Geld geliehen ohne Darlehensvertrag: Wie bekomme ich mein Geld zurück?

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Unentgeltliche Darlehen unter Freunden, Bekannten und Verwandten

Das Verleihen von Geld unter Freunden, Bekannten und Verwandten ist eine gängige Praxis, die oft auf gegenseitigem Vertrauen basiert. In diesen Fällen wird Geld geliehen, ohne eine formelle Vereinbarung oder einen schriftlichen Darlehensvertrag zu erstellen. Es handelt sich hierbei meist um unentgeltliche Darlehen – also Darlehen, bei denen der Verleiher keine Zinsen oder anderen finanziellen Nutzen erwartet.

Ein wesentlicher Aspekt solcher Darlehen unter Freunden, Bekannten und Verwandten ist das Vertrauen, dass der Geldnehmer das Geld zurückzahlen wird. Da in den meisten Fällen keine schriftliche Vereinbarung existiert, basiert die Erwartung der Rückzahlung auf mündlichen Zusagen und dem persönlichen Verhältnis zwischen den Parteien. Dies kann in der Praxis problematisch sein, da Erinnerungen verblassen und Interpretationen der Vereinbarung auseinandergehen können.

In der Realität zeigen sich oft erst bei der Rückforderung des Geldes die Herausforderungen: Missverständnisse über Rückzahlungsfristen, Betragshöhe oder sogar über die Frage, ob es sich um ein Geschenk oder ein Darlehen handelte, sind nicht selten. Diese Situationen können zu Spannungen und Konflikten führen, die sich nicht nur negativ auf die finanzielle, sondern auch auf die persönliche Beziehung auswirken können.

Deshalb ist es empfehlenswert, selbst bei Darlehen unter nahestehenden Personen, zumindest grundlegende Bedingungen wie Höhe des Darlehens, Rückzahlungsfristen und -modalitäten klar zu kommunizieren, idealerweise schriftlich festzuhalten. Dies schafft Transparenz und kann spätere Missverständnisse vermeiden.


Rechtsnatur der Geldüberlassung

Die Rechtsnatur der Geldüberlassung, insbesondere in Fällen, in denen kein formeller Darlehensvertrag besteht, ist ein komplexes und oft missverstandenes Thema. Im deutschen Recht wird die Überlassung von Geld in der Regel als Darlehen klassifiziert, sofern es sich nicht um eine Schenkung oder eine andere Vertragsform handelt. Diese Einordnung als Darlehen hat wesentliche rechtliche Konsequenzen.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in den §§ 488 ff. die vertraglichen Grundlagen eines Darlehens. Gemäß § 488 Abs. 1 BGB verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist seinerseits verpflichtet, den empfangenen Betrag zurückzuzahlen. Diese rechtliche Definition umfasst sowohl zinslose als auch zinsbehaftete Darlehen.

In der Praxis bedeutet dies, dass jede Geldüberlassung, bei der eine Rückzahlung erwartet wird, grundsätzlich als Darlehen anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn es keine schriftlichen Vereinbarungen gibt. Die Herausforderung liegt oft darin, die Existenz und die Bedingungen des Darlehens zu beweisen, insbesondere wenn es sich um mündliche Absprachen handelt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass ein Darlehen nicht zwingend schriftlich fixiert sein muss. Auch mündliche Vereinbarungen sind rechtlich bindend. Jedoch ist bei mündlichen Vereinbarungen oft die Beweisführung schwieriger, sollte es zu Unstimmigkeiten kommen.

In Abgrenzung dazu steht die Schenkung, bei der keine Rückzahlung vorgesehen ist. Hierbei ist die Absicht des Gebers entscheidend. Wird Geld mit der Absicht übergeben, es nicht zurückzufordern, liegt eine Schenkung vor, die unter die §§ 516 ff. BGB fällt.

Die Unterscheidung zwischen einem Darlehen und einer Schenkung kann im Einzelfall schwierig sein, insbesondere bei Geldüberlassungen unter nahestehenden Personen. Hier kommt es oft auf die Umstände der Geldüberlassung und die nachweisbaren Absichten der beteiligten Parteien an.


Kündigung des Darlehens

Die Kündigung eines Darlehens ist ein wichtiger Aspekt, der besondere Aufmerksamkeit erfordert, insbesondere wenn es um unformalisierte Darlehen unter Freunden, Bekannten oder Verwandten geht. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) liefert hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Nach § 488 Abs. 3 BGB kann ein Darlehensvertrag, der auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, von jeder Partei unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden. Dies bedeutet, dass sowohl der Darlehensgeber als auch der Darlehensnehmer das Recht haben, das Darlehen zu kündigen, vorausgesetzt, sie halten sich an die dreimonatige Kündigungsfrist. Diese Regelung bietet einen gewissen Grad an Flexibilität und Sicherheit für beide Parteien.

In der Praxis bedeutet dies, dass selbst bei einem Darlehen ohne formellen Vertrag eine Kündigung möglich ist. Die Herausforderung hierbei liegt häufig in der Beweisführung, insbesondere wenn es keine schriftlichen Aufzeichnungen über das Darlehen gibt. Daher ist es ratsam, die Kündigung in schriftlicher Form vorzunehmen, um Missverständnisse zu vermeiden und einen klaren Beleg für die Kündigung zu haben.

Die Kündigung eines Darlehens ist nicht nur auf die Fälle beschränkt, in denen die Parteien keine feste Laufzeit vereinbart haben. Auch bei Darlehen mit einer festen Laufzeit gibt es Situationen, in denen eine vorzeitige Kündigung möglich ist. Diese können sich aus den allgemeinen Regelungen des BGB ergeben, wie z.B. bei einem wichtigen Grund, der eine Fortsetzung des Darlehensverhältnisses unzumutbar macht.

Ein solcher wichtiger Grund kann beispielsweise vorliegen, wenn der Darlehensnehmer in Zahlungsverzug gerät oder sich seine finanzielle Situation erheblich verschlechtert. In solchen Fällen kann der Darlehensgeber das Darlehen unter Umständen sofort fällig stellen, was in § 490 BGB geregelt ist.


Durchsetzung des Rückzahlungsanspruchs

Die Durchsetzung des Rückzahlungsanspruchs bei einem Darlehen, insbesondere wenn kein formeller Vertrag besteht, kann eine herausfordernde Aufgabe sein. Die Schritte, die ein Gläubiger unternehmen kann, um sein Geld zurückzuerhalten, umfassen mehrere rechtliche und praktische Aspekte.

Zunächst ist es wichtig, dass der Gläubiger den Darlehensnehmer klar und eindeutig zur Rückzahlung auffordert. Dies sollte idealerweise schriftlich erfolgen, um einen Beweis für die Aufforderung zu haben. In dieser Kommunikation sollten Betrag, Fälligkeitsdatum und eventuell die Modalitäten der Rückzahlung klar dargelegt werden. Wenn ein spezifisches Rückzahlungsdatum vereinbart wurde, beginnt der Schuldner mit Überschreitung dieses Datums in Verzug zu geraten.

Nach § 286 BGB tritt Verzug ein, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht erbringt und ihm eine Mahnung zugegangen ist. Ab diesem Zeitpunkt ist der Schuldner verpflichtet, Verzugszinsen zu zahlen und dem Gläubiger den entstandenen Verzugsschaden zu ersetzen. Dies kann insbesondere bei höheren Beträgen oder langen Verzugszeiten relevant werden.

Wenn der Schuldner auch nach Mahnung und angemessener Fristsetzung die Rückzahlung nicht leistet, kann der Gläubiger rechtliche Schritte einleiten. Der erste Schritt besteht oft darin, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, um die Situation zu bewerten und eine Strategie für das weitere Vorgehen zu entwickeln. Ein Anwalt kann dabei helfen, die Erfolgsaussichten einer Klage zu beurteilen und den Gläubiger durch den rechtlichen Prozess zu führen.

Einer der Hauptgründe, einen Rechtsanwalt einzuschalten, ist die Komplexität der Beweisführung, besonders wenn es keine schriftlichen Vereinbarungen gibt. Der Anwalt kann helfen, Beweise wie Überweisungen, Quittungen, Zeugenaussagen oder E-Mail-Korrespondenz zu sammeln und zu organisieren, um den Darlehensanspruch zu untermauern.

Sollte der Fall vor Gericht gehen, kann der Gläubiger nach § 286 BGB die Übernahme der Kosten für den Rechtsanwalt und die Gerichtskosten vom Schuldner fordern, wenn dieser im Verzug ist. Dies ist eine wichtige Erwägung, da die Kosten eines Rechtsstreits erheblich sein können. Allerdings sollte der Gläubiger auch die wirtschaftliche Situation des Schuldners berücksichtigen, da ein Gerichtsurteil wenig nützt, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist.


Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Durchsetzung eines Rückzahlungsanspruchs bei einem Darlehen ohne formellen Vertrag komplex sein kann, aber durch rechtliche Schritte, die Einbeziehung eines Rechtsanwalts und die Anwendung von Bestimmungen wie § 286 BGB durchaus möglich ist. 

Es ist jedoch stets ratsam, die Situation umfassend zu bewerten und sowohl die rechtlichen als auch die persönlichen und wirtschaftlichen Aspekte zu berücksichtigen.

Dies kann nur durch einen fachkundigen Rechtsanwalt geschehen, da kleinste Änderungen im Sachverhalt und Vorgehen eine andere Rechtsfolge auslösen kann.

Zudem ist bei einer gerichtlichen Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs ab einem Streitwert von EUR 5.001,00 nach § 78 ZPO ohnehin ein Rechtsanwalt per Gesetz zwingend vorgeschrieben.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über ChatGPT

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