Fragen und Antworten zum Jugendstrafrecht

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Das Jugendstrafrecht ist ein besonderes Strafrecht für jüngere Beschuldigte. Es sieht insbesondere spezielle Rechtsfolgen vor, die auf Jugendliche zugeschnitten sind.

Insoweit ergeben sich einige bedeutende Abweichungen vom allgemeinen Strafrecht, die in jeder Lage des Verfahrens beachtet werden müssen. Deswegen sollte man auch im Jugendstrafrecht darauf achten, sich durch einen Strafverteidiger vertreten zu lassen, der sich mit der Materie auskennt und über ausreichende Erfahrung verfügt.

Rechtsanwalt David-Joshua Grziwa ist regelmäßig im Strafrecht, auch im Jugendstrafrecht tätig. Hier beantwortet er häufige Fragen zu diesem Rechtsbereich.

Für wen gilt das Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht gilt zunächst für alle Personen unter 18 Jahren (sog. Jugendliche). Außerdem kann es auch auf „Heranwachsende“, also auf Personen unter 21 Jahren angewandt werden. Hier kommt es aber darauf an, ob das Gericht den Beschuldigten eher einem Jugendlichen oder eher einem Erwachsenen gleichstellt.

Beim Alter kommt es aber auf den Tatzeitpunkt an, nicht auf das Alter zum Zeitpunkt der Verhandlung.

Wer zum Tatzeitpunkt noch nicht 14 Jahre alt war, macht sich aber überhaupt nicht strafbar. Hier können allenfalls familienrechtliche Konsequenzen erfolgen.

Worin unterscheidet das Jugendstrafrecht vom allgemeinen Strafrecht?

Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) ersetzt das allgemeine Strafgesetzbuch (StGB) nicht völlig, sondern ordnet nur gewisse Unterschiede zum „Erwachsenenstrafrecht“ an.

Die Straftaten im Jugendstrafrecht sind grundsätzlich die gleichen wie im allgemeinen Strafrecht. Ein Diebstahl ist ein Diebstahl, egal wie alt der Täter ist.

Allerdings sind die Rechtsfolgen ganz andere: Während das StGB für alle Straftaten nur Freiheitsstrafe (Gefängnis) und ggf. noch Geldstrafe vorsieht, gibt es im JGG ganz unterschiedliche Möglichkeiten der Ahndung.

Wie läuft das Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende ab?

Wie im allgemeinen Strafrecht ermittelt zunächst einmal die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt und lässt sich dabei ggf. durch die Polizei unterstützen. Auch im Jugendrecht kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, wenn die Schuld gering ist oder sich der Verdacht nicht erhärtet.

Während des Verfahrens erfolgt in der Regel ein Gespräch mit der Jugendgerichtshilfe. Diese versucht, die Lebensumstände des Beschuldigten herauszufinden und befragt ihn zu seiner Familiensituation sowie zu seinem beruflichen bzw. schulischen Stand.

Am Ende des Verfahrens erfolgt dann, soweit das Verfahren nicht eingestellt wird, die Anklage zum Jugendgericht, vor dem die Hauptverhandlung durchgeführt wird.

Wie hoch sind die Chancen, dass das Verfahren eingestellt wird?

Während im Erwachsenenstrafrecht die Verfahren gerade bei Ersttätern häufiger eingestellt werden, ist dies bei Jugendlichen nicht unbedingt so. Die Staatsanwaltschaft möchte hier oft gleich ein Zeichen setzen, um auf den Beschuldigten einzuwirken. Auch der Jugendrichter will sich den vermeintlichen Täter gerne erst einmal persönlich „anschauen“.

Welche Richter entscheiden über mich?

In der Regel findet das Verfahren vor dem Amtsgericht statt. Hier ist normalerweise der Jugendrichter zuständig, der alleine über den Fall entscheidet. Er berücksichtigt aber natürlich auch, was die Jugendgerichtshilfe, der Staatsanwalt und der Verteidiger sagen.

Schwerere Fälle werden durch das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht verhandelt. Hier entscheiden zwei Schöffen, also ganz normale Bürger, die keine Juristen sind, gleichberechtigt mit dem Richter.

Die Jugendkammer beim Landgericht ist nur sehr selten zuständig, z. B. bei Tötungsdelikten oder wenn gegen einen erwachsenen Mitangeklagten eine hohe Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Hier urteilen zwei oder drei Richter und zwei Schöffen.

Brauche ich einen Anwalt?

Nicht unbedingt, man kann sich sowohl im Ermittlungsverfahren als auch vor Gericht selbst verteidigen. Wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung besteht, also eine schwerere Straftat vorliegt, bekommt man ohnehin einen Verteidiger durch das Gericht gestellt. Auch diesen Pflichtverteidiger kann man sich grundsätzlich selbst aussuchen.

Wenn Sie sich aber nicht zutrauen, sich selbst zu verteidigen oder es Ihnen einfach wohler ist, wenn Sie durch einen Strafverteidiger vertreten sind, dann können Sie sich natürlich jederzeit an einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens wenden.

Was kostet der Anwalt?

Das kommt darauf an, wie umfangreich das Verfahren ist. Bei einer außergerichtlichen Vertretung kann man – je nach Aufwand – mit 200 bis 800 Euro rechnen.

Geht die Sache dagegen vor Gericht, kommen zusätzliche Gebühren für die Vorbereitung der Hauptverhandlung sowie für die Vertretung im Termin dazu. Dabei muss man auf jeden Fall mit einigen hundert Euro zusätzlich rechnen.

All das sind aber nur Richtwerte aus der Praxis. Nach einer ersten Bestandsaufnahme kann Ihnen Ihr Anwalt regelmäßig eine genauere Auskunft geben.

Zahlt der Staat meinen Anwalt?

Wird das Verfahren eingestellt, egal durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht, trägt der Beschuldigte seine Kosten in aller Regel selbst. Das gilt erst recht bei einer Verurteilung.

Bei einem Freispruch trägt der Staat zumindest einen Teil der Anwaltskosten, hierbei allerdings nur Pauschalsätze, die meist unter den tatsächlichen Kosten liegen. Im Jugendstrafrecht kann das Gericht auch bei einer Verurteilung die Pflichtverteidigerkosten dem Staat auferlegen.

Ist die Verhandlung öffentlich?

Nur bei Heranwachsenden. Bei Jugendlichen ist die Verhandlung dagegen immer nichtöffentlich, um die Angeklagten zu schützen.

Dürfen meine Eltern an der Verhandlung teilnehmen?

Ja, trotz der Nichtöffentlichkeit der Verhandlung haben die Erziehungsberechtigten das Recht auf Anwesenheit.

Welche Ahndungsmöglichkeiten gibt es im Jugendrecht?

Das JGG unterscheidet folgende Sanktionen:

  • Erziehungsmaßregeln (z. B. Ableistung von Arbeitsstunden, Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs)
  • Zuchtmittel (z. B. Geldauflage, Jugendarrest bis zu vier Wochen)
  • Jugendstrafe (Freiheitsstrafe in einer Jugendstrafanstalt)

Daneben sind noch Maßregeln (z. B. die Unterbringung in der Therapie) sowie Fahrverbot und Führerscheinentzug zulässig.

Wonach wählt der Richter diese Sanktionen aus?

Da es keine festen Strafrahmen gibt, erfolgt die Auswahl grundsätzlich nach freiem Ermessen des Richters. Er sieht sich den Angeklagten an und wählt aufgrund seiner Persönlichkeit und der Umstände der Tat die Rechtsfolgen aus, die ihm hier sinnvoll erscheinen.

Welche Rechtsfolgen genau zu erwarten sind, kann Ihnen Ihr Anwalt auch nicht sicher zusagen, aber er kann Ihnen jedenfalls übertriebene Ängste nehmen.

Muss ich Angst haben, ins Gefängnis zu kommen?

In aller Regel nicht. Gerade bei Ersttätern ist eine Jugendstrafe extrem selten. Dazu kommt, dass Jugendstrafen bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden können und dies normalerweise auch passiert.

Denkbar ist allerdings Jugendarrest, in der Regel nur für ein Wochenende, unter Umständen aber eben bis zu vier Wochen.

Endet die Verhandlung immer mit einem Urteil?

Nein, nicht unbedingt. Nicht wenige Prozesse werden mit der Verfahrenseinstellung abgeschlossen. Nachdem sich der Richter, siehe oben, ein Bild vom Angeklagten gemacht hat, reicht es unter Umständen, ihn ohne Urteil nach Hause zu entlassen. Das Verfahren wird dann ohne irgendeine Sanktion eingestellt.


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