Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG)

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Am 14. Oktober 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vorgelegt. Zwei Monate später, am 17. Dezember 2020, hat der Bundestag den Gesetzentwurf in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung angenommen. Mit diesem Gesetz werden im deutschen Recht zum ersten Mal vorinsolvenzliche Restrukturierungsmaßnahmen geschaffen.

Die hauptsächliche Umsetzung ins nationale Recht sollte durch das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) erfolgen. Das StaRUG gilt als wesentlicher Kern des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs-Insolvenzrechts.

Zum 1. Januar 2021 wurde das SanInsFoG größtenteils in Kraft gesetzt. Die Normen zu öffentlichen Restrukturierungssachen, §§ 84 ff. StaRUG, sollen erst zum 17. Juli 2022 in Kraft treten. Durch die vorzeitige Inkraftsetzung eines Hauptteils des Gesetzes sollen insbesondere Unternehmen profitieren, denen lediglich die Überschuldung droht, welche aber nicht bereits zahlungsunfähig i.S.d. § 17 InsO sind. Hierdurch soll diesen Unternehmen eine Restrukturierung ohne Insolvenzverfahren ermöglicht werden.

Wir haben für Sie wichtige Aspekte und Faktoren des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) zusammengestellt und erläutert.

Insolvenzantragspflicht in der Corona-Krise - COVInsAG

Grundsätzlich ist der Vertreter einer juristischen Person (z.B.: AG oder GmbH) zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet.

Durch das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVInsAG) wurde die Antragspflicht bis zum 31.12.2020 ausgesetzt.

Mit Beginn des Jahres 2021 sind überschuldete Unternehmen wiederrum zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet. Eine Ausnahme des COVInsAG befreit unter bestimmten Umständen überschuldete oder zahlungsunfähige Unternehmen, die zwischen dem 01.11.2020 und dem 28.02.2021 Hilfen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der Corona-Pandemie beantragt haben oder denen es unmöglich war, den Antrag in dem Zeitfenster zu stellen, von der Antragspflicht.

Der Restrukturierungsrahmen mit Restrukturierungsplan

Durch das StaRUG soll erstmalig außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens in Rechte der Gläubiger eingegriffen werden können. Im Zentrum des Restrukturierungsrahmens liegt der Restrukturierungsplan. Der Restrukturierungsplan stellt eine außergerichtliche Vereinbarung zwischen Gläubigern und dem betroffenen Unternehmen dar. Unter anderem wird geregelt, welche Zahlungen auf welche „einfachen Forderungen“ (Restrukturierungsforderungen) zu leisten sind. Zudem ist es nicht erforderlich, alle Gläubiger in den Plan zu involvieren.

Das bedeutet: Unternehmen wird ermöglicht, die Sanierung mit diesem, mehrheitlich von den betroffenen Gläubigern bestätigten, Restrukturierungsplan außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu erreichen und sodann die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens von vornherein zu verhindern.

Zugriff auf den Restrukturierungsrahmen haben grundsätzlich Unternehmen, aber auch unternehmerisch tätige natürliche Personen, so § 30 Abs.1 StaRUG.

Beachtlich ist aber, dass Arbeitnehmer- und Pensionsforderungen in der Restrukturierung nicht berücksichtigt werden. Werden umfassende Vorgehen in diesen Bereichen notwendig, müssen diese außerhalb des Restrukturierungsplans umgesetzt werden. Alternativ kann die Sanierung im Rahmen des Eigenverwaltungsverfahrens oder Regelinsolvenzverfahrens durchgeführt werden. Für Arbeitnehmer- und Pensionsforderungen bietet der Gesetzesentwurf keine Lösungsmöglichkeiten.

Restrukturierungsrahmen in frühen Krisensituation

Das sogenannte Restrukturierungsverfahren findet Anwendung bei den Unternehmen, denen lediglich die Zahlungsunfähigkeit droht, § 18 InsO. Drohende Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn innerhalb des Prognosezeitraums von grundsätzlich 24 Monaten die Zahlungsunfähigkeit einzutreten droht.

Das SanInsFoG veranschaulicht den Unterschied zur Überschuldung insofern, dass der Prognosezeitraum bei der Überschuldung nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO lediglich auf 12 Monate bestimmt ist. Für Unternehmen, deren Überschuldung durch die Corona-Pandemie verursacht wurde, gilt bis Ende 2021 der verkürzte Prognosezeitraum von 4 Monaten, vgl. § 4 COVInsAG.

Rolle des Gerichts bei der Restrukturierung

Wichtig bei der vorinsolvenzlichen Sanierung und Restrukturierung ist, dass die Geschäftsführung weiterhin vollumfänglich handeln kann: Die Initiative für den Restrukturierungsplan als auch die Erstellung des Restrukturierungsplans muss vom überschuldeten Unternehmen selbst ausgehen, § 17 Abs.1 StaRUG.

Am Restrukturierungsverfahren kann aber auch ein Gericht beteiligt werden. Dies liegt dann im Ermessen der betroffenen Unternehmen, ob diese während der präventiven Sanierung die Hilfe eines Restrukturierungsgerichtes in Anspruch nehmen. Die zentral zuständigen Amtsgerichte sind die jeweiligen Restrukturierungsgerichte.

Zu den Aufgaben des Gerichtes im Restrukturierungsverfahren gehören unter anderem:

  • die Durchführung der gerichtlichen Planabstimmung
  • Prüfung zentraler Fragen
  • Bestätigung des Restrukturierungsplans
  • Beendigung von gegenseitigen (noch nicht beidseitig vollständig erfüllten) Verträgen

Durch die Beteiligung eines Gerichtes wird dem Schuldner ermöglicht, sich - ohne jegliche Störung von Gläubigern - vollumfänglich mit dem Restrukturierungsplan auseinanderzusetzen.

Das Gericht kann grundsätzlich nach eigenem Ermessen einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen, wenn beispielweise eine umfassende Vollstreckungs- und Verwertungssperre erwirkt werden soll.

Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten ist nicht zwingend. Erst wenn zu erwarten ist, dass mehrere Gruppen nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustimmen werden, so dass es auf das Vorliegen der Voraussetzung einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung ankommen wird, wird die Bestellung zwingend. Eine diesbezügliche Rückausnahme gilt nur für Unternehmen aus dem Finanzsektor.

Instrumente des Restrukturierungsrahmens

Als Verfahrenshilfe zur nachhaltigen Bewältigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit können sogenannte Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens genutzt werden. Diese Instrumente werden in § 29 Abs.1 u. Abs.2 StaRUG festgehalten.

Instrumente i.S.d. § 29 Abs.1 StaRUG sind:

  1. Die gerichtliche Planabstimmung: Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens
  2. Die Vorprüfung: gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind
  3. Die Stabilisierung: gerichtliche Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung
  4. Die Planbestätigung: gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans

Um eines der Instrumente in Anspruch nehmen zu können, ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens inklusive Restrukturierungsplanentwurf oder Restrukturierungskonzept beim zuständigen Restrukturierungsgericht (durch das schuldnerische Unternehmen) erforderlich.

Ab Anzeige beim zuständigen Restrukturierungsgericht wird die Restrukturierungssache rechtshängig. Hierdurch wird dem Unternehmen Zugang zu den Instrumenten gewährt. Bis die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache andauert, wird Zugang gewährt. Dies betrifft einen Zeitraum von maximal 6 - bei erneuter Anzeige maximal 12 – Monaten.

Gerne können Sie auf uns zukommen, falls ein solches Sanierungs- und Restrukturierungsverfahren als Lösung für Ihr Unternehmen während der Krise in Betracht kommt. Gemeinsam mit Ihnen erstellen wir einen individuellen Plan, der auf Ihre Bedürfnisse am besten zugeschnitten ist.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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