Fehlende bzw. verspätete Belehrung oder fehlender Durchsuchungsbeschluss führen ggf. zum Beweisverwertungsverbot

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Führt eine fehlende bzw. verspätete Belehrung oder ein fehlender Durchsuchungsbeschluss zu einem Beweisverwertungsverbot?

Fast jedes Jahr habe ich in meiner anwaltlichen Praxis Fälle, die zu einem Freispruch führen, obwohl meine Mandanten sich strafbar gemacht haben und das eigentlich auch jeder weiß (inkl. dem Gericht), sie aber trotzdem freigesprochen werden müssen oder der Fall von der Staatsanwaltschaft eingestellt wird.

Die Konstellation ist häufig sehr unterschiedlich und manchmal auch ein wenig tricky, aber im Grundsatz geht es immer um die Frage eines Beweisverwertungsverbotes.

Um es anschaulich zu beschreiben, hier ein typischer Fall – wobei, wie gesagt, es zu ähnlichen Konstellationen auch bei Hausdurchsuchungen etc. kommen kann. Es beschränkt sich auch keineswegs auf den nachfolgend geschilderten Fall einer Fahrerflucht, sondern solche Konstellationen gibt es bei nahezu jeder Deliktsart.

A begeht eine Fahrerflucht. Der Zeuge Z kann sich das Nummernschild merken, aber erkennt den Fahrer nicht. Die Polizei fährt zum Halter A und fragt diesen, ob er zum Tatzeitpunkt gefahren ist, was dieser bejaht. Daraufhin belehrt die Polizei den A, dass er keine Aussagen machen muss. A macht daraufhin keine Aussage oder lässt sich dahingehend ein, dass er den Unfall nicht bemerkt habe.

A erhält eine Anklageschrift oder einen Strafbefehl, weil gutachterlich festgestellt werden konnte, dass er den Unfall bemerkt haben muss.

Und trotzdem ist A freizusprechen, auch wenn feststeht, dass er gefahren ist (hat er ja selbst gegenüber dem Polizisten eingeräumt) und es auch feststeht, dass er den Unfall bemerkt hat (Gutachten). Grund: die Polizei hat ihn erst aufgesucht und gefragt, ob er gefahren sei und erst danach belehrt. Richtiger Weise hätte die Polizei ihn aber erst belehren müssen und ihn dann zu seiner Fahrereigenschaft befragen dürfen. Diese verspätete Belehrung führt nämlich zu einem Beweisverwertungsverbot dergestalt, dass die Zeugenaussage des Polizisten, wenn man hiergegen rechtzeitig und richtig widerspricht, nicht verwertet werden darf. Der Zeuge Z konnte den Fahrer ja nicht (wieder)erkennen, so dass das Gericht die Fahrer- und damit die Tätereigenschaft des A nicht in zulässiger Art und Weise feststellen kann.

Ähnliches Prinzip, aber ganz anderer Fall, aber dasselbe Ergebnis: A baut auf seinem Balkon Cannabis an. Die Polizei erfährt hiervon über eine Strafanzeige des Nachbarn. Daraufhin fährt die Polizei zu A, wobei nur das Kind von A zu Hause ist und öffnet. Die Polizei riecht Cannabis und durchsucht die Wohnung und den Balkon und findet mehrere Cannabispflanzen. Auch hier wurde das Verfahren eingestellt, weil die Polizei keinen Durchsuchungsbeschluss erwirkt hatte und daher die Ergebnisse der Durchsuchung nicht verwertbar waren.

Natürlich wird die Polizei im Nachhinein immer versuchen, eine zu späte Belehrung zu heilen oder einfach behaupten, dass sie rechtzeitig belehrt habe. Oder die Polizei wird angeben, dass A eine sogenannte Spontanäußerung von sich gegeben hat, die nach der Rechtsprechung gerade nicht zu einem Verwertungsverbot führt. Oder die Polizei wird versuchen zu begründen, warum sie noch gar keine Vernehmung durchgeführt hat, sondern lediglich ein sogenannte informatorische Erstbefragung. All das sind Einzelfragen, die ich Ihnen gerne im Rahmen eines Mandatsverhältnisses erläutere.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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