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Familienfotos, Pflanzen, Poster & Co. – welche privaten Gegenstände sind am Arbeitsplatz erlaubt?

  • 6 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Die meiste Zeit unseres Lebens verbringen wir im Büro. Für viele ist das Büro deshalb auch eine Art zweites Zuhause. Da verwundert es nicht, dass viele Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz mit persönlichen Dingen wie Familienbildern, Urlaubsfotos, Postern, Kunstgegenständen und Pflanzen dekorieren. Diese kleinen Gegenstände sind für viele Arbeitnehmer extrem wichtig, damit ihr Arbeitsplatz zu einem kleinen persönlichen Raum wird, an dem sie sich wohlfühlen und ihre eigene Individualität zumindest bis zu einem gewissen Grad ausleben können. Die kleinen persönlichen Gegenstände helfen Arbeitnehmern, sich mit ihrem Arbeitsplatz zu identifizieren, heben die Stimmung, sorgen dafür, dass man sich ein klein wenig zu Hause fühlt, an die Liebsten erinnert wird oder sich motiviert fühlt.

Aus psychologischer Sicht wirken sich die persönlichen Gegenstände damit durchaus positiv auf die Motivation und Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer aus. Aber wie sieht es aus arbeitsrechtlicher Sicht aus? Sind Pflanzen, Bilder, Postkarten & Co. am Arbeitsplatz erlaubt oder kann der Chef die privaten Gegenstände auch verbieten? Was muss man bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes im Büro beachten? Was darf man an die Wände hängen und was eher nicht? Welche Elektrogeräte sind im Büro erlaubt, was darf man ganz allgemein ins Büro mitbringen und was eher nicht?

Über Blumen, Postkarten, Fotos & Co. muss im Einzelfall entschieden werden

Persönliche Gegenstände am Arbeitsplatz bringen aber nicht nur positive Effekte mit sich, sondern können Arbeitnehmer auf der anderen Seite auch von ihrer Arbeit ablenken oder die Außenwirkung des Unternehmens auf Kunden und Geschäftspartner beeinflussen. Rechtlich stehen sich deshalb bei persönlichen Gegenständen im Büro das Hausrecht des Arbeitgebers auf der einen Seite und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auf der anderen Seite gegenüber. Für die Frage, ob und welche privaten Gegenstände im Büro erlaubt sind, gibt es deshalb keine allgemeingültige Grundregel, sondern es entscheidet immer der Einzelfall.

Da der Arbeitgeber das Hausrecht an den Büroräumen und ein Interesse an Ordnung, Sauberkeit und Einheitlichkeit im Betrieb hat, haben Arbeitnehmer meist keinen individuell durchsetzbaren Rechtsanspruch auf persönliche Gegenstände am Arbeitsplatz. Je mehr betriebliche Interessen gegen Blumen, Fotos, Postkarten und Co. sprechen, desto eher kann der Arbeitgeber sie verbieten. Daher sind im Einzelbüro mit tendenziell wenig bis gar keinem Kundenkontakt Einschränkungen schwieriger durchzusetzen als in Großraumbüros mit regelmäßigem Kundenkontakt. Aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes muss das Verbot dann aber für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gelten. Arbeitgeber können nicht einen Arbeitnehmer auffordern, das Tierposter von der Wand zu nehmen, während er die Urlaubsfotos eines Kollegen erlaubt.

Eindeutige Regelungen in Betriebsvereinbarungen möglich

In Unternehmen, die über einen Betriebsrat verfügen, kann die Frage, welche privaten Gegenstände im Büro erlaubt sind, in einer Betriebsvereinbarung geregelt sein. Grundsätzlich hat der Betriebsrat bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen, dem Arbeitsablauf und der Arbeitsumgebung Beteiligungsrechte, die eine möglichst positive und menschengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen sicherstellen sollen. Deshalb haben viele Unternehmen mit Betriebsrat Regelungen dazu in einer Betriebsvereinbarung aufgestellt. Solche Betriebsvereinbarungen regeln z. B., was für Pflanzen im Büro gilt, die zwar für eine bessere Raumluft sorgen, aber gleichzeitig keine Fluchtwege versperren dürfen.

Betriebliche Übung 

Ein Verbot von persönlichen Gegenständen ist zudem schwierig, wenn Postkarten, Bilder und Co. jahrelang erlaubt waren und daher betriebsüblich wurden. In diesem Fall können Arbeitnehmer ein Recht haben, ihren Arbeitsplatz weiterhin mit privaten Gegenständen zu dekorieren. Der juristische Fachbegriff für diese besondere Rechtsquelle ist die betriebliche Übung. Bei dem arbeitsrechtlichen Gestaltungsfaktor der betrieblichen Übung gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern regelmäßig etwas Gutes, ohne dass er dazu verpflichtet ist. Aus dieser regelmäßigen freiwilligen Verhaltensweise des Arbeitgebers kann nach einiger Zeit ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf ebendiese Leistung entstehen, sodass der Arbeitgeber in der Zukunft dazu verpflichtet ist.

