Gesamtschuldner: Jeder haftet auf den vollen Betrag

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Gesamtschuldnerschaft ist ein wichtiges Prinzip im deutschen Zivilrecht, das besagt, dass bei mehreren Schuldnern jeder die volle Leistung schuldet, der Gläubiger diese aber nur einmal fordern kann (§ 421 BGB). Im Innenverhältnis der Schuldner besteht ein Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB, um die Last gerecht zu verteilen. Im Regelfall besteht eine Haftung zu gleichen Teilen untereinander. Das erscheint nicht immer gerecht, weswegen möglichst eine klare vertragliche Vereinbarung getroffen werden sollte.

Die Gesamtschuldnerschaft ist ein zentrales Konzept im deutschen Zivilrecht, bei dem mehrere Schuldner verpflichtet sind, eine Leistung so zu erbringen, dass jeder die gesamte Leistung schuldet, der Gläubiger sie jedoch nur einmal fordern kann (§ 421 BGB). Nach außen haftet somit jeder Gesamtschuldner für die volle Schuld. Im Innenverhältnis, also zwischen den Schuldnern untereinander, besteht jedoch ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB, der sicherstellt, dass die Last der Schuld entsprechend der internen Vereinbarungen oder der jeweiligen Verantwortlichkeit verteilt wird.

Beispiele für Gesamtschuldnerschaft und -ausgleich:

  1. Vertragsrecht: Wenn zwei Personen gemeinsam einen Kreditvertrag unterzeichnen, haften beide gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung. Zahlt einer der beiden den gesamten Kreditbetrag zurück, kann er im Innenverhältnis von dem anderen den anteiligen Betrag einfordern.

  2. Deliktsrecht: Verursachen mehrere Personen gemeinsam einen Schaden, haften sie als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB). Ein Beispiel ist ein Verkehrsunfall, bei dem beide Fahrer gleichermaßen schuld sind. Wird der Schaden von einem der Beteiligten vollständig beglichen, kann dieser von dem anderen den entsprechenden Anteil im Innenverhältnis verlangen.

  3. Erbrecht: Erben haften für die Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB). Begleicht ein Erbe eine Nachlassschuld vollständig, kann er von den Miterben deren anteiligen Beitrag im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs fordern.

  4. Gesellschaftsrecht: In einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) haften die Gesellschafter gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 128 HGB). Zahlt ein Gesellschafter eine Gesellschaftsschuld, kann er von den Mitgesellschaftern deren anteilige Erstattung verlangen.

Innenausgleich zwischen Gesamtschuldnern:

Der Innenausgleich regelt die Verteilung der geleisteten Zahlung unter den Gesamtschuldnern. Ohne besondere Vereinbarung wird vermutet, dass jeder Gesamtschuldner zu gleichen Teilen haftet. Allerdings können die Anteile auch nach dem Maß der Verantwortlichkeit oder nach vertraglichen Absprachen variieren. Der Ausgleichsanspruch entsteht mit der Begründung der Gesamtschuld und wird fällig, sobald ein Gesamtschuldner mehr als seinen Anteil geleistet hat.

Aktuelle Rechtsprechung:

Ein relevantes Urteil zum Gesamtschuldnerausgleich ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 11. Juni 2019 (Az. 24 U 2049/18). In diesem Fall ging es um einen Geburtsschadensfall, bei dem sowohl der behandelnde Gynäkologe als auch die Hebamme für den entstandenen Schaden hafteten. Das Gericht entschied, dass der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB im Regelfall einer Haftung zu gleichen Teilen in Höhe der Hälfte der aufgewendeten Zahlungen besteht. Bei Schadensersatzansprüchen sind, soweit die Gesamtschuldner keine Vereinbarung über die Ausgleichsansprüche getroffen haben, diese nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen, insbesondere anhand der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten nach den zu § 254 BGB entwickelten Grundsätzen. 

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der individuellen Verantwortlichkeit der Gesamtschuldner und die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung im Innenausgleich.

Die Gesamtschuldnerschaft und der damit verbundene Ausgleichsanspruch sind essenziell, um eine gerechte Verteilung der Haftung und der finanziellen Belastung unter mehreren Schuldnern sicherzustellen. Es ist daher ratsam, bei gemeinsamen Verpflichtungen klare Vereinbarungen zu treffen und sich der möglichen rechtlichen Konsequenzen bewusst zu sein. Anwaltliche Beratung ist zu empfehlen. 

Update: Ein aktuelles Urteil unterstreicht die Bedeutung der Gesamtschuld im Prozess gegen Gesellschaft und Gesellschafter: Gesamtschuldnerische Kostenhaftung von Gesellschaft und Komplementär

Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner der Kanzlei Klamert & Partner, München, hat über 10 Jahre Erfahrung in der Beratung und Vertragsgestaltung im allgemeinen Zivilrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht und anderen Rechtsgebieten. Er steht für eine erste Einschätzung zur Verfügung. 



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt | Partner Johannes Goetz

Beiträge zum Thema