Gesellschaftsverträge auf dem Prüfstand: Mehrheitsklauseln bei Personengesellschaften

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Schlecht formulierte Gesellschaftsverträge sind häufig Gegenstand von erbitterten Gesellschafterstreitigkeiten. Dies gilt für Personen- wie für Kapitalgesellschaften gleichermaßen. Um so wichtiger ist es, Gesellschaftsverträge präzise und eindeutig zu formulieren und diese in regelmäßigen Abständen auf ihre Aktualität hin zu überprüfen. Aufgrund eines neueren Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt es hierzu derzeit besonderen Anlass.

Für Gesellschafterbeschlüsse in Personengesellschaften (z.B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellscahft (KG)) gilt grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip, unabhängig von der Höhe der Beteiligungen. Abweichungen hiervon, d.h. Möglichkeiten von Mehrheitsbeschlüssen, müssen im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen sein. Der BGH hat nunmehr in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 21.10.2014, Az. II ZR 84/13) nochmals klargestellt, welchen Wirksamkeitsvoraussetzungen derartige Mehrheitsklauseln im Gesellschaftsvertrag unterliegen.

Grundsätzlich erfolgt die Prüfung der Wirksamkeit von Mehrheitsklauseln zweistufig: Zunächst ist zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag für den streitigen Gesellschafterbeschluss eine Mehrheitsentscheidung überhaupt vorgesehen hat (formelle Prüfung). Dies kann durch spezifische Nennung im Gesellschaftsvertrag erfolgen oder durch Auslegung einer allgemein gefassten Mehrheitsklausel bestimmt werden. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich bei dem streitigen Beschlussgegenstand um ein gewöhnliches (z.B. Verabschiedung des Jahresabschlusses) oder ein außergewöhnliches Geschäft (z.B. Änderung des Gesellschaftsvertrags) der Gesellschaft handelt. Erst auf einer zweiten Stufe ist zu prüfen, ob der jeweils streitige Mehrheitsbeschluss insgesamt unwirksam ist oder gegenüber nur einem der Minderheitsgesellschafter keine Wirksamkeit entfalten kann (materielle Prüfung).

Laut BGH komme es bei der Überprüfung von Eingriffen in die „rechtliche und vermögensmäßige Position“ des einzelnen Gesellschafters maßgeblich darauf an, „ob der Eingriff im Interesse der Gesellschaft geboten und dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zumutbar ist“. Es ist daher stets im Einzelfall zu prüfen, ob der konkrete Beschlussgegenstand unangemessen in die Rechte eines Gesellschafters eingreift.

Um derartige Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden, ist dringend zu empfehlen, die Regelungen zu Mehrheitsbeschlüssen bzw. Einstimmigkeitserfordernissen eindeutig und umfassend gesellschaftsvertraglich zu regeln und es nicht allein bei einer allgemeinen Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag zu belassen. Dies betrifft insbesondere Beschlussfassungen zur Änderung des Gesellschaftsvertrags, Umwandlungen, Übertragung von Gesellschaftsanteilen, Stimm- und Gewinnbezugsrechten. Hierbei sind jedoch stets auch die individuellen Interessen der Gesellschafter und der Zweck der Gesellschaft zu berücksichtigen. Den „perfekten“ Mustergesellschaftsvertrag gibt es daher nicht, da jede Gesellschaft und deren Gesellschafter unterschiedliche Ziele verfolgen. Da sich diese Ziele im Laufe des „Lebens“ einer Gesellschaft verändern können, empfiehlt es sich bestehende Gesellschaftsverträge in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und ggf. entsprechend anzupassen.

Sebastian Kaufmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

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