Zusammenfassend ist die betriebliche Übung also die freiwillige, mehrfache, gleichförmige und vorbehaltlose Gewährung einer Leistung, wodurch ein Anspruch auf Leistungsgewährung in der Zukunft entsteht. Typische Beispiele für solche freiwilligen Leistungen sind Gratifikationen wie Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld, die der Arbeitgeber jahrelang zahlt. Private Gegenstände am Arbeitsplatz können ebenfalls zur betrieblichen Übung werden, wenn der Arbeitgeber sie jahrelang im Betrieb duldet. Ist eine solche betriebliche Übung entstanden, ist der Arbeitgeber auch in Zukunft verpflichtet, Pflanzen, Fotos, Postkarten und Co. zu dulden.

Üblicherweise erlaubte Gegenstände im Büro

Die arbeitsrechtliche Beurteilung von privaten Gegenständen am Arbeitsplatz ist also sehr schwierig und keineswegs immer eindeutig. Da Arbeitgeber aber auch ein Interesse daran haben, dass sich Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen, sind Familienfotos, Postkarten oder andere Bilder in der Regel kein Problem, solange sie sich in Grenzen halten und der Schreibtisch nicht unter ihnen versinkt.

Vor allem gerahmte Familienfotos auf dem Schreibtisch lassen sich in der Regel nur sehr schwer verbieten, da sie normalerweise niemanden stören und Arbeitnehmer oft bessere Leistungen erbringen, wenn sie an ihre Familie erinnert werden. Juristen bezeichnen die privaten Bilder als sozial adäquat und daher als gerechtfertigt.

Bei Elektrogeräten ist Vorsicht geboten

Viele Beschäftigte stellen auf ihrem Schreibtisch nicht nur Familienfotos auf, sondern bringen auch ihre eigenen Elektrogeräte wie Radio oder Kaffeemaschine mit. Dabei ist aber Vorsicht geboten, denn für Elektrogeräte gibt es besondere Regeln. So schreibt z. B. die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) vor, dass Elektrogeräte im Unternehmen nur in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie von einer Elektrofachkraft auf ihre Sicherheit hin überprüft worden sind. Es dürfen daher nur Geräte verwendet werden, die betriebssicher sind und den elektrotechnischen Regeln entsprechen. Gerade ältere Elektrogeräte erfüllen diese Anforderungen oft nicht.

Private Elektrogeräte können daher grundsätzlich vom Arbeitgeber verboten werden und sollten nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung mit ins Büro gebracht werden. Steht bspw. im Pausenraum eine Kaffeemaschine für alle Arbeitnehmer zur Verfügung, muss der Arbeitgeber die eigene Kaffeemaschine nicht gestatten. Auch das Radio kann der Chef generell verbieten, weil es von der Arbeit ablenken kann. Bei Elektrogeräten ist daher ganz besondere Vorsicht geboten. Gerade wenn der Arbeitgeber sie verboten hat, bewegen sich Arbeitnehmer auf sehr dünnem Eis, da sie im Fall der Zuwiderhandlung mit der Nutzung von (nicht explizit erlaubten) Geräten wie Radio, Kaffeemaschine oder Ventilator den Strom des Arbeitgebers nutzen und damit grundsätzlich den Tatbestand des Stromdiebstahls erfüllen. Dies kann eine Abmahnung und im Wiederholungsfall die Kündigung rechtfertigen.

Verbotene Gegenstände am Arbeitsplatz

Ein typisches Beispiel für nicht erlaubte Arbeitsplatzdekorationen sind Nacktbilder an den Wänden. Nackte Pin-up-Girls sind deshalb im Büro meist ein absolutes No-Go. Sowohl Kunden als auch Kollegen können sich von diesen Bildern peinlich berührt fühlen. Darüber hinaus gelten Nacktbilder als sexistisch und damit diskriminierend. Deshalb darf der Arbeitgeber derartige Dekorationen nicht dulden. Etwas anderes gilt nur für den absoluten privaten Bereich (Schrank, Spind etc.).

Ebenfalls nicht erlaubt können Gegenstände wie Sofas und Fitnessgeräte sein. So entschied in einem aktuellen Fall das Verwaltungsgericht Trier (VG Trier), dass eine Beamtin ein Sofa und ein Laufband aus ihrem Dienstzimmer entfernen musste. Das Argument der Frau, es handle sich bei dem Laufband um die Teilkomponente eines dynamischen Arbeitsplatzes, ließ das Gericht nicht gelten. Selbst wenn es sich bei den Gegenständen um medizinisch notwendige Maßnahmen zur Erhaltung der Dienstfähigkeit handle, wären die Gegenstände im Büro verboten. Dabei verwies das Gericht in seiner Begründung ausdrücklich darauf, dass die Geräte ohne Zustimmung des Vorgesetzten ins Büro gebracht worden seien, gegen Brandschutzvorschriften verstoßen würden und die Unfallgefahr erheblich erhöht würde.

(VG Trier, Urteil v. 12.01.2016, AZ.: 1 K 3238/15.TR)

Foto(s): ©Fotolia.com

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