Filesharing: Ist ein außergerichtlicher Vergleich trotz Klage möglich?

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Eine Frage, die wir bei der Beratung in Filesharing-Angelegenheiten immer wieder gestellt bekommen, ist die, ob nach Erhalt einer Klage auf Schadenersatz nach einer Filesharing-Abmahnung immer noch ein außergerichtlicher Vergleich möglich ist.

Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: nein. Die lange Antwort lautet: es kommt darauf an, was man unter einem außergerichtlichen Vergleich versteht.

Die Frage, ob ein außergerichtlicher Vergleich auch nach Erhalt einer Klageschrift noch möglich ist, ist meistens von dem Wunsch getragen, nicht bei Gericht erscheinen zu müssen.

Betroffene hoffen also, dass auch nach Erhalt einer Klage ein Vergleich geschlossen werden kann, der ihnen den Gang zu Gericht erspart. Und das ist auch tatsächlich möglich, nur dass in diesem Fall nicht von einem außergerichtlichen Vergleich, sondern einem Vergleich im gerichtlichen Verfahren gesprochen werden muss.

Das deutsche Recht ist grundsätzlich offen für den Abschluss von Vergleichen zu jedem Zeitpunkt einer Auseinandersetzung. Bezogen auf den Fall einer Filesharing-Abmahnung wäre der früheste Zeitpunkt, in dem eine Einigung angestrebt werden kann, derjenige direkt nach Erhalt der Abmahnung. Der wesentliche Vorteil einer frühen Einigung besteht darin, dass die Angelegenheit frühzeitig abgeschlossen wird und dass keine weiteren Kosten aus einem gerichtlichen Verfahren drohen. Rein aus Kostensicht ist eine frühzeitige Einigung daher in vielen Fällen durchaus sinnvoll.

Eine Vielzahl von Betroffenen geht nach Erhalt einer Filesharing-Abmahnung allerdings davon aus, dass in der Annahme, dass es sich bei Abmahnungen um Massenverfahren handele, ein gerichtliches Verfahren eher unwahrscheinlich ist. Auf dieser Grundlage wird dann entschieden, einen außergerichtlichen Vergleich nicht ins Auge zu fassen, sondern allenfalls im gerichtlichen Verfahren eine Einigung in Betracht zu ziehen.

So lange eine Klage nicht auf dem Tisch liegt, ist diese Überlegung auch in gewissem Rahmen nachvollziehbar. Allerdings übersehen viele Betroffene, dass für den Fall, dass eine Klage eingereicht wird, die Kosten natürlich ansteigen. Derjenige, der eine Klage einreicht, muss einen Gerichtskostenvorschuss einzahlen und hat außerdem zusätzliche Kosten für den eigenen Rechtsanwalt. Wenn also eine Einigung erst im gerichtlichen Verfahren angestrebt wird, dann muss die Einigung auch diese neu dazugekommenen Kosten berücksichtigen. Es ist dann zwar durchaus möglich, eine Einigung vor einem gerichtlichen Termin herbeizuführen (sodass der Wunsch des Betroffenen, nicht bei Gericht erscheinen zu müssen, verwirklicht werden kann). Allerdings kostet ein gerichtlicher Vergleich regelmäßig mehr als ein außergerichtlicher Vergleich.

Hierzu ein Beispiel, bei dem zur Vereinfachung davon ausgegangen wird, dass in einer Filesharing-Abmahnung Zahlungsansprüche von 1.000,- Euro geltend gemacht wurden und geregelt werden sollen.

Außergerichtlich wäre z. B. eine Lösung denkbar, nach der der Abgemahnte 50 % der Zahlungsansprüche ausgleicht, also 500,- Euro. Hat der Abgemahnte noch einen eigenen Rechtsanwalt, so kommen noch dessen Gebühren dazu.

Entscheidet sich der Abgemahnte stattdessen, nur dann eine Einigung ins Auge zu fassen, wenn er verklagt werden sollte (eben um gerichtliche Termine zu vermeiden), dann ist wie gesagt ein außergerichtlicher Vergleich begrifflich nicht möglich, weil das gerichtliche Verfahren ja bereits läuft.

Ein gerichtlicher Vergleich würde indessen abermals Kosten auslösen, die in jedem Fall oberhalb der außergerichtlichen Kosten liegen würden. Das liegt daran, dass im gerichtlichen Verfahren normalerweise neben der Klageforderung auch die Kosten des eigenen Anwalts, des gegnerischen Anwalts und die Gerichtsgebühren anfallen und verteilt werden müssen. Im gerichtlichen Verfahren sind die anfallenden Gebühren bei Rechtsanwälten mindestens nach den gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu berechnen, die Gerichtskosten richten sich nach dem Gerichtskostengesetz. Alle Kosten zusammengenommen ergeben die Verfahrenskosten, die am Ende verteilt werden müssen.

Bei einer Forderung von 1.000,- Euro würden die anfallenden Verfahrenskosten (auf Seiten der Rechtsanwälte jeweils Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr sowie Auslagen und Mehrwertsteuer, seitens des Gerichts eine reduzierte Gerichtsgebühr) insgesamt 767,- Euro betragen.

Würde nun im gerichtlichen Verfahren ein Vergleich geschlossen, der abermals eine Zahlung von 50 % der Forderung vorsieht, so müssten noch die Verfahrenskosten verteilt werden. Bei einer hälftigen Einigung würden sehr wahrscheinlich auch die Kosten zur Hälfte anfallen, sodass zu dem Einigungsbetrag von 500,- Euro weitere 383,50 Euro dazu kämen. Im Ergebnis würde hier also eine Zahlung von 838,50 Euro anfallen. (Hinweis: insgesamt kann diese Lösung noch ein wenig teurer werden, wenn der Abgemahnte bereits außergerichtlich einen eigenen Rechtsanwalt beauftragt hatte. In diesem Fall müssen noch die außergerichtlich angefallenen Kosten dazugerechnet werden.)

Bei den möglichen Entwicklungen in Filesharing-Angelegenheiten ist daher immer zu berücksichtigen, dass Vergleiche zwar grundsätzlich auch nach Erhalt einer Klage möglich sind. Es handelt sich dann aber begrifflich nicht mehr um einen außergerichtlichen, sondern eben gerichtlichen Vergleich, der im Regelfall teurer als eine vorgerichtliche Einigung ist.


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