Geschlossene Fonds: Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost zum Schadensersatz verurteilt

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Unsere Kanzlei hat ein weiteres Urteil für einen geschädigten Anleger eines geschlossenen Fonds erstritten. Das Landgericht Traunstein hat mit Urteil vom 18.01.2021 (Az. 5 O 2180/19) die Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost eG zum Schadensersatz und damit zur Rückabwicklung einer Beteiligung am geschlossenen Fonds MCE Erste Zweitmarktportfolio verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

MCE Erste Zweitmarktportfolio: Der Sachverhalt zum Fall

Der Kläger beteiligte sich mittels Beitrittserklärung vom 22.12.2008 an der MCE Erste Zweitmarktportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG. Die Zeichnungshöhe betrug 10.000,- EUR. Im Rahmen seiner Beteiligung hatte er Ausschüttungen in Höhe von 1.250,- EUR erhalten. Am 22.01.2017 leistete er einen Nachschuss in Höhe von 800,- EUR. Die Beteiligung war ihm von einem Berater der Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost eG angeboten und vermittelt worden. Im Zuge eines Beratungsgespräches  am 22.12.2008 zeichnete unser Mandant die Anlage. Ein erstes Beratungsgespräch hatte zuvor am 15.12.2008 stattgefunden.

LG Traunstein: Keine Aufklärung über Wiederaufleben der Haftung

In seinem Urteil stellte das Landgericht Traunstein fest, dass der Anleger nicht objektgerecht aufgeklärt wurde. Konkret wurde er nicht ordnungsgemäß darüber aufgeklärt, dass er hinsichtlich seiner Stellung als „faktischer“ Kommanditist Gefahr läuft, nach § 172 IV HGB seine bereits vereinnahmten Ausschüttungen gegebenenfalls zurückzahlen zu müssen. Grundsätzlich haftet ein Kommanditist Gesellschaftsgläubigern gegenüber begrenzt in Höhe seiner Einlage. Werden Ausschüttungen nicht aus Gewinnen bezahlt, handelt es sich bei der Auszahlung an den Gesellschafter um eine Rückzahlung seiner Einlage. Dies führt zu einem Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Der Berater als Zeuge sagte hierzu, dass ihm zum Zeitpunkt der Zeichnung der Kapitalanlage nicht bewusst war, was diese Formulierung bedeute. Ihm sei damals nicht bewusst gewesen, dass Ausschüttungen, die der Anleger erhält, gegebenenfalls zwingend zurückzuzahlen wären. Die Sache mit dem Wiederaufleben der Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB habe er deshalb auch nicht angesprochen, da man – was man selber nicht versteht – nicht ansprechen könne. Somit liegt in diesem Punkt eine nicht objektgerechte Anlageberatung vor.

Dieser Beratungsfehler wurde auch nicht kompensiert durch ein rechtzeitiges Übergeben des Verkaufsprospekts. Zwar sagte der Zeuge, er sei sich recht sicher, dass er den Emissionsprospekt stets im ersten Gespräch mitbringen und überlassen würde, im vorliegenden Fall also bereits am 15.12.2008. Dies würde an sich bedeuten, dass dem Kläger dieser Prospekt rechtzeitig zugegangen wäre. Allerdings kann keine Rede davon sein, dass der Kläger allein durch die Lektüre des Prospekts bezüglich der Haftung als Kommanditist nach § 172 Abs. 4 HGB als ordnungsgemäß aufgeklärt betrachtet werden kann. Zum einen stellt die spezielle Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB für jemanden ohne juristische Vorkenntnisse eine schwer verständliche Materie dar. Das ist schon daran erkennbar, dass selbst der Zeuge als professioneller Bank- und Anlageberater zugeben musste, dass er zumindest zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zeichnungen dieses Haftungskonstrukt nicht verstanden hatte. Weiter war er der Meinung, dass diese Thematik gar nicht in den Prospekten und in der „Checkliste“ Erwähnung gefunden habe. Daraus kann nur geschlossen werden, dass selbst der Berater scheinbar die Unterlagen nicht so intensiv durchgelesen bzw. verstanden hat, wie es grundsätzlich nötig gewesen wäre. In einem solchen Fall ist das Gericht der Überzeugung, dass von einem Laien nicht mehr verlangt werden kann als von einem professionellen Bankberater. Wenn dieser schon zugeben muss, zum entscheidenden Zeitpunkt das Haftungskonstrukt nicht verstanden zu haben, kann von dem Kläger nicht erwartet werden, dass er sich allein durch die Lektüre des Prospekts die äußert komplexe Thematik erschließen können muss.

Der Prospekt konnte somit in diesem Fall den Kläger nicht verständlich die nötigen Informationen vermitteln, so dass selbst bei Unterstellung der rechtzeitigen Übergabe des Prospekts er nicht als ordnungsgemäß aufgeklärt betrachtet werden kann was die Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB anbelangt.

Auch bezüglich der personellen Verflechtungen wurde der Kläger vom Berater nicht ordnungsgemäß aufgeklärt. Der Zeuge sagte hierzu, er habe diesen Punkt nicht erwähnt. Er wüsste auch nicht, warum er diesen erwähnen solle, da diese internen Dinge seiner Meinung nach für den Kunden nicht von Interesse seien und er hierüber auch nicht nachfragen würde.

Urteil zu MCE Erste Zweitmarktportfolio: Großer Erfolg für geschädigten Anleger

Das Gericht hat daher dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche überwiegend zugesprochen und die Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost zur Zahlung eines  Betrages in Höhe von 9.850,- EUR zuzüglich des entgangenen Gewinns in Höhe von 2.198,48 EUR verurteilt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die Bank verpflichtet ist, den Kläger von etwaigen Rückforderungen bezüglich der Beteiligung freizustellen. Der Kläger tritt seine Rechte und Pflichten aus der Beteiligung an die Bank ab. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Beteiligung in Verzug. Schließlich wurde die Beklagte zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten verurteilt.

Es ist immer wieder zu erkennen, dass auch Banken eine ordnungsgemäße Aufklärung über Risiken einer geschlossenen Beteiligung nicht leisten oder nicht leisten können und der Anleger aufgrund dessen Geld verloren hat. Das Urteil zeigt daher auch, dass es möglich ist insbesondere wegen einer fehlerhaften Beratung Schadenersatzansprüche zugesprochen zu bekommen.

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