nicht anzuzweifeln. Ausnahmen bestehen dann, wenn sich aus dem Führerschein selbst oder durch offizielle Auskünfte des Ausstellerstaates Gegenteiliges, insbesondere zum Wohnsitzerfordernis, ergibt. Entscheidend für die Pflicht zur Anerkennung ist nach den Grundsätzen des EuGH, dass die Fahrerlaubnis nach Ablauf der strafrechtlichen Sperrfrist oder einer Fahrverbotsfrist bzw. bei einer verwaltungsrechtlichen Entziehung nach den jeweiligen Vorschriften des Mitgliedsstaates ordnungsgemäß erteilt wurde.

Insbesondere ist es einem Mitgliedsstaat versagt, die Umschreibung eines ausländischen Führerscheins davon abhängig zu machen, dass eine erneute Untersuchung der Fahreignung des Antragstellers vorgenommen wird (EuGH, Urt. v. 6. 4. 2006, [Halbritter]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 4. 2007 – III-5 Ss 23/07 – 39/07 IV).

Konsequent betont der EuGH unter Heranziehung der zur 2. EU-Führerscheinrichtlinie entwickelten Grundsätze mit Urteil vom 26.04.12, dass auch unter Geltung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie eine FE anzuerkennen ist, wenn sie bei Beachtung des Wohnsitzerfordernisses außerhalb einer Sperrfrist für die Neuerteilung erteilt wurde.

Es gibt also tatsächlich eine legale Möglichkeit, die MPU in Deutschland zu umgehen. Allerdings ergibt sich aus dem oben Gesagten auch, dass irgendwelche Angebote aus dem Internet, bei denen man nur Unterlagen einreichen muss, ohne tatsächlich seinen Wohnsitz im Ausstellerstaat zu nehmen, nicht seriös sein können.

Vorsicht ist insbesondere für in Großbritannien ausgestellte Führerscheine angebracht, die über das Internet bezogen werden sollen, ohne dass das Wohnsitzerfordernis erfüllt wird. Bei diesen britischen Fahrerlaubnissen handelt es sich oftmals nicht um neu erteilte Fahrerlaubnisse, sondern nur um vermeintlich umgetauschte deutsche Fahrerlaubnisse. Dieses ist vom Sachkundigen aufgrund eines Vermerkes auf der Rückseite des Führerscheins festzustellen. Wenn aber eine vermeintlich in Deutschland bestehende Fahrerlaubnis nur umgetauscht werden sollte, so findet nach einhelliger Rechtsprechung in Deutschland die Führerscheinrichtlinie der EU – richtigerweise – keine Anwendung (BVerwG 3 B 19.11. vom 08.09.11). Ohne Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland stellt die in einem Mitgliedstaat der EU erworbene Fahrerlaubnis aber keine gültige Fahrerlaubnis im Sinne der Gesetze der Bundesrepublik Deutschland dar.

Somit beinhalten EU-Fahrerlaubnisse, die nicht entsprechend der Führerscheinrichtlinie der EU anerkannt werden müssen, die Gefahr der Strafverfolgung des Inhabers wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wenn dieser in der Bundesrepublik Deutschland im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt.

Rechtsanwalt Sönke Brandt

Fachanwalt für Strafrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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