Freigänger-katzen unter Hausarrest - eine problematische Allgemeinverfügung im Rhein-Neckar-Kreis

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Hausarrest haben künftig die Katzen in Walldorf im Rhein-Neckar-Kreis. Mit einer Allgemeinverfügung des Landkreises wird es Katzenhaltern bis Ende August und künftig jeden Sommer (bis zum Jahr 2025) untersagt, Katzen frei aus dem Haus zu lassen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist der Schutz der Haubenlerche, welche in Deutschland in die höchste Gefährdungskategorie, die „Rote Liste 1“, eingeordnet und vom Aussterben bedroht ist. Bei Missachtung der Allgemeinverfügung droht eine Geldbuße von 500 €; bei Tötung einer Haubenlerche durch eine gehaltene Katze kann eine Geldstrafe von bis zu 50.000 € gegenüber dem Eigentümer der Katze verhängt werden. Viele Katzeneigentümer schreien empört auf – zu Recht? Der folgende Beitrag untersucht die rechtliche Zulässigkeit einer solchen Allgemeinverfügung. Hierbei wird sich auf die Rechtsgrundlage sowie wichtige Punkte der materiellen Rechtmäßigkeit der Verfügung konzentriert.


A. Maßgeblicher Inhalt

In der Allgemeinverfügung [abrufbar unter: https://www.rhein-neckar-kreis.de/site/Rhein-Neckar-Kreis-2016/get/params_E-879947487/2806139/53_naturschutzrechtliche_Allgemeinverfuegung.pdf] wird zunächst der räumliche Geltungsbereich normiert. Hierbei handelt es sich um einen Bereich, in welchem sich Haubenlerchen während der Brut- und Aufzuchtzeit regelmäßig aufhalten und welcher zeitgleich ein Gebiet darstellt, in welchem sich regelmäßig freilaufende Hauskatzen befinden. Adressat der Verfügung ist grundsätzlich jeder, welcher (Freigänger-)Katzen im Geltungsbereich hält. Die Allgemeinverfügung legt den Adressaten die Pflicht auf, ab sofort bis einschließlich dem 31. August und danach, bis zum Jahr 2025, im Zeitraum vom 01.04 bis zum 31.08, den Freigang von Katzen zu unterbinden (Nr. 3a der Allgemeinverfügung). Bei anderweitiger Unterbringung der Katzen – „außerhalb der eigenen vier Wände“ – aufgrund der Verordnung, bedarf es der Gewährleistung durch Beachtung einer hinreichenden Entfernung, dass die Katzen nicht in den Geltungsbereich der Verordnung zurückgelangen (Nr. 3b). Im Falle der Zuwiderhandlung wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € (Nr. 4) angedroht – die Verletzung oder Tötung einer Haubenlerche durch eine Katze stellt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG dar, die gemäß § 69 Abs. 7 BNatSchG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 € geahndet werden kann.


B. Rechtsgrundlage

Um eine wirksame Allgemeinverfügung verabschieden zu können, bedarf es zunächst einer tauglichen Rechtsgrundlage. Grundlage für die Allgemeinverfügung ist § 3 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 2 Nr. 14c Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Der besondere Schutz der Haubenlerche ergibt sich aus § 1 BArtSchV i.V.m. Anlage 1 zu § 1 BArtSchV.


I. Materielle Rechtmäßigkeit

Die Allgemeinverfügung, § 35 S. 2 VwVfG, stellt eine Sonderform des Verwaltungsaktes dar [Schoch/Schneider/Knauff, Verwaltungsrecht, 1. EL August 2021, VwVfG § 35 Rn. 194; BeckOK-VwVfG/von Alemann/Scheffczyk, 55. Edi. April 2022, VwVfG § 35, Rn. 249 f.]. Gemäß § 35 S. 2 VwVfG ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Mithin stellt die Allgemeinverfügung einen Verwaltungsakt dar, welcher für mehrere Personen bestimmt ist.


