Freie Mitarbeit – Werkvertrag

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Der Arbeitsmarkt erfordert immer mehr Flexibilität – ganz besonders von Selbstständigen, die ihre Kunden nicht direkt bedienen, sondern sich Unternehmen als freie Mitarbeiter oder im Rahmen sogenannter Werkverträge anbieten.

Dieses Verhältnis unterscheidet sich grundsätzlich von normalen Angestelltenverhältnissen mit Arbeitsverträgen, und zwar bezüglich der Sozialversicherungspflichten, der Vertragslaufzeit und der Vertragsbeendigung.

Um Planungs- und Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschäftigung freier Mitarbeiter oft durch Vertragswerke begleitet.

Freie Mitarbeit bietet Unternehmern viele Vorteile, z. B. größere Flexibilität, zudem müssen keine arbeitsrechtlich relevanten Aspekte, wie Kündigungsschutz Urlaub oder Krankheit, berücksichtigt werden.

Aber ganz so einfach ist das natürlich alles nicht, denn der Gesetzgeber hat dem Wunsch von Arbeitgebern nach Vereinfachung der Beschäftigungsverhältnisse zum Schutz der angestellten Arbeit einen Riegel vorgeschoben.

Man spricht von „Scheinselbstständigkeit“, wenn sich das „gelebte“ Beschäftigungsverhältnis nicht von befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen mit unselbstständig beschäftigen Personen unterscheidet. Dies kann zutreffen, wenn Selbstständige nur für einen Arbeitgeber arbeiten bzw. wirtschaftlich abhängig von einem Arbeitgeber sind. Weiter steht Scheinselbstständigkeit im Raum, wenn ein freier Mitarbeiter exakt die gleiche Arbeit ausführt wie ein angestellter Mitarbeiter und dies nicht mit besonderen Umständen erklärt werden kann.

Scheinselbstständigkeit wird vielfach über einen längeren Zeitraum ausgeübt. Oft bringt eine Prüfung durch Sozialversicherungsträger, wie die Rentenversicherung, den unzulässigen Umstand ans Licht. Meist mit erheblichen Folgen für alle Beteiligten. Arbeitgeber müssen z. B. für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Sozialabgaben nachzahlen, soweit sie sich nicht auf Verjährung berufen können. Der Mitarbeiter selbst kann mit Ansprüchen seiner Krankenversicherung konfrontiert werden.

Scheinselbstständigkeit tritt auch dann zutage, wenn betroffene Mitarbeiter darauf hinweisen und den Umstand öffentlich machen und aus langjähriger freier Mitarbeit einen Festanstellungsanspruch ableiten und diesen auch arbeitsrechtlich durchsetzen.

Im Vorsatzfall müssen Arbeitgeber Sozialabgaben bis zu 30 Jahre nachbezahlen, in der Regel werden allerdings nur bis zu 4 Jahre berechnet. Auch Säumniszuschläge addieren die Gesamtforderung zu üblicherweise empfindlich hohen Nachzahlungen. Neben Kranken- und Rentenversicherung ist das Finanzamt ein weiterer Anspruchsteller für zu wenig gezahlte Lohnsteuer, Berufsunfallversicherer schließen sich gern an. Böse Überraschungen kann es geben, wenn Selbstständigen Umsatzsteuerprüfungen ins Haus stehen und ihr Einkommen bzw. die Steuerlast aufgrund einer vorliegenden Selbstständigkeit urplötzlich neu berechnet wird. Experten warnen: „Die Aufdeckung einer Scheinselbstständigkeit kann einen Rattenschwanz an unangenehmen Folgen auslösen!“

Rechtsanwalt Joachim Schwarz aus Neuss ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und weiß: „Das kann unter Umständen bei kleineren Unternehmen eine Bedrohung der Existenz bedeuten. Unter Umständen kann sich ein Unternehmer auch strafrechtlich angreifbar machen und muss bei entsprechender Strafverfolgung mit hohen Strafen rechnen.

Arbeitnehmer haben eigentlich eher die Vorteile auf ihrer Seite. Sie können – sobald die Scheinselbstständigkeit offensichtlich wird – Arbeitnehmerschutzrechte in Anspruch nehmen.

Rechtsanwalt Schwarz (Neuss): „Arbeitgeber und freie Mitarbeiter müssen immer die Gesamtumstände im Auge behalten. Allein die vertragliche Abmachung ist nicht entscheidend, sondern die Tatsache, wie sich das Verhältnis entwickelt hat und wie freie Mitarbeit funktioniert.“ Heißt: Auch wenn ein unstrittiges Verhältnis vereinbart ist, können die Parteien in die Scheinselbstständigkeit hineinrutschen und alle Bedingungen dafür erfüllen, auch wenn der abgeschlossene Vertrag das eigentlich ganz anders geregelt hatte.

Für die ungewollte Scheinselbstständigkeit gibt es einige Warnsignale: Ist der Arbeitnehmer weisungsgebunden und erscheint er zu vorgeschriebenen Uhrzeiten an der Firmenadresse? Aber es kann auch komplizierter sein, z. B. wenn es darum geht, ob der freie Mitarbeiter Leistung oder Erfolg für sein Entgelt verspricht.

Kleinste Anzeichen für Scheinselbstständigkeit sind bereits eine eigene Durchwahl im Firmen-Netz oder eine persönliche E-Mail-Adresse auf dem Firmenserver. Relativ sicher kann man von einer Scheinselbstständigkeit ausgehen, wenn regelmäßig ein festes Gehalt gezahlt wird.

Je mehr Aspekte grundsätzliche Zweifel nähren, umso wahrscheinlicher ist es, dass es sich nicht um einen freien Mitarbeiter, sondern um einen Arbeitnehmer handelt. Bereits bei Vertragsschluss muss eindeutig klar sein, dass der freie Mitarbeiter auch wirklich selbstständig ist und es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt.

Fachanwälte für Arbeitsrecht sind in der Lage, die Art des Beschäftigungsverhältnisses verlässlich einzuordnen. Die Diskussion um Scheinselbstständigkeit ergibt sich natürlich auch für Freelancer, die im Rahmen sogenannter Werkverträge für Unternehmen tätig sind. Werkverträge definieren Lohn und Leistung, z. B. für ein bestimmtes Projekt. Werden Werkverträge regelmäßig verlängert oder umschreiben sie arbeitnehmerähnliche Verhältnisse, dann kann auch hier von einer Scheinselbstständigkeit ausgegangen werden.

Rechtsanwalt Joachim Schwarz ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Partner von AJT Neuss oft mit der Thematik Scheinselbstständigkeit befasst und steht als Ansprechpartner gern zur Verfügung.

Mehr Informationen: https://www.ajt-neuss.de/arbeitsrecht-fachanwalt-fuer-neuss-umgebung


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