1. Bestimmtheit

§ 37 Abs. 1 LVwVfG BW regelt, dass ein Verwaltungsakt – und damit auch die Allgemeinverfügung – inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Dafür muss diese den Adressaten beziehungsweise den Betroffenen mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lassen [Schoch/Schneider/Schröder, Verwaltungsrecht, 1. EL August 2021, VwVfG § 37 Rn. 28; vgl. ferner BeckOK-VwVfG/von Alemann/Scheffczyk, 55. Edi. April 2022, VwVfG § 35, Rn. 250]. Die Adressaten der Allgemeinverfügung müssen eindeutig erkennen können, dass sie unter von der Allgemeinverfügung erfasst sind. Ferner müssen die in Frage stehenden Regelungen so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, dass der Adressat sein Verhalten danach ausrichten kann [VG Ansbach, BeckRS 2021, 40 Rn. 19]. Sofern der Regelungsgehalt nur bestimmte Teile eines Gemeindegebiets umfasst, muss der Allgemeinverfügung eindeutig entnommen werden können, welcher räumliche Geltungsbereich eingeschlossen ist [VG Ansbach, BeckRS 2021, 40 Rn. 20 m.w.N.]. Grundsätzlich kann hier Bezug auf Karten und Pläne genommen werden, sofern durch eindeutige Beschreibungen keine Unklarheiten vorliegen [VG Ansbach, BeckRS 2021, 40 Rn. 20]. Vorliegend ist nur ein bestimmter Teil des Stadtgebietes von der Allgemeinverfügung betroffen, sodass dem Bestimmtheitsgebot in besonderen Maße Rechnung getragen werden muss. Hieran bestehen Zweifel. Im Rahmen der Allgemeinverfügung wird mittels eines Luftbildes sowie einer Beschreibung der Geltungsbereich der Verfügung eingegrenzt. Das Luftbild der Stadt enthält keinerlei Straßennamen. Mithilfe von roter Farbe wird der Gefahrenbereich, d.h. der Bereich, indem ein sehr hohes Risiko besteht, dass Haubenlerchen getötet werden, eingezeichnet. Mithilfe grüner Farbe, wird das Gebiet vergrößert und der gesamte Geltungsbereich eingezeichnet, sodass auch Katzenhalter inkludiert werden, die zwar nicht im Gefahrenbereich leben, deren Katzen aber potentiell in diesen Bereich im Rahmen des Freigangs laufen. Ergänzt wird das Luftbild durch eine Beschreibung in Textform. Grundsätzlich kann der Bestimmtheit dadurch Rechnung getragen werden, dass textliche Festsetzungen mit Karten, Plänen oder Ähnlichem verknüpft werden. Vorliegend sind keinerlei Straßennamen auf dem Luftbild erkennbar, sodass dieses ohne die Beschreibung gänzlich ungeeignet erscheint, den konkreten Geltungsbereich zu kennzeichnen. Auch die Textbeschreibung bringt jedoch keinen großen Mehrwert, da diese beispielsweise stellenweise ohne Hausnummern erfolgt, sodass schon gar nicht erkennbar ist, welche Seiten einer Straße noch adressiert sind bzw. welche nicht und wo genau das Gebiet endet. Darüber hinaus wird mangels Straßennamen lediglich unter Zuhilfenahme von Karten, Google-Maps oder Ähnlichem, der Bereich im Ansatz zu konstruieren sein. Mithin ist bereits eine ausreichend klare Bestimmtheit des Adressatenkreises fraglich.


2. Tatbestandsvoraussetzungen

§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG normiert, dass es verboten ist, wild lebende Tiere [...] zu fangen, zu verletzen oder zu töten [...]. § 7 Abs. 2 Nr. 14c BNatschG zeigt eindeutig auf, welche Tiere besonderen Schutz erfahren. Unter Heranziehung von § 1 S. 2 i.V.m. der Anlage 1 zu § 1 BArtSchV, ergibt sich, dass es sich bei der Haubenlerche um ein wild lebendes Tier einer geschützten Art handelt. Als weitere Voraussetzung müsste ein erhebliches Risiko bestehen, dass die Haubenlerchen getötet, verletzt oder gefangen werden. Nach durchgeführten Beobachtungen brüten wohl drei Haubenlerchenpaare im maßgeblichen Gebiet. Ob ein, wie durch die Verordnung behauptetes, Tötungsrisiko durch Katzen besteht, bedarf zur Bewertung grundsätzlich die Einholung eines artenschutzrechtlichen Gutachtens, um diese Frage aus Expertensicht beantworten zu können. Daneben muss die Behörde ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt haben, § 40 LVwVfG BW. Die Behörde hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens zu berücksichtigen. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich eine maßgebliche Ermessensgrenze [Schoch/Schneider/Geis, Verwaltungsrecht, 1. EL August 2021, VwVfG § 40 Rn. 63]. Eine Maßnahme ist dann verhältnismäßig, wenn sie einem legitimen Zweck dient, geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig im engeren Sinne (= angemessen) ist.


a. Legitimer Zweck

Der Schutz der Haubenlerche, welche eine streng geschützte Art und vom Aussterben bedroht ist, ist unter Beachtung von Art. 20a GG grundsätzlich ein legitimer Zweck, insbesondere da sich mehrere Brutpaare im vorliegenden Gebiet aufhalten.


b. Geeignetheit

Die Maßnahme müsste geeignet sein, den verfolgten Zweck zu erreichen [Schoch/Schneider/Geis, Verwaltungsrecht, 1. EL August 2021, VwVfG § 40 Rn. 63 f.]. Dies kann vorliegend nicht zweifelsfrei bejaht werden. Ob das Verbot, Katzen Freigang zu gewähren, grundsätzlich dazu geeignet ist, die Haubenlerche zu schützen, ist nicht ersichtlich. In Ermanglung weitergehender Begründungen kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die (Haus)katze in den vergangenen Jahren speziell im Fall der Haubenlerche zu einem signifikanten Rückgang der Population geführt hat; hierfür spielen in der Regel verschiedene Komponenten eine Rolle – insbesondere, da auch der Mensch zumeist für den Rückgang einer Population Anteil trägt, beispielsweise durch Besiedlung von Gebieten und damit verbundener Flächenversieglung, trägt. Daneben bleibt außer Betracht, dass nicht nur Katzen einen Jagdtrieb haben, sondern gleichermaßen Füchse, Wiesel, Mader usw., sodass in Anbetracht dessen, nicht zweifelsfrei feststeht, dass das Einsperren der Katzen, dem Ziel die Haubenlerche zu schützen, dient – gänzlich ausgeschlossen werden kann dies freilich nicht. Zu konstatieren ist an dieser Stelle, dass die Allgemeinverfügung selbst schlicht die Behauptung aufstellt, dass Jungvögel der Haubenlerche Katzen zum Opfer lassen, gutachterlich konkret verifiziert wird diese Behauptung indes nicht. Viel mehr zeigt die Verfügung pauschal auf (S. 3), dass es verschiedene Gründe gibt, warum Jungvögel nicht überleben. Die angeführte Studie stammt aus dem Jahre 1997 und zeigt lediglich den Aktionsradius der Katze auf, nicht aber die Gefahr der Katze für die Haubenlerche.


c. Erforderlichkeit

Weiterhin müsste die Maßnahme auch erforderlich sein. Das ist der Fall, wenn es kein milderes Mittel gibt, mit dem der verfolgte Zweck ebenso gut erreicht werden könnte [sog. „Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs“; Schoch/Schneider/Geis, Verwaltungsrecht, 1. EL August 2021, VwVfG § 40 Rn. 63 m.w.N.]. Die Behörde führt an, in den vergangenen Jahren verstärkt Maßnahmen zum Schutz der Haubenlerche eingeführt zu haben, wie z.B. Flächenberuhigung, Baustopp bei Brüten auf Baustellen, Einzäunung der Neststandorte. Nach hier vertretener Ansicht kommen noch weitere Maßnahmen grundsätzlich in Betracht, welche den Schutz der Haubenlerche bezwecken, jedoch deutlich milder sind. Als milderes Mittel kommt beispielsweise ein (vermehrtes) Angebot an geschützten Brutplätzen in Betracht. Diese könnten dergestalt konstruiert werden, dass sie durch Katzen nicht oder nur schwer erreichbar sind. In diesem Kontext werden beispielsweise immer wieder begrünte Dächer an erhöhten Positionen angeführt. Diese Brutplätze können zudem eingezäunt werden mittels spezieller Katzenschutzzäune, sodass Katzen einen solchen Bereich schon gar nicht erst erreichen können. Hierbei kann in Anbetracht der Sorge, dass eine Einzäunung die Vögel stört, ein größerer Radius um den Brutplatz gezogen werden. Aufgrund der besonderen Form der Zäune, d.h. vor allem dem oberen Abknicken, können die Zäune auch nicht überwunden werden. Sofern darauf verwiesen wird, dass die Jungvögel bereits nach wenigen Tagen agil werden, jedoch noch nicht fliegen, ist insbesondere die Installation eines Zaunes durchaus denkbar. Sofern dennoch Bedenken bestehen, erscheint auch die Überwachung mittels Kameras in den bedenklichen Zeiträumen, in welchem die Jungvögel besonders angreifbar sind, denkbar – insbesondere da in Walldorf „nur“ drei Haubenlerchenpaare brüten. Sofern die Stadt auf bereits getroffene Vorkehrungen verweist, wie z.B. ein Ultraschallgerät, erscheint die Kombination verschiedener Mittel als gangbarer Weg. Mithin bestehen auch Zweifel an der Erforderlichkeit der Maßnahme.


d. Angemessenheit

Weiterhin müsste die Maßnahme auch angemessen sein. Dafür müsste die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründen stehen [Schoch/Schneider/Geis, Verwaltungsrecht, 1. EL August 2021, VwVfG § 40 Rn. 63]. Mithin müssten die Beeinträchtigungen in Anbetracht des Zwecks, d.h. des Schutzes der Haubenlerche, für die Adressaten zumutbar sein. Vorliegend sind verschiedene Aspekte gegeneinander abzuwägen. So steht der Natur- und Artenschutz (Art. 20a GG) im Konflikt mit den Grundrechten der Katzenhalter, d.h. namentlich vor allem die Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 sowie Art. 14 GG und unter Umständen auch Art. 20a GG, wenn das „Einsperren“ der Katzen nicht mit einer artgerechten Haltung einhergehen würde.


Art. 2 Abs. 1 GG normiert den Schutz der Allgemeinen Handlungsfreiheit. Diese bezieht sich auch auf die Tierhaltung, sodass jeder das Recht hat, zu entscheiden welches Tier von ihm wie gehalten wird (unter Berücksichtigung des Tierschutzgesetztes und im Rahmen anderer Gesetze). Durch die Allgemeinverfügung kommt es hierdurch zu einer Berührung, indem der Katzenhalter dazu gebracht wird, die Haltung der Katze einzuschränken oder durch Unterbringung an einem anderen Ort, das Tier herzugeben. Hierbei wird außer Acht gelassen, dass Katzen sehr stark an ihrem gewohnten Umfeld orientiert sind, sodass eine jährliche Verbringung an einen anderen Ort, nur schwer zumutbar erscheint und häufig zu Verhaltensauffälligkeiten führen könnte. Insbesondere bei freiheitsliebenden Katzen ist die rein häusliche Unterbringung mit Leiden verbunden, welche auch nicht dadurch abgemindert werden kann, dass die Katze vermehrt mit Spielzeug beschäftigt wird – die Auslebung ihrer Triebe ist schlichtweg nicht möglich. Zudem ist das Spazierengehen an einer kurzen Leine kein adäquaten Ersatz. So sind Katzen im Vergleich zu Hunden nur schwer oder gar nicht erziehbar bzw. an die Leine zu gewöhnen. Auch die geforderte maximale Leinenlänge von zwei Metern wird dem Bewegungstrieb der Katze kaum gerecht. Sofern infolgedessen lediglich die Unterbringung an andere Orte verbleibt, wird verkannt, dass Katzenhalter ihre Tiere als Familienmitglieder sehen. Die Verbringung über Monate hinweg, ist somit regelmäßig kaum im Interesse des Halters und der Katze, welche häufig nur eine Bezugsperson hat. Das Umgewöhnen der Tiere von einer Freihaltung hin zu einer reinen Wohnungshaltung ist mit erheblichen Leiden des Tieres verbunden. Ein über Jahre hinweg an den Freigang gewöhntes Tier kann zudem nicht von „heute auf morgen“ an das Eingesperrtsein gewöhnt werden, welches zwangsläufig zu Verhaltensauffälligkeiten führt. Hierzu zählt nicht nur das Kratzen an Wänden und Möbeln, sondern auch Unsauberkeiten. Zudem kann das Einsperren von Katzen auch mit einer erheblichen Geräuschkulisse verbunden sein, da die Tiere sich mittels Emissionen hiergegen wehren. Mithin sind nicht nur die Katzenhalter belastet, sondern auch z.B. Nachbarn. Das Argument der zeitlichen Beschränktheit der Verfügung verkennt, dass es sich hierbei um mehrere Monate handelt, sodass es sich auch nicht um einen überschaubaren Zeitrahmen handelt.

Darüber hinaus wird Art. 4 Abs. 2 GG tangiert. Dadurch, dass das Tier gewissermaßen einem Leidensdruck ausgesetzt wird, wird der Tierhalter dem Ertragen von Tierleid ausgesetzt, was mit einer Gewissensentscheidung verbunden ist (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 2006, 398, 400). Dem eigenen Tier Leiden zuzufügen kann als Verstoß gegen innere Überzeugungen gewertet werden. Art. 14 GG schützt das Eigentum. Damit entfaltet es auch einen gewissen Schutz im vorliegenden Fall. Tiere sind keine Sachen, werden aber wie solche behandelt, § 90a BGB, sodass auch hier grundrechtlicher Schutz eine Rolle spielt. Durch das Einsperren kann es zu Verhaltensstörungen kommen, welche unter Umständen einer medizinischen Behandlung bedürfen und z.B. bei wertvollen Katzen zu einer erheblichen Wertminderung führen kann. Hierdurch wird das Eigentum empfindlich gestört.

Die von der Behörde angebotenen Ausnahmen, namentlich die Befreiung von den Bestimmungen, wenn mittels GPS nachgewiesen wird, dass das Tier nicht in den Bereich der Verfügung eindringt sowie das Ausführen der Katze an der Leine, stellen keine adäquaten Alternativen dar. Katzen sind nur sehr schwer an die Führung mittels Leine zu gewöhnen – im fortgeschrittenen Alter wohl nahezu gar nicht. Zudem kann an einer zwei Meter Leine wohl kaum dem Bewegungsdrang der Katze nachgegeben werden. Halsbänder mit GPS-Sendern können zur Strangulation der Katze führen. Sender können zudem, insbesondere witterungsbedingt, ausfallen. Unabhängig davon wird ein Eigentümer lebensnah nicht unmittelbar seine Katze „finden und einsammeln“ können, wenn diese sich doch einmal im „Gefahrenbereich“ befindet. Daneben kann die Katze auch von üblichen Routen abweichen, sodass eine Befreiung von der Allgemeinverfügung wohl nur selten Anwendung finden kann. Mithin stellen die vorgestellten potentiellen Alternativen, keine ernsthaften Alternativen dar.

C. Gesamtergebnis

Unter Berücksichtigung der angesprochenen Aspekte erscheint die Allgemeinverfügung als problematisch, vor allem in Hinblick auf den nicht hinreichend abgrenzbaren Geltungs- und Gefahrenbereich und die angesprochenen Probleme in der Verhältnismäßigkeit.